Читать книгу Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer - Страница 342

2. Voraussetzungen

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Die Zweijahresgrenze entspricht dem allgemeinen Strafrecht (§ 56 Abs. 2 StGB). Für eine weitergehende Aussetzungsmöglichkeit ist nach Ansicht des Gesetzgebers ein Bedürfnis nicht ausreichend nachgewiesen (BT-Drucks. 11/5829, 12). In dieser Begründung liegt ein Widerspruch zur kriminalpolitischen Zielsetzung, in der auf die schädlichen Nebenwirkungen der Jugendstrafe hingewiesen und ihre Ersetzung durch ambulante Maßnahmen gefordert wird. Die Schrittmacherrolle gegenüber dem allgemeinen Strafrecht beschränkt sich auf die gegenüber § 56 Abs. 2 StGB leichtere Aussetzungsmöglichkeit in § 21 Abs. 2. Wie in § 21 Abs. 1 ist Voraussetzung eine günstige Prognose hinsichtlich der Legalbewährung und der Möglichkeit der Bewährungshilfe, freilich unter dem Druck der Widerrufsmöglichkeit. Nach der Reform des § 21 Abs. 2 ist die Aussetzung nicht mehr vom Ermessen des Richters abhängig, sondern zwingend vorgeschrieben, wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Eine Erwägung, die Taten als solche wiesen „keinerlei besondere Umstände auf, die es rechtfertigen könnten, die Jugendstrafe nicht zu vollstrecken“, ist fehlerhaft (BGH StV 1991, 423). Sie verkennt, dass die Strafaussetzung einer über ein Jahr liegenden Jugendstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, nach der Reform nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel ist. In der Neuregelung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses liegt gegenüber dem allgemeinen Strafrecht der Reformansatz. Begründet wird er mit der Überlegenheit ambulanter Maßnahmen wie Betreuungsweisung, sozialer Trainingskurs und Täter-Opfer-Ausgleich gegenüber dem Strafvollzug (BT-Drucks. 11/5829, 20). Kriminologisch ergibt sich die Überlegenheit aus den mindestens gleich guten bzw. überwiegend besseren Ergebnissen, gemessen an der Rückfallquote, rechtlich aus der Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeits- und Subsidiaritätsgrundsatzes und kriminalpolitisch aus den von der Jugendstrafvollzugskommission im Schlussbericht von 1980, 8 zusammengefassten Gründen.

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Nur in Ausnahmefällen, wenn die Vollstreckung im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen geboten ist, wird die Jugendstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt. Der Bundesgerichtshof hat hierzu ausgeführt: Hält die Jugendkammer eine hohe Jugendstrafe für erforderlich, weil bei der Angeklagten ein hoher erzieherischer Nachholbedarf besteht, hat sie im Hinblick auf das jugendliche Alter der Angeklagten zu erläutern, inwieweit die Verbüßung der Jugendstrafe in dieser Länge zur Behebung des festgestellten Erziehungsdefizits erforderlich ist. Dabei muss sie abwägen, wie die Jugendstrafe mit Blick auf die schulischen Belange sowie die persönliche Entwicklung der Angeklagten, die zur Bearbeitung der Tat- und Schuldproblematik dringend therapeutischer Behandlung bedarf, mit den im Jugendstrafvollzug zur Verfügung stehenden Mitteln zeitlich zu bemessen ist (BGH NStZ-RR 2008, 258).

Der Begriff der „Entwicklung“ schließt generalpräventive Aspekte aus. Der Begriff ist einengend zu verstehen, er ist nicht mit erzieherischen Gründen gleichzusetzen. Wie eng ihn der Gesetzgeber verstanden wissen will, ergibt sich auch daraus, dass er eine prognostische Beurteilung des Entwicklungsstandes durch einen Sachverständigen erwartet (BT-Drucks. 11/5829, 20). Beispiele dafür, dass trotz einer positiven Prognose die Vollstreckung im Hinblick auf die Entwicklung geboten ist, nennt der Gesetzgeber nicht. Sie lassen sich auch nicht vorstellen (Böhm 1991, S. 537); vgl. auch BGH NStZ 1994, 530 (Böhm): Aussetzung einer Jugendstrafe von 2 Jahren wegen Mordes zur Bewährung. „Dass bei dem Angeklagten, der in einem therapeutischen Kinderheim untergebracht ist, trotz günstiger Sozialprognose die Vollstreckung der Jugendstrafe im Hinblick auf seine Entwicklung geboten wäre, ist nicht ersichtlich.“ Man kann die Einschränkung in § 21 Abs. 2 sicher als verwirrend und völlig missglückt bezeichnen (Schaffstein/Beulke/Swoboda S. 190), wahrscheinlich ist die Formulierung jedoch aus Kompromissgründen gewählt, um einen ersten Reformschritt durchsetzen zu können. Rechtsfehlerhaft ist die Erwägung, erlittene Untersuchungshaft nicht auf die Jugendstrafe anzurechnen, damit eine zur Bewährung auszusetzende Strafe verhängt werden könne (BGH NStZ 1999, 34, der dann selbst die Untersuchungshaft auf die zweijährige Bewährungsstrafe wegen versuchten Totschlags angerechnet hat. Brunner 1999, S. 35 f. kritisiert diese Entscheidung im Hinblick auf die hochkomplizierte Wechselbeziehung zwischen Strafaussetzung und Nichtanrechnung von U-Haft bei der tatrichterlichen Überzeugungsbildung und plädiert für eine Zurückverweisung gem. § 354 Abs. 2 StPO, die jedoch das Verfahren verlängern würde).

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