Читать книгу Dem Freund, der mir das Leben nicht gerettet hat - Hervé Guibert - Страница 12

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Bill war es, der mir als Erster von der sagenhaften Krankheit erzählte, ich würde sagen, 1981. Er war gerade aus den Staaten zurückgekehrt, wo er in einer Fachzeitschrift die ersten klinischen Berichte über Todesfälle mit dieser eigentümlichen Vorgeschichte gelesen hatte. Er selber sprach davon wie von einem Mysterium, realistisch und skeptisch. Bill ist Manager eines großen Pharmalabors, in dem Impfstoffe produziert werden. Als ich anderntags unter vier Augen mit Muzil zu Abend aß, berichtete ich ihm von der alarmierenden Nachricht, die Bill herumerzählte. Er ließ sich, von einem Lachanfall gekrümmt, vom Sofa fallen: „Ein Krebs, der ausschließlich Homosexuelle trifft, nein, das wäre zu schön, um wahr zu sein, das ist zum Totlachen!“ Der Zufall wollte, dass Muzil zu dem Zeitpunkt schon von dem Retrovirus befallen war, dessen Inkubationszeit, Stéphane hat es mir kürzlich erzählt, man weiß es mittlerweile, verbreitet die Tatsache aber nicht, um nicht unter den Tausenden von Positiven Panik zu säen, recht genau sechs Jahre betragen soll. Einige Monate, nachdem ich bei Muzil jenen Lachanfall ausgelöst hatte, fiel er in eine schwere Depression, es war Sommer, ich bemerkte am Telefon seine veränderte Stimme, von meinem Appartement aus beobachtete ich verzweifelt den Balkon meines Nachbarn, so hatte ich, ohne dass es bemerkt worden wäre, Muzil ein Buch gewidmet, „Meinem Nachbarn“, bevor ich dann das folgende „Dem toten Freund“ widmen musste, ich befürchtete, er werde sich von diesem Balkon stürzen, ich spannte unsichtbare Netze von meinem Fenster zu seinem, um ihm zu Hilfe zu kommen, mir war unbekannt, woran er litt, doch hörte ich an seiner Stimme, dass es schlimm war, ich erfuhr später, dass er es niemandem anvertraute außer mir allein, er sagte mir an jenem Tag: „Stéphane krankt an mir, endlich habe ich begriffen, dass ich Stéphanes Krankheit bin und es sein Leben lang bleiben werde, was ich auch anstelle, es sei denn, ich verschwinde; das einzige Mittel, ihn von seiner Krankheit zu heilen, da bin ich sicher, wäre, mich umzubringen.“ Doch da waren die Würfel schon gefallen.

Dem Freund, der mir das Leben nicht gerettet hat

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