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2. Durchführungs- und Veranlassungskonnexität

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Art. 104a Abs. 1 GG verlangt neben der bloßen Zuständigkeit auch eine Kausalität zwischen der Aufgabenwahrnehmung und den konkreten Ausgaben. Wenn – wie bei der Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder – Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz auseinanderfallen, sind zwei Anknüpfungspunkte denkbar. Einerseits liegt es nahe, auf diejenige Aufgabe abzustellen, die mit der Ausgabe unmittelbar verknüpft ist, nämlich die Ausführung des Gesetzes (sog. Vollzugskausalität oder Durchführungskonnexität). Andererseits werden bestimmte zu leistende Ausgaben schon auf Ebene der gesetzlichen Regelung vorgegeben, weil zB bei den Sozialgesetzen ein Zahlungsanspruch begründet wird (sog. Zweckausgaben, s. Rn 120). Hier besteht wiederum eine enge Kausalbeziehung zur Gesetzgebung (sog. Gesetzeskausalität oder Veranlassungskonnexität).

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Wenn dieselbe staatliche Ebene sowohl für den Erlass als auch für die Ausführung eines Gesetzes verantwortlich ist, ergeben sich hier keine Probleme. Die Bundesländer tragen gem. Art. 104a Abs. 1 GG jedenfalls alle Ausgaben, die sich aus dem Erlass bzw Vollzug von Landesgesetzen ergeben. Das Gleiche gilt für die Finanzierungsverantwortung des Bundes bei der bundeseigenen Verwaltung. Problematisch ist die Anknüpfung, wenn Bundesgesetze durch die Länder vollzogen werden. Infolge der umfangreichen Gesetzgebungsbefugnisse des Bundes und der grds Verwaltungszuständigkeit der Länder ist diese Konstellation aber der Regelfall.

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Allgemein geht man davon aus, dass Art. 104a Abs. 1 GG in seiner derzeitigen Ausgestaltung dem Prinzip der Durchführungskonnexität folgt[12]. Derjenige, der mit der Verwaltung einer Aufgabe betraut ist, hat die Ausgaben des Gesetzesvollzugs zu tragen (Vollzugskausalität). Dies ergibt sich zwar nicht ohne Weiteres aus dem Wortlaut des Art. 104a Abs. 1 GG, lässt sich aber v.a. aus der Systematik schließen: Art. 104a Abs. 2 GG normiert für die Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG) eine Ausnahme vom Konnexitätsgrundsatz; hier „trägt der Bund die sich daraus [dh aus der Ausführung der Gesetze] ergebenden Ausgaben“. Diese Regelung wäre unnötig, folgte man generell dem Konzept der Veranlassungskonnexität.

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Auch die historische Auslegung bestätigt dies: Vor Einführung des Art. 104a GG bestand insb in der Literatur Uneinigkeit über den Bezugspunkt der Finanzierungslast[13]. Die Finanzreform von 1969[14] sollte ua diese Unsicherheit beseitigen. Die Gesetzesmaterialien bestätigen, dass mit der Verfassungsänderung dem Konzept der Vollzugskausalität der Vorrang gegeben wurde: „Zutreffender Ansicht nach hat jedoch derjenige die Kosten für durch Bundesgesetze entstehende staatliche Aufgaben zu tragen, der die Verwaltungszuständigkeit für die Ausführung der Gesetze besitzt, weil erst durch die Erfüllung der Aufgaben Kosten entstehen“[15].

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Die Verknüpfung der Ausgabentragung mit der Verwaltungszuständigkeit soll zu einer effizienten und sparsamen Verwaltung beitragen (s.a. Rn 564). Verwaltungsökonomisch ist es sinnvoll, die Finanzierungsverantwortung an den Einfluss auf die Höhe der anfallenden Ausgaben zu koppeln[16]. Soweit die Exekutive im Rahmen von Beurteilungs- und Ermessensspielräumen über die Art und Weise der Bereitstellung öffentlicher Güter, die Gewährung geldwerter Mittel und den eigenen Verwaltungsaufwand entscheidet, kann sie auch auf die Kosten erheblichen Einfluss nehmen (Steuerungsoptionen)[17].

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Dennoch ist eine strikte Durchführungskonnexität nicht unproblematisch. In Ausübung seiner Gesetzgebungskompetenz kann der Bund finanzrelevante Gesetze zu Lasten der Länderhaushalte verabschieden. Und auch die Spielräume der Verwaltung können gesetzgeberisch so stark vorgeprägt sein, dass letztlich kein relevantes Einflusspotential mehr besteht[18]. Indes lässt sich diese Argumentation auch umkehren. Setzte das Grundgesetz eine strikte Veranlassungskonnexität (Gesetzeskausalität) durch, würde eine ineffiziente Verwaltung der Länder zu Lasten des Bundes gehen. Unabhängig von etwaigen Spielräumen, obliegt der verwaltenden Ebene jedenfalls die Überprüfung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung geldwerter Leistungen. Mit der Zustimmung des Bundesrates gem. Art. 104a Abs. 4 GG zu solchen Gesetzen, die Ansprüche auf Geldleistungen oder geldwerte Sachleistungen begründen, sind wiederum die Länderinteressen berücksichtigt. Jedenfalls besteht im Bereich der Einnahmeverteilung gem. Art. 106 Abs. 3 Satz 4, Abs. 4 Satz 1 GG ein Anspruch der Länder auf Deckung der notwendigen Ausgaben[19] (s. Rn 352).

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Die Wahrnehmung legislativer Aufgaben führt nach dem Grundsatz des Art. 104a Abs. 1 GG nur zur Verpflichtung, diejenigen Ausgaben zu tragen, die sich unmittelbar aus dem Akt der Gesetzgebung bzw dem Gesetzgebungsverfahren ergeben. Dies sind zB die Kosten der Gesetzgebungsorgane und des Gesetzgebungsverfahrens. Gleiches gilt für den Bereich der Rechtsprechung, zB Personalkosten oder Verwaltungsausgaben der Gerichte.

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