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b) Gesetzgebungsverfahren

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Für Steuer- und Abgabengesetze findet das reguläre Gesetzgebungsverfahren Anwendung. Weil die meisten Steuergesetze Bundesgesetze sind (Rn 246 ff), ist dies idR das Gesetzgebungsverfahren nach Art. 76 ff GG. Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen nicht dem Bund alleine, sondern den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt (vgl die Ertragsverteilung in Art. 106 GG), bedürfen der Zustimmung des Bundesrates, Art. 105 Abs. 3 GG.

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Für die Haushaltsgesetzgebung gelten einige Besonderheiten: So sind gem. Art. 110 Abs. 3 GG die Haushaltsgesetzentwürfe und die Vorlagen zur Änderung des Haushaltsgesetzes und des Haushaltsplanes – abweichend von Art. 76 GG – gleichzeitig mit der Zuleitung an den Bundesrat beim Bundestage einzubringen; der Bundesrat ist berechtigt, innerhalb von sechs Wochen, bei Änderungsvorlagen innerhalb von drei Wochen, zu den Vorlagen Stellung zu nehmen. Auch die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages[20] sieht für Haushalts- und Finanzvorlagen in den §§ 95 und 96 GO-BT besondere Regelungen vor.

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Nicht ausdrücklich im Grundgesetz geregelt, aber aus der grundgesetzlichen Systematik abzuleiten ist das Initiativmonopol der Regierung[21]. Aus Art. 110 Abs. 2, 3 GG iVm Art. 76 Abs. 2 GG ergibt sich, dass der Entwurf eines Haushaltsgesetzes abweichend von Art. 76 Abs. 1 GG durch die Bundesregierung einzubringen ist.[22] Im Fall des Gesamthaushalts, also dem ursprünglichen Plan für das gesamte Haushaltsjahr und alle Ressorts, folgt dies auch daraus, dass allein die Regierung über den administrativen Apparat zur Aufstellung des Haushaltsentwurfs verfügt[23].

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Mit dem Argument der Komplexität der Haushaltsaufstellung lässt sich allerdings nicht auch ein alleiniges Initiativrecht der Regierung für (weniger komplexe) Teilhaushalte oder häufig nur punktuell bedeutsame Nachtragshaushalte (Rn 554) begründen. Soweit man mit Blick auf das parlamentarische Budgetrecht die Teilhaushalte aber den Nachtragshaushalten (Änderungsvorlagen iSd Art. 110 Abs. 3 GG) gleichstellt[24], wird man die systematischen Erwägungen zum Initiativrecht auf die Einbringung vorläufiger (Teil-)Haushalts- und Nachtragsgesetze übertragen müssen.

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Das Initiativmonopol wird zudem aus Art. 113 Abs. 1 Satz 1 GG abgeleitet[25]. Gem. Art. 113 Abs. 1 Satz 1 GG bedürfen Gesetze, die die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Ausgaben des Haushaltsplanes erhöhen, der Zustimmung der Bundesregierung. Hieraus muss aber folgen, dass jedenfalls bei einer Erhöhung der Ausgaben durch einen Teil- bzw Nachtragshaushalt (Rn 554 ff) nur die Bundesregierung zur Initiative berechtigt ist[26].

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Aus der parlamentarischen Beratung und Verabschiedung des Haushalts folgt die Öffentlichkeit des Haushalts. Die im parlamentarischen Verfahren gewährleistete Öffentlichkeit der Auseinandersetzung und Entscheidungssuche ermöglicht einerseits den Ausgleich widerstreitender Interessen[27]. Andererseits schafft die Öffentlichkeit im Gesetzgebungsverfahren einen gewissen Druck zu wirtschaftlichem Handeln.[28]

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Öffentliches Verhandeln von Argument und Gegenargument, öffentliche Debatte und öffentliche Diskussion sind nach der Rspr des BVerfG wesentliche Elemente des demokratischen Parlamentarismus[29]. Entscheidungen von erheblicher Tragweite muss deshalb grds ein Verfahren vorausgehen, das der Öffentlichkeit Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und das die Volksvertretung dazu anhält, Notwendigkeit und Umfang der zu beschließenden Maßnahmen in öffentlicher Debatte zu klären[30]. Vor diesem Hintergrund ergibt sich der Grundsatz der Budgetöffentlichkeit aus dem allgemeinen Öffentlichkeitsprinzip der Demokratie[31].

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Die Befassung des Deutschen Bundestages kann auch außerhalb der eigentlichen Gesetzgebung erforderlich sein. Bei der Ausübung des Budgetrechts und der Wahrnehmung seiner haushaltspolitischen Gesamtverantwortung muss der Deutsche Bundestag die wesentlichen Entscheidungen selbst treffen[32]. Sind Angelegenheiten der Europäischen Union betroffen, wirken der Bundestag und durch den Bundesrat die Länder mit, Art. 23 Abs. 2 GG.

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Budgetrecht und haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages werden grds durch Verhandlung und Beschlussfassung im Plenum wahrgenommen[33], durch den Beschluss über das Haushaltsgesetz, durch finanzwirksame Gesetze oder durch einen sonstigen, konstitutiven Beschluss des Plenums[34]. Jeder Abgeordnete hat nach Art. 38 Abs. 1 iVm Art. 77 Abs. 1 Satz 1 und Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG ein Recht auf Beurteilung des Haushaltsentwurfes der Bundesregierung und der hierzu eingebrachten Änderungsanträge. Der Abgeordnete soll seine Vorstellungen über die Verwendungsmöglichkeiten der Haushaltsmittel darlegen und dadurch die Entscheidung über den Haushaltsplan beeinflussen können[35]. Darüber hinaus sind die Abgeordneten des Deutschen Bundestages berechtigt und verpflichtet, ihre Kontrollbefugnis über grundlegende haushaltspolitische Entscheidungen wahrzunehmen[36].

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Die Detailarbeit wird – wie auch sonst – in parlamentarischen Ausschüssen behandelt, §§ 54 ff GO-BT. Bei Vorlagen zum Haushalts- und Finanzrecht ist der Haushaltsausschuss zu befassen (vgl § 80 Abs. 2, §§ 95, 96 GO-BT). Gem. § 10a Abs. 2 BHO kann der Bundestag aus „zwingenden Gründen des Geheimschutzes“ die Bewilligung von bestimmten Ausgaben an ein Gremium von Mitgliedern des Haushaltsausschusses (Vertrauensgremium) delegieren, das vom Bundestag gewählt wird[37]. So sind etwa die Wirtschaftspläne für die Nachrichtendienste dem Vertrauensgremium zur Billigung vorzulegen, § 10a Abs. 2 Satz 3 BHO.

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Im Fall 1 (Rn 62) muss die Übertragung der Beteiligungsrechte des Bundestages an ein parlamentarisches Sondergremium mit Blick auf die Rechte der Abgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG gerechtfertigt werden. Als Rechtfertigung in Betracht kommen hier die besondere Eilbedürftigkeit oder die Vertraulichkeit der zu beschließenden Maßnahmen. Sollen Abgeordnetenrechte zur Verwirklichung eines verfassungsrechtlich abgesicherten Belangs wegen besonderer Eilbedürftigkeit weitgehend entzogen werden, setzt dies voraus, dass die Maßnahme bei Befassung des Plenums ihren Zweck aus zeitlichen Gründen verfehlen würde, dass es daher der in Aussicht genommenen Größe des Sondergremiums bedarf und dass sie unmittelbar im Anschluss an die Beratung und Beschlussfassung auch tatsächlich umgesetzt werden soll und umgesetzt wird[38]. Allerdings hat der Haushaltsausschuss mit derzeit 41 Mitgliedern eine Größe, die ein kurzfristiges Zusammentreten ermöglicht. Er ist im Notfall bereits mit 21 Mitgliedern beschlussfähig (vgl § 67 Satz 1 GO-BT) und verfügt – anders als das Untergremium nach § 3 Abs. 3 StabMechG – über stellvertretende Ausschussmitglieder, was rasche Entscheidungen auch bei Verhinderung einzelner Mitglieder erleichtert[39]. Die Geheimhaltungsbedürftigkeit kann hingegen ein hinreichender Rechtfertigungsgrund sein, wenn ein Bekanntwerden schon der Planung erforderlicher Notmaßnahmen geeignet wäre, deren Erfolg zu vereiteln, und die Befassung des Bundestages damit absoluter Vertraulichkeit unterliegen muss[40].

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Im Gesetzblatt veröffentlicht werden nur das Haushaltsgesetz und der Gesamtplan (Haushaltsübersicht, Finanzierungsübersicht und Kreditfinanzierungsplan). Die Einzelpläne werden, obwohl sie am Gesetzesrang teilhaben, nicht veröffentlicht. Begründet wird dies mit der sonst zu befürchtenden übermäßigen Belastung des Verkündungsblattes. Eine entsprechende Auslegung des Art. 82 Abs. 1 GG hat das BVerfG wegen der „stark traditionellen Prägung des Haushaltsrechts“ akzeptiert[41].

Erster Teil Staatliche Ebene: Bund und Länder§ 2 Staatsfinanzen im demokratischen Rechtsstaat › II. Ausschluss der Volksgesetzgebung

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