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1. Entbehrlichkeit der Ahndung

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Die Anordnung von Unterbringung schließt auch im Jugendstrafrecht eine gleichzeitige Verurteilung zu Strafe nicht aus (BVerfG NStZ-RR 2007, 187). Eine Strafvollstreckung ist in diesen Fällen nicht deshalb in verfassungswidriger Weise unverhältnismäßig, weil sie aufgrund der psychischen Erkrankung und der dementsprechenden Behandlungsbedürftigkeit ihr Ziel verfehlen würde. Vielmehr muss dem Verurteilten bei einem grundrechtskonformen Strafvollzug eine ausreichende medizinische Behandlung und Betreuung zu Teil werden (BVerfG a.a.O., 188). Von Zuchtmitteln oder Jugendstrafe wird jedoch nach Abs. 3 abgesehen, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt die Ahndung entbehrlich macht. § 5 Abs. 3 eröffnet damit die Möglichkeit, von der an sich erforderlichen Verhängung von Zuchtmitteln oder Jugendstrafe abzusehen, wenn diese durch die Unterbringung als zusätzliche erzieherische Maßnahmen entbehrlich werden. Die Regelung des Abs. 3 JGG schafft somit eine Voraussetzung, die Kumulation oder Zweispurigkeit von Sanktionen, wie sie im allgemeinen Strafrecht vorgesehen sind, zu vermeiden, und ermöglicht es, dem Gedanken der Einspurigkeit freiheitsentziehender Maßnahmen im Jugendstrafrecht Rechnung zu tragen (BGHSt 39, 92, 95; BGH StV 2002, 416 m.w.N.). Gerade diese Ausgestaltung weist § 5 Abs. 3 JGG als eine spezifisch jugendstrafrechtliche Vorschrift aus (BGH Beschl. v. 9.12.1992 – 3 StR 434/92 m.w.N.). Die Ahndung durch den Richter ist dann entbehrlich, wenn die Ahndungszwecke des § 5 Abs. 2 (s. Rn. 8) durch die Unterbringung erreicht werden können, oder die Unterbringung eine zusätzliche Maßnahme nach § 5 Abs. 2 überflüssig macht oder als ungeeignet erscheinen lässt (vgl. BGH Beschl. v. 13.6.1995 – 4 StR 315/95 m.N.). Die gleichzeitige Verhängung von Jugendstrafe erfordert also ein zusätzliches Bedürfnis (BGH StV 2016, 736). Die Entbehrlichkeit wird im Falle einer Unterbringung nach § 63 StGB im Regelfall bejaht (BGH StV 1993, 534 m.w.N.). Zu den Anforderungen an die Ermessensentscheidung über das Absehen von Jugendstrafe gemäß § 5 Abs. 3 s. BGH StV 2014, 742).

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