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9. Verfahren

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Das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wird bei Verneinung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil es am ausreichenden Tatverdacht fehlt; der Staatsanwalt benachrichtigt von Amts wegen den Familienrichter. Eine Sachbehandlung nach § 45 kommt nicht in Betracht, denn diese Vorschrift setzt das Vorliegen strafrechtlicher Verantwortlichkeit voraus. Die Einstellung des Verfahrens wegen mangelnder strafrechtlicher Verantwortlichkeit wird im Erziehungsregister eingetragen, § 60 Abs. 1 Nr. 6 BZRG. Die Gegenmeinung (Ostendorf § 3 Rn. 21) übersieht, dass mit der „Einstellung“ des Verfahrens in § 60 Abs. 1 Nr. 6 BZRG nur diejenige nach § 170 Abs. 2 StPO gemeint sein kann, da für die Sachbehandlung nach §§ 45, 47 mit § 60 Abs. 1 Nr. 7 BZRG eine eigene Eintragungsgrundlage besteht. Zu den Grundzügen des Strafregisterrechts s. eingehend § 97 Rn. 8 ff.

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Im Zwischenverfahren ist die Eröffnung des Hauptverfahrens gem. § 204 StPO abzulehnen, weil ein hinreichender Tatverdacht (§ 203 StPO) nicht besteht. Eine Einstellung gem. § 47 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 kommt vor der Eröffnung des Hauptverfahrens nicht in Betracht (ebenso jetzt auch Eisenberg § 47 Rn. 5; Ostendorf § 3 Rn. 16; Brunner/Dölling Rn. 10). § 47 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 verwendet – im Unterschied zu dessen Nr. 3 – den verfahrensrechtlichen Begriff des „Angeklagten“, der gem. §§ 157, 203 StPO voraussetzt, dass das Hauptverfahren eröffnet ist. Dabei handelt es sich nicht etwa um ein Redaktionsversehen; das 1. JGGÄndG hat bei der Neufassung des § 47 die Formulierung der Nr. 3 a.F. („Angeklagter“, jetzt Nr. 4) ausdrücklich beibehalten, andererseits aber den Begriff des „Angeklagten“ in Nr. 1 a.F. unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 157 StPO durch den Begriff des „Jugendlichen“ (Nr. 3 n.F.; s. § 47 Rn. 14) ersetzt (BT-Drucks. 11/5829, S. 26). RiJGG Nr. 2, 2. Hs. zu § 3 muss daher entsprechend eingeschränkt verstanden werden.

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Nach der Eröffnung des Hauptverfahrens kann der Richter sowohl außerhalb, als auch in der Hauptverhandlung das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft durch Beschluss einstellen, wenn der Angeklagte mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich ist (§ 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4). Ergeht ein Urteil, so ist er freizusprechen. Verfahrensbeendigende Entscheidungen gem. §§ 206a, 260 Abs. 3 StPO kommen nicht in Betracht, weil die strafrechtliche Verantwortlichkeit keine Prozessvoraussetzung, sondern Merkmal der Schuld ist (Rn. 2).

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Bei Freispruch durch Urteil sind die die objektive Strafbarkeit begründenden Tatumstände gleichwohl in den Urteilsgründen festzustellen (allg. M.). Dies ist nicht nur aus erzieherischen Gründen geboten, sondern auch, weil die strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht abstrakt, sondern immer nur in Bezug auf die zur Aburteilung stehenden Taten geprüft wird (Rn. 5–7); diese können dem Angeklagten schon im Hinblick auf den Registereintrag gem. § 60 Abs. 1 Nr. 6 BZRG nicht einfach unterstellt werden. Zudem hat der Angeklagte zumindest bei einem auf eine Hauptverhandlung ergehenden Urteil das Recht auf Feststellung, ob der in der Anklage erhobene Vorwurf wenigstens objektiv zu Recht besteht. Dies gilt insbesondere dann, wenn Maßnahmen nach Satz 2 in Betracht gezogen werden.

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