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1. Haushaltsautonomie als nationales Vorbehaltsgut

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In seiner neueren Rspr, die sich vor allem anlässlich der Übertragung von Hoheitsrechten an die Europäische Union (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG) entwickelt hat, hebt das BVerfG zunehmend die Bedeutung des Budgetrechts für die Demokratie hervor[8]. Aus dieser Überlegung heraus soll die Budgethoheit des (deutschen) Parlaments auch von den Bürgern – über die Brücke[9] des Wahlrechts als grundrechtsgleiches Recht (Art. 38 Abs. 1 iVm Art. 93 Abs. 1 Nr 4a GG, dazu Rn 750) – verteidigt werden können[10].

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In seiner Entscheidung zur Griechenlandhilfe aus dem Jahr 2011 führt das BVerfG aus, das Wahlrecht werde „verletzt, wenn sich der Deutsche Bundestag seiner parlamentarischen Haushaltsverantwortung dadurch entäußert, dass er oder zukünftige Bundestage das Budgetrecht nicht mehr in eigener Verantwortung ausüben können“[11]. Die „Entscheidung über Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Hand“ sei „grundlegender Teil der demokratischen Selbstgestaltungsfähigkeit im Verfassungsstaat“[12]. Der Bundestag müsse dem Volk gegenüber verantwortlich über Einnahmen und Ausgaben entscheiden, das Budgetrecht stelle „insofern ein zentrales Element der demokratischen Willensbildung dar“[13]. Als Repräsentanten des Volkes müssten die gewählten Abgeordneten des Bundestages auch in einem System intergouvernementalen Regierens die Kontrolle über grundlegende haushaltspolitische Entscheidungen behalten[14]. Die nationale Haushaltsautonomie stelle daher eine „wesentliche, nicht entäußerbare Kompetenz der unmittelbar demokratisch legitimierten Parlamente der Mitgliedstaaten“ dar[15].

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Ob die Zustimmung zu Euro-Rettungsmaßnahmen (dazu Rn 818 ff) tatsächlich schon dazu führt, dass dem deutschen Haushaltsgesetzgeber wegen zB des Ankaufs von Staatsanleihen in „unbegrenzter Höhe“[16] jeglicher Spielraum genommen würde, so dass das Budgetrecht nachhaltig ausgehöhlt würde, erscheint nicht zweifelsfrei[17]. Auch kann man fragen, warum Maßnahmen, denen das Parlament mit großer Mehrheit zugestimmt hat, überhaupt ein Demokratieproblem sein sollen (dazu auch Rn 422). Allerdings ist beim derzeitigen Stand der europäischen Integration sowohl das Besteuerungs- als auch das Budgetrecht grds in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten verblieben, so dass erhebliche Einwirkungen (oder nach anderer Lesart: Übergriffe) auf diese Bereiche nicht unproblematisch sind.

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