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d) Die Rahmenbedingungen: Wirtschafts- und Währungsrecht
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Zwar ist Zweck und Bezugspunkt des öffentlichen Finanzrechts in erster Linie die effiziente Finanzierung staatlicher Aufgaben. Zugleich haben finanzpolitische Maßnahmen aber immer auch – gewollte oder unbewusste – Auswirkungen auf das Verhalten privater Akteure (zB Lenkungssteuern, Subventionen oder die Vergabe öffentlicher Aufträge, s. Rn 196, 218 ff). Die Finanzpolitik ist daher eng verflochten mit anderen Politikbereichen, vor allem mit der allgemeinen Wirtschaftspolitik und der Währungs- bzw Geldpolitik[32]. Dies bleibt nicht ohne Auswirkungen auf das Finanzrecht.
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Art. 109 Abs. 2 GG verpflichtet Bund und Länder auf die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts (§ 1 Satz 2 StabG, dazu Rn 429, 431 f), verlangt also, dass die staatliche Finanzwirtschaft auf die gesamte Volkswirtschaft abgestimmt wird und auf deren Belange „Rücksicht“ nimmt. Das europäische Unionsrecht formuliert in Art. 119 Abs. 3 AEUV als richtungsweisende Grundsätze für die gemeinsame Wirtschaftspolitik neben „stabilen Preisen“ ua auch „gesunde öffentliche Finanzen“.
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Mit einiger Berechtigung ist daher „das wechselvolle Verhältnis zwischen Finanzpolitik und Währungspolitik“ als „Spiegelbild der Beziehungen zwischen Politik und Wirtschaft im allgemeinen“ bezeichnet worden[33]: Neben dem Hoheitsrecht der Münzprägung und der normativen Regelung des Münzwesens ergab sich aus Sicht der Staaten immer wieder ein Interesse, „aus der Münze, den Münzverschlechterungen und dem Münzbetrug eine Einnahmequelle zu machen“[34].
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Die deutsche Währungspolitik seit 1948 („D-Mark“) und auch die europäische Geldverfassung[35] („Euro“) haben sich bemüht, diesen traditionellen Zusammenhang zwischen Geld- und Finanzpolitik aufzubrechen und eine Staatsfinanzierung durch die Notenbank auszuschließen (s. Art. 123 Abs. 1, Art. 127 Abs. 1 Satz 1 AEUV). Mit der Trennung der Geld- von der Finanz- und Wirtschaftspolitik[36], die institutionell durch die Unabhängigkeit der Zentralbank abgesichert wird (Art. 130 AEUV), soll die Währung stabil gehalten und eine „Münzverschlechterung“ – heute würde man von Geldentwertung (Inflation) sprechen – zur Staatsfinanzierung verhindert werden.
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Das Währungsrecht ist im Euro-Raum von der nationalen (vgl Art. 73 Abs. 1 Nr 4 f, 88 GG) auf die europäische Ebene gehoben worden[37]. Auf Euro lautende Banknoten sind in Deutschland das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel, § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG, Art. 128 Abs. 1 AEUV. Art. 127 Abs. 1 AEUV macht es zum vorrangigen Ziel des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB), die Preisstabilität zu gewährleisten. Aus diesem Grund und (nur) zu diesem Zweck sind sowohl die Europäische Zentralbank (EZB) als auch die nationalen Zentralbanken unabhängig (Art. 130 AEUV). Der rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Zentralbanken ihre Aufgaben unabhängig wahrnehmen, ergibt sich aus den europäischen Verträgen sowie der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, Art. 129 Abs. 2 AEUV (Rn 840).
Einführung › § 1 Grundlagen › II. Geschichtliche Entwicklung des Finanzrechts