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Was ein Leben im Kollektiv wirklich bedeutet

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Was auf der einen Seite das Schöne an der Gemeinschaft ist – nämlich die Menschen –, hat natürlich auch eine Kehrseite. So viel steht fest: Bei einer größeren Ansammlung von Menschen, die gemeinsam leben und entscheiden, kommt es immer wieder zu konfliktreichen Situationen.

Dabei kann es um gemeinsame Vorstellungen gehen, um persönliche Befindlichkeiten oder einfach um den tagtäglichen Alltagstrott, in dem mensch sich in die Quere kommt. Es kann beunruhigend sein, wenn der gemeinsame Weg nicht so eindeutig ist. Oder wenn mensch sich einsam fühlt inmitten einem Kreis von nahestehenden Menschen. Wenn mensch sich nicht gehört oder verstanden fühlt, wenn das Gefühl entsteht, dass die anderen nicht so agieren, wie mensch es sich nach seinen*ihren persönlichen Bildern und Idealen vorstellt. Dann verliert die Gruppe an Stärke. Dann stehen manchmal vereinzelte Individuen nebeneinander.

Wir sind stark, wenn jede*r in sich stark ist und wenn wir in guter Beziehung mit uns selbst und jedem*jeder einzelnen Bewohner*in stehen. Und alle zusammen als Gruppe funktionieren. Das bedeutet viel Beziehungsarbeit mit uns selbst und allen anderen.

In den ersten Jahren war sehr viel unserer Energie nach außen gerichtet: auf Aktionen, Veranstaltungen, es waren ständig viele und andere Menschen da, die uns besuchen kamen. Gruppendynamiken und -prozesse und innere Befindlichkeiten waren Begleiterscheinungen, die irgendwie mitliefen.

Je länger wir aber im Kollektiv zusammenwohnten, desto mehr richtete sich unser Blick nach innen. Das Wohlbefinden und der psychische Zustand eines*einer jeden wurden wichtiger. Gruppenprozesse wurden bewusster wahrgenommen und behandelt. Es stand immer mehr im Mittelpunkt, wie es dabei allen geht. Denn das Kollektiv ist das, was jedes Mitglied ist und einbringt. Wenn es dem*der Einzelnen gut geht und es ihnen miteinander gut geht, dann geht es auch dem Kollektiv gut. Diese Momente sind wunderbar, wenn alle ausgeglichen und happy sind und wir uns alle gut miteinander verstehen.

In vielen Momenten zwickt es jedoch bei irgendwem irgendwo. Das muss gar nicht mit dem Leben im Kollektiv selbst zu tun haben. Manchmal fühlt mensch sich nicht ganz rund, hat ungeklärte Lebensfragen in sich oder findet einfach alle blöd. In solchen Momenten probieren wir, uns gegenseitig, soweit es uns möglich ist, zu unterstützen, und versuchen, uns geduldig und verständnisvoll beim Durchmachen solcher Situationen zu begleiten. Zum Glück sind es alles Phasen, die einander abwechseln, kommen und wieder gehen. Die permanente, achtsame und bewusste Auseinandersetzung mit den Beziehungen untereinander und mit sich selbst gehört dabei zu den essenziellen Voraussetzungen.

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