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a) Verbesserung der regionalen Wirtschaftsförderung, der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (Art. 91a GG)

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Nach Art. 91a GG wirkt der Bund bei der Erfüllung bestimmter Gemeinschaftsaufgaben mit, die ohne diese Bestimmung in den Zuständigkeitsbereich der Länder fallen würden („Erfüllung von Aufgaben der Länder“). Zwar kommt dem Bund hier kein Initiativrecht zu, werden die Länder jedoch tätig, ergibt sich – vorbehaltlich einer haushaltsrechtlichen Zustimmung des Bundestages – eine Mitwirkungs- und Mitfinanzierungspflicht des Bundes.

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Der Begriff der Gemeinschaftsaufgaben wird durch Art. 91a Abs. 1 GG wenig trennscharf vorgegeben. Sachgebiete von Gemeinschaftsaufgaben sind danach die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (Nr 1) sowie der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (Nr 2). Die Wahrnehmung der Aufgabe muss für die Gesamtheit bedeutsam, und die Mitwirkung des Bundes zur Verbesserung der Lebensverhältnisse erforderlich sein. Für die Art und Weise der Aufgabenwahrnehmung macht Art. 91a Abs. 1 GG keine Vorgaben, allerdings gibt Art. 91a Abs. 2 GG dem Bund hier ein Recht zur einfach-gesetzlichen Ausgestaltung. Dem Gesetzgebungsauftrag ist der Bundesgesetzgeber mit dem Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“[46] und dem Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“[47] nachgekommen.

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Das Konzept der Mischverwaltung wird auch kritisch gesehen[48]. Kooperative Aufgabenwahrnehmung verengt Spielräume für eigenverantwortliches Handeln und kann Effizienzverluste mit sich bringen. Gleichwohl werden durch die Mitgestaltungs- und insb die Mitfinanzierungspflicht des Bundes wichtige Projekte vor allem finanzschwacher Bundesländer erst ermöglicht[49].

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Gem. Art. 91a Abs. 3 Satz 1 GG trägt der Bund bei Maßnahmen zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur die Hälfte der in dem jeweiligen Land anfallenden Kosten. Im Bereich der Agrarstruktur und des Küstenschutzes kann der Bundesanteil variabel ausgestaltet werden, muss aber ebenfalls mindestens die Hälfte der Kosten abdecken und gem. Art. 91a Abs. 3 Satz 2 HS 2 GG für alle Länder einheitlich festgesetzt sein. Durch diese Anforderung soll gezielte Bevorteilung finanzschwacher Länder unterbunden werden, zumal Maßnahmen des Bundes zur allgemeinen Verbesserung der Finanzkraft einzelner Bundesländer dem vertikalen Finanzausgleich des Art. 107 Abs. 2 Satz 3 GG vorbehalten sind.

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Nach § 10 GAKG beträgt der Anteil des Bundes im Bereich der Agrarstrukturförderung 60 % und im Bereich des Küstenschutzes 70 %. Genau betrachtet handelt es sich bei der Finanzierungsregelung nicht um eine Durchbrechung des Konnexitätsprinzips, sondern um eine Pauschalierung der Konnexität, da durch die Mitwirkungsverpflichtung des Bundes bestimmte Aufgaben der Länder zur Gemeinschaftsaufgabe werden. Art. 91a GG ist eine Regelung zur gemeinsamen Verwaltungszuständigkeit, die dem Art. 104a Abs. 1 GG vorgelagert ist. Allerdings erfasst Art. 91a Abs. 3 GG nur Zweckausgaben, für Verwaltungsausgaben bleibt Art. 104a Abs. 5 GG auch insoweit lex specialis.

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Um der Haushaltshoheit des Bundestages und der Landesparlamente Rechnung zu tragen, steht die Finanzierung der jeweiligen Maßnahmen und damit auch das Zustandekommen der Kooperation im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Bereitstellung der Mittel im jeweiligen Haushaltsplan, Art. 91a Abs. 3 Satz 4 GG[50]. Zwar begründet Art. 91a Abs. 1 GG einen verfassungsrechtlichen Auftrag, Gemeinschaftsaufgaben zusammen wahrzunehmen, es besteht aber keine Verpflichtung zum Zusammenwirken bei einer bestimmten Einzelmaßnahme.

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Im Fall 4 (Rn 97) greift zunächst ebenfalls das Verbot der Mischfinanzierung aus Art. 104a Abs. 1 GG. Die Eisenbahnverkehrsverwaltung wird gem. Art. 87e Abs. 1 Satz 1 GG in Bundesverwaltung geführt. Die Eisenbahnverkehrsverwaltung umfasst auch den Bau neuer und den Umbau bestehender Strecken, vgl Art. 87e Abs. 4 Satz 1 GG. Gem. Art. 87e Abs. 3 GG werden zwar die Eisenbahnen des Bundes als Wirtschaftsunternehmen in privat-rechtlicher Form geführt (Deutsche Bahn AG), die Privatisierung ist für die Qualifikation als Bundesaufgabe aber unschädlich – der Bund ist zudem alleiniger Aktionär der AG. Aus dieser Zuordnung zum Bund folgt ein (Mit-)Finanzierungsverbot für das Land Rheinland-Pfalz, durch das eine finanzielle Einflussnahme seitens der Länder auf infrastrukturelle Entscheidungen des Bundes vermieden werden soll (vgl auch Art. 87e Abs. 4 GG). Eine Mitfinanzierung durch das Land könnte gemäß Art. 91a Abs. 1 Nr 1 GG zulässig sein, weil der Ausbau des Streckennetzes der regionalen Wirtschaft zu Gute kommt. Unabhängig von der Einhaltung des Regelungsvorbehalts in Abs. 2 und der Finanzierungsquoten nach Abs. 3 scheitert eine Anwendung der Bestimmung jedoch bereits daran, dass Art. 91a Abs. 1 Satz 1 GG eine Mitwirkung des Bundes bei der Erfüllung von „Aufgaben der Länder“ vorsieht, nicht umgekehrt[51] (das Gleiche gilt für Art. 104b Abs. 1 GG).

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