Читать книгу Roses of Love: Band 1 bis 4 der romantischen Young Adult Serie im Sammelband! - Ilka Hauck - Страница 20
15 SUMMER
ОглавлениеIch betrachte mich nachdenklich im Spiegel. Zupfe nervös an meinen Haaren herum und frage mich, ob ich noch bei Trost bin. Bin ich tatsächlich dabei, in einer halben Stunde auf die Geburtstagsparty von Dannys bestem Freund zu gehen? Bin ich dann so etwas wie Dannys Date für diesen Abend? Zu allem Elend wird Jake ebenfalls mit zur Party kommen, und das kann eigentlich nur in einem Desaster enden. Jakes Abneigung gegen Danny ist so offensichtlich, dass man blind sein müsste, um es nicht zu bemerken. Bisher hat Danny mir gegenüber zwar nie etwas erwähnt, aber es muss ihm aufgefallen sein. Dennoch hat er Jake eingeladen. Warum? Er sagt, damit ich mich unter all den Leuten, die ich nicht kenne, wohler fühle. Irgendwie glaube ich ihm das sogar. Oder nicht? Ich seufze und streiche mir die Haare hinters Ohr. Solche Partys sind absolut nicht mein Ding, und ich habe keine Ahnung, warum ich mich von Danny habe breitschlagen lassen. Aber es ist wahnsinnig schwer, ihm zu widerstehen.
Von Dannys Freunden kenne ich niemanden, obwohl heute bei Weitem nicht nur seine engere Clique da sein wird. Ich glaube, Rob hat das halbe College eingeladen. Mir ist es unheimlich, so viele Bekanntschaften zu haben.
Mein Handy meldet eine Nachricht und ich werfe einen letzten Blick in den Spiegel. Ich bin nicht gerade häufig auf solchen Partys eingeladen und mein Kleiderschrank gibt entsprechend wenig dafür her. Nach einigem Herumprobieren habe ich mich für eine dunkelblaue Skinny-Jeans und eine schmal geschnittene Bluse in Lila entschieden, die aus einem leicht schimmernden Stoff gearbeitet ist. Ich habe sie bisher kaum getragen, weil sie mir für den Alltag zu auffällig erscheint. Aber heute passt sie, glaube ich, ganz gut. Da ich nicht viel Geschick darin habe, meine Haare zu stylen, trage ich sie einfach offen und glatt wie immer. Wimpern getuscht und ein wenig Lipgloss aufgelegt. Fertig. Ich betrachte mich und versuche herauszufinden, was Danny in mir sieht. Was ich sehe, ist ein normal hübsches Mädchen mit einem fein geschnittenen Gesicht, blasser Porzellanhaut und langem, hellbraunem Haar. Ziemlich klein, denn ich schaffe gerade mal einen Meter sechzig, während Danny locker eins achtundachtzig haben dürfte. Meine Figur ist zierlich und nicht besonders aufreizend. Ich habe einfach keinen Schimmer, warum er mich auf diese Party mitnehmen will. Warum er überhaupt mit mir redet.
Mein Handy meldet sich wieder, ich reiße mich zusammen und greife danach. Die zweite Nachricht von Jake, der wissen will, ob ich fertig bin. Er wartet unten auf mich. Ich schreibe ihm zurück, dass ich unterwegs bin, und atme tief durch. Dann los. Schnell schlüpfe ich in meine Ballerinas und schnappe meine Jacke. Während ich die Treppen hinunterlaufe, überlege ich, dass ich wirklich nicht normal bin. Wer in meinem Alter empfindet eine coole Party als solche Herausforderung, dass er am liebsten kehrtmachen und sich im Bett verkriechen würde?
Jake lehnt an der Wand und tippt auf seinem Handy. Jetzt hebt er den Kopf und schaut mich an. Er sieht nicht wirklich begeistert aus.
„Hey.“
Ich lächele ihm zu.
„Hey. Wow, hübsch.“
Er mustert mich und ich zupfe verlegen an meiner Bluse.
„Findest du? Danke. Ich hatte nichts, was besser gepasst hätte.“
„Sieht gut aus.“
„Wollen wir?“
Ich sehe ihn unsicher an. Er hat mir erzählt, dass Danny ihn eingeladen hat, aber nicht, was genau zwischen ihnen war. Da die beiden aber eigentlich nie einen normalen Satz miteinander reden können, bin ich mir sicher, es gab auf die eine oder andere Weise Stress.
„Ja, auf in den Kampf.“
Er grinst und ich knuffe ihn in die Seite.
„Du musst nicht mitkommen, wenn du nicht willst. Ich kann auch alleine gehen.“
„Damit Moreno freie Bahn hat? Vergiss es.“
Er sagt es leicht dahin, es soll nach einem Scherz klingen, aber ich fürchte, das ist es nicht.
Wir schlendern nebeneinanderher und ich fühle mich eigenartig. Früher hätte ich Jake einfach gesagt, dass ich keine große Lust auf Party habe, dass ich viel lieber auf meiner Bude abhängen und lesen oder einen Film anschauen würde. Wie sehr es mich verunsichert, dass Danny solch einen Einfluss auf mich hat und ich Angst davor habe, wo das hinführen könnte. Mal davon abgesehen, dass er all das sowieso weiß, er kennt mich schließlich nicht erst seit gestern. Aber irgendwie bringen wir es nicht mehr fertig, uns locker und unbefangen zu unterhalten. Und schon gar nicht kann ich mit ihm über Danny reden. Ich muss zugeben, ich vermisse das sehr. Die Gefühle für Danny verwirren mich so dermaßen, und es gibt niemanden, mit dem ich darüber reden könnte. Das war all die Jahre Jakes Part, und jetzt fällt er weg. Aber ebenso tut es mir weh, dass Jake offenbar selbst so durcheinander ist und nicht bereit ist, mit mir darüber zu sprechen. Es fühlt sich an, als würden wir einander verlieren, und das ist ein verdammt beschissenes Gefühl.
Je näher wir dem Clubhaus kommen, desto mehr Leute sind unterwegs. Man hört von drinnen Musik und Gelächter. Offenbar ist die Party schon in vollem Gange. Mir wird immer mulmiger, und ich würde gerne nach Jakes Hand fassen, lasse es aber bleiben. Hätte ich mich von Danny bloß nicht überreden lassen, hierherzukommen. Aber nun bin ich hier. Wir betreten das Gebäude und sehen uns um. Es wimmelt von Leuten, und ich habe das Gefühl, das ganze College feiert Robs Geburtstag. Wir schlängeln uns durch die Menge hindurch, während ich nach Danny Ausschau halte. Um uns herum jede Menge schöner Mädchen, perfekt gestylt und geschminkt. Er hätte die große Auswahl und will unbedingt, dass ich dabei bin? Ich werde vermutlich nie dahinterkommen, warum er das tut. Jake ist hinter mir, wird öfter von jemandem begrüßt, während ich keinen Menschen kenne. Aus meinem Jahrgang scheint niemand hier zu sein. Wo steckt Danny? Es ist merkwürdig, obwohl Jake bei mir ist, will ich einfach nur Danny sehen, um mich hier nicht völlig verloren zu fühlen. Endlich entdecke ich ihn. Er steht lässig an die Wand gelehnt da und redet mit einem Jungen, den ich nicht kenne. Sie lachen, und Danny scheint ihm etwas zu erklären, denn er gestikuliert mit den Händen und der andere nickt dazu. Ich bleibe zögernd stehen, weiß nicht, ob ich zu ihm hingehen soll. Ich will nicht stören und fühle mich wie ein Fremdkörper in dieser lachenden, feiernden Menge. Ich kaue unsicher auf meiner Unterlippe herum, während ich Danny beobachte. Er sieht so wunderschön aus, dass ich ihn immer nur ansehen könnte. Dieses Lächeln … noch nie zuvor hat ein Lachen so sehr mein Herz berührt. Der andere Junge sagt etwas und Danny antwortet ihm. Gleichzeitig hebt er den Kopf und unsere Blicke begegnen sich. Er stutzt, hält mitten im Satz inne und sieht mich an. Es fühlt sich an, als würde etwas Magisches durch mich hindurchfließen. Mein ganzer Körper beginnt zu kribbeln, während mein Herz wie ein Presslufthammer in meiner Brust pumpt. Fast scheint es, als ob die Musik und die Geräusche um uns herum leiser werden würden. Irgendwo in meinem Verstand weiß ich, dass das nicht stimmt, aber es ist dennoch ein eigenartig schönes Gefühl. Als ob Danny und ich alleine in einer Seifenblase schweben würden. Ich muss lächeln. Ob es sich so anfühlt, wenn man verrückt wird? Oder sich verliebt? Meine Hände zittern und ich sehe nur ihn. Diese schönen braunen Augen, die meinen Blick ganz festhalten. Dannys Gesprächspartner sagt etwas zu ihm, doch Danny antwortet ihm nicht, legt ihm nur kurz die Hand an den Arm, stößt sich von der Wand ab und kommt auf mich zu. Sein Gang ist lässig, anmutig. Er trägt eine ausgewaschene Jeans, dazu ein weißes T-Shirt. Obwohl es ein ganz schlichtes Shirt ist, sieht es verboten sexy aus. Seine dunklen, etwas längeren Haare, die leichten Locken, die sich in seinem Nacken kringeln. Dieses Lächeln. Er sieht aus wie ein Model und doch wirkt alles an ihm natürlich. Nie aufgesetzt oder gewollt. Er kommt langsam näher, schiebt sich zwischen den Leuten hindurch, lässt mich dabei keine Sekunde aus den Augen. Mein Herz klopft wie verrückt und mir ist schwindlig. Jetzt erreicht er mich und bleibt dicht vor mir stehen. Wir sehen uns an, er lächelt und sagt leise: „Hey, Sommerröschen. Du hast es geschafft, du bist hier.“
Seine Samtstimme hüllt mich ein und ich nicke stumm. Dannys Augen streicheln mein Gesicht, bleiben an meinem Mund hängen, dann beugt er sich herunter, und für Sekunden denke ich, er wird mich küssen. Doch er haucht mir nur einen Kuss auf die Wange, was ich fast enttäuscht registriere. Was stimmt nicht mit mir?
„Ich hab doch gesagt, dass ich komme. Hast du dran gezweifelt?“
Ich wippe unsicher auf den Zehen und Danny lacht leise.
„Ehrlich? Ich hatte mich schon drauf eingestellt, dass ich dich aus deinem Wohnheim rausholen und wie ein Neandertaler über die Schulter werfen muss, um dich hierher zu befördern.“
Er grinst und ich schüttele den Kopf.
„Du wieder. Glaubst du echt, du hättest mich so abschleppen können?“
Er beugt sich zu mir herunter und seine Augen funkeln amüsiert.
„Aber hallo. Darauf kannst du wetten.“
Ich muss lachen.
„Du bist verrückt, Moreno.“
„Hm, nach manchen Dingen ist man eben total verrückt, da kann man nichts machen.“
Er sieht mich schon wieder so an mit seinen schönen Schokoladenaugen, dass mir ganz schummrig wird. Wie meint er das jetzt wieder? Dass er nach mir verrückt ist? Ich werde auch noch verrückt mit ihm. Niemand hat mich je so aus dem Tritt gebracht wie er. Jemand räuspert sich hinter mir und ich zucke zusammen. Jake. Danny hebt den Blick und ein leicht spöttisches Lächeln gleitet über sein Gesicht.
„Bloomfield. Dich hab ich ja komplett übersehen. Aber das verzeihst du mir, oder?“
„Ach, sicher doch. Ich kenne ja schließlich Summers verzaubernde Wirkung. Geht mir schon seit Jahren so.“
Ich sehe unsicher zwischen den beiden hin und her. Sie starren sich an, dann lacht Danny und nickt.
„Du bist ein Glückspilz, weißt du das? Du hast mir viel zu viele Jahre voraus. Aber gut, wie heißt es doch so schön? Qualität vor Quantität.“
Er legt den Kopf schief und mustert Jake. Bilde ich es mir ein, oder ist dieser Blick ziemlich herausfordernd? Da ich keine Lust habe, zum Zankapfel der beiden Jungs zu werden, schiebe ich mich zwischen sie und sage: „Wo steckt dein Freund? Ich hab ihm noch nicht gratuliert.“
Danny löst seinen Blick von Jake und sieht mich an.
„Komm, suchen wir ihn.“
Er fasst nach meiner Hand und zieht mich mit sich. Ich wende mich zu Jake um, der ziemlich angepisst aussieht.
„Kommst du?“
Er zuckt mit den Schultern, trabt aber hinter uns her. Inzwischen glaube ich, es war wirklich keine gute Idee, ihn auf diese Party einzuladen. Ich lächele ihm zu, doch er beschließt offenbar, mich zu ignorieren, und schaut missmutig an mir vorbei.
Rob steht umringt von einer Schar Leute an der Bar und stößt gerade mit einem hübschen, dunkelhaarigen Mädchen an. Danny legt ihm die Hand auf die Schulter und er dreht sich zu uns um. Er sieht gut aus, hat etwas längere, dunkelblonde Haare, die lässig zerzaust sind, schöne grünblaue Augen und ein charmantes Lächeln.
„Rob, das ist Summer.“
Danny hat einen Arm locker um meine Taille gelegt, doch ich spüre seine Berührung durch meine Klamotten hindurch, als wäre ich nackt. Meine Haut glüht und mir ist heiß.
„Und das ist Jake.“
Dannys Stimme klingt versöhnlich und ich sehe ihn dankbar an. Er lächelt mir zu und ich fühle wieder dieses Kribbeln im Bauch.
„Hey, Summer. Jake. Schön, dass ihr da seid.“
Ich mag Rob irgendwie gleich gut leiden, er macht einen offenen, netten Eindruck.
„Hey. Danke für die Einladung. Und herzlichen Glückwunsch.“
Er winkt ab.
„Danke. Und klar, gar kein Thema.“
Er legt Jake die Hand auf die Schulter und nickt in Richtung Theke.
„Was wollt ihr trinken? Danny, machst du das? Ich glaube, ich muss da hinten kurz was helfen.“
Danny nickt.
„Gut, wir sehen uns nachher. Lasst es krachen, Leute.“
Ich sehe ihm nach, wie er sich zwischen den Leuten auf der Tanzfläche hindurchquetscht und aus unserem Blickfeld verschwindet. Irgendwie habe ich mir Dannys Leute anders vorgestellt. Nicht so normal und freundlich. Vielleicht sollte man doch nicht allzu viel auf Gerede geben.
„Was willst du trinken?“
Danny beugt sich zu mir herunter und ich sehe ihn an. Sein Arm liegt immer noch um meine Taille und er zieht mich ein klein wenig näher zu sich. Er riecht mal wieder so verboten gut, dass ich mich beherrschen muss, um meine Nase nicht in seinem Shirt zu vergraben. Gott! Vielleicht sollte ich auf die Toilette gehen und den Kopf unter den Wasserhahn stecken.
„Ich weiß nicht. Eine Cola?“
Danny sieht mich amüsiert an.
„Cola? Ach, Sommerröschen. Ich hol dir was.“
Er wendet sich an Jake.
„Kommst du mit?“
Jake zuckt mit den Achseln, folgt ihm aber. Ich sehe mich um, es ist höllisch voll in dem Raum, Rauchschwaden ziehen wie Schlieren durch die Luft und die Musik hämmert aus den Boxen. Das dunkelhaarige Mädchen steht noch an der Bar, und ich merke, dass sie mich ansieht. Ich wende mich unsicher zu ihr um. Sie ist definitiv eine Schönheit. Ich habe sie schon in Dannys Clique gesehen und sie saß damals mit ihm auf der Bank am See.
„Hi, du bist Summer, richtig? Ich bin Lexi.“
Sie mustert mich durchdringend und ich fühle mich plötzlich klein und hässlich.
„Ja, ich bin Summer. Hi.“
Ich sehe nervös in Richtung Danny. Lexi folgt meinem Blick.
„Heißer Typ, was?“
Ich nicke etwas beklommen.
„Mhm.“
Sie lächelt.
„Verbrenn dir nicht die Finger an ihm. Du wärst nicht die Erste, glaub mir.“
Sie nippt an ihrem Glas und ich fühle mich unwohl.
„Hab ich nicht vor.“
„Och, das hat keine, trotzdem passiert es immer wieder. Weißt du, ich kenne Danny schon eine Weile, er meint es nicht ernst. Ich will dich nur warnen.“
Ja, ganz bestimmt. Kommt mir eher so vor, als ob die gute Lexi mir Danny ausreden will. Ich sehe, dass Danny und Jake endlich ihre Getränke bekommen haben und sich uns nähern.
„Hier.“
Danny hält mir eine Flasche hin, in der eine apricotfarbene Flüssigkeit schimmert.
„Was ist das?“
„Ein Weincocktail. Schmeckt lecker. Nach Pfirsich. Keine Sorge, ist ziemlich harmlos.“
Er nimmt einen Schluck aus seiner Bierflasche und sieht mich dabei fast herausfordernd an. Denkt der etwa, ich traue mich nicht, Alkohol zu trinken? Oder will er mich abfüllen? Da hat er sich aber geschnitten. Ich greife nach der Flasche.
„Danke. Cheers.“
Danny nickt und wir stoßen miteinander an. Lexi und Jake mustern uns beide säuerlich, aber ich kann nicht aufhören, Danny anzuschauen. Die Art, wie er die Flasche an die Lippen setzt, wow. Überhaupt diese Lippen. Ich nehme hastig einen Schluck und versuche, woanders hinzuschauen. Ich weiß genau, dass er meine Blicke registriert, und auch, dass er genau das will.
Rob taucht wieder auf und winkt dem Typen hinter der Theke.
„Mach mal fünf Blue Lagoons.“
Ich umklammere meine Flasche und sehe unsicher zu Jake. Er redet mit Lexi und beachtet mich nicht weiter.
„Hier.“
Rob hält mir ein kleines Glas hin.
„Was ist das?“
Ich nehme es und schnuppere daran. Es riecht nach Kokos und Ananas.
„Ein Shot. Probier mal.“
Rob hebt sein Glas und stößt mit uns an. Ich nippe ein klein wenig an dem Getränk und stelle fest, es schmeckt nicht schlecht. Die anderen kippen die blaue Flüssigkeit in einem Zug hinunter, auch Lexi ist dabei. Ich will nicht doof dastehen und trinke mein Glas ebenfalls aus. Und das ist keine gute Idee. Der ungewohnte Alkohol brennt in meiner Kehle, ich muss husten und Tränen steigen in meine Augen. Rob klopft mir auf den Rücken. Alle lachen, bis auf Danny. Ich sehe unsicher zu ihm hoch, während mir immer noch Tränen in den Augen brennen. Er lächelt amüsiert, aber es ist ein warmes, fast zärtliches Lächeln. Jetzt dreht er sich um und klopft mit der Handfläche auf die Holztheke.
„Hey.“
Er deutet auf eine halb volle Wasserflasche und der Typ hinter der Bar reicht sie ihm. Danny schraubt sie auf und hält sie mir hin.
„Trink mal.“
Ich nehme dankbar einen Schluck, während Danny mich nicht aus den Augen lässt. Als ich die Flasche absetze, streicht er mir sanft eine Haarsträhne hinters Ohr.
„Geht’s wieder?“
Ich nicke beschämt und er lacht leise.
„Ist doch nicht schlimm.“
Er sieht die anderen an.
„Keine Shots mehr für Summer, klar? Ich brauch sie noch.“
Er sagt es leicht dahin, aber mein Herz stolpert heftig bei seinen Worten. Er ist süß. Ich merke, dass Rob uns mit einem breiten Lächeln betrachtet, und werde rot. Lexi dagegen lacht nicht mehr, im Gegenteil, sie durchbohrt mich mit giftigen Blicken.
Zum Glück gesellen sich ein paar Leute zu uns und keiner achtet mehr auf mein Missgeschick. Danny stellt mich und Jake seinen Freunden vor, und ich muss feststellen, dass sie alle nett sind. Sie sind anders als die Leute, die ich sonst so kenne. Vielleicht auch oberflächlicher, ich weiß es nicht. Aber auf jeden Fall viel netter, als ich gedacht hätte. Jake tippt mir auf die Schulter.
„Ich bin mal kurz weg, dort hinten sind ein paar Jungs aus meinen Vorlesungen.“
Er sieht immer noch nicht glücklich aus und ich drücke kurz seine Hand.
„Okay.“
Ich nippe an meinem Weincocktail, der wirklich lecker schmeckt. Ich bin keinen Alkohol gewohnt und merke, wie sich Wärme in meinem Magen ausbreitet. Das kann aber auch an Danny liegen, der die ganze Zeit neben mir bleibt und mich kaum aus den Augen lässt. Zwischen uns sprühen regelrecht die Funken, und ich muss zugeben, es fällt mir schwer, ihn auf Abstand zu halten.
Je mehr der Abend voranschreitet, desto ausgelassener wird die Stimmung. Jetzt drängt sich Rob in die Mitte des Raumes und springt auf einen Stuhl. Er ist ziemlich angeheitert und will eine Rede halten.
„Hey, Leute! Leute! Alle mal herhören!“
Er schwenkt eine Sektflasche und hält sie wie ein Mikrofon vor den Mund. Die Gäste stellen sich kreisförmig um ihn auf, und Danny schiebt mich vor sich, damit ich besser sehen kann. Ich bilde mir ein, seine Wärme zu spüren, so dicht steht er hinter mir. Ich höre Robs Worte, verstehe sie aber nicht, denn alles in mir ist auf Danny ausgerichtet. Noch nie habe ich so gefühlt und es macht mich glücklich und gleichzeitig fast starr vor Angst. Mein Herzschlag setzt aus, als ich Dannys Hände um meine Taille spüre. Er zieht mich sachte an sich und ich lehne mich an ihn. Fühle seinen Mund, der über meine Schläfe streicht. Ich schließe die Augen und lasse es zu, dass Danny seine Arme ganz um meine Taille legt und mich etwas fester hält. Am liebsten würde ich mich umdrehen und mich an ihn schmiegen. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mich zum letzten Mal so beschützt gefühlt habe. Ich schlucke. Ehrlich gesagt kann ich mich nicht erinnern, ob ich mich jemals so gefühlt habe.
Rob hat seine Ansprache beendet und springt mit einem Johlen von seinem Stuhl. Alle klatschen, doch Danny hält mich einfach weiter fest.
„Alles gut?“
Seine Samtstimme ist direkt an meinem Ohr. Ich nicke. Ed Sheerans „Thinking out loud“ erklingt. Es ist einer meiner Lieblingssongs.
„Ich mag dieses Lied“, flüstere ich.
Sein Atem streicht warm über meine Schläfe.
„Tanz mit mir“, murmelt er und ein Schauer durchflutet mich von Kopf bis Fuß. Danny umfasst meine Hand und zieht mich mit sich zur Tanzfläche. Nur eng umschlungene Pärchen bewegen sich zu der Musik und mein Herz klopft heftig in meiner Brust.
Dannys Arm liegt ganz leicht um meine Taille und wir sehen uns in die Augen. Ich weiß nicht, wo ich ihn anfassen soll; er merkt es und lächelt. Umfasst meine Hände und hält sie einen Moment lang in seinen. Ganz sanft nur, seine Finger spielen mit meinen, während wir uns zu der Melodie bewegen. Danny schiebt mich ein Stückchen von sich weg, um mich dann zu sich zu ziehen, dabei legt er meine Arme um seine Hüften und umfasst mit beiden Händen mein Gesicht. Er hebt es an, senkt den Kopf und seine Augen sind ganz nah vor meinen. Dunkle, samtene Augen. Geschmolzene Zartbitterschokolade. Wunderschön. Seine Daumen streichen über meine Wangen, dann lässt er die Arme sinken und legt sie um meine Taille. Er zieht mich dicht an seinen Körper, meine Hände gleiten von seinen Hüften zu seiner Brust. Alles an ihm fühlt sich so gut an. Unsere Blicke sind so miteinander verschmolzen, dass ich nicht mal mitbekomme, was sich neben uns abspielt. Es gibt nur Danny. Danny und diesen wunderschönen Song. Meine Hände gleiten in seinen Nacken, die Locken kringeln sich leicht unter meinen Fingern. Mein Herz zittert, diese Nähe zu ihm macht mir Angst. Und doch möchte ich in diesen Sekunden nirgendwo sonst auf der Welt sein als hier in seinen Armen. Ich weiß nicht, wie er es gemacht hat, aber er hat mich. Er weiß es, und ich weiß es auch. Ich lasse meinen Kopf leicht an seine Schulter sinken und schließe die Augen. Lasse mich einfach von ihm führen und halten. Ich bin sonst nicht der Typ, der das kann. Das konnte ich nie, weil nie jemand da war, der mich gehalten hätte. Ich musste immer alleine stehen und laufen. Aber bei Danny kann ich es. Alles ist bei ihm so anders.
Das Lied ist zu Ende, und ich möchte Danny sagen, dass er mich nicht loslassen soll. Aber natürlich tue ich es nicht. Stattdessen öffne ich die Augen und mein Blick trifft auf Jake, der am Rand der Tanzfläche steht und uns anschaut. Er sieht verletzt aus. Hastig löse ich mich von Danny, der mich prüfend ansieht. Dann folgt er meinem Blick und seine Miene verdunkelt sich. Ich versuche, ihn von mir wegzuschieben, doch er lässt mich nicht. Bittend sehe ich ihn an, er stößt einen frustrierten Laut aus, lässt mich aber los. Er schüttelt den Kopf und ich sehe unsicher an ihm vorbei. Ich möchte das so nicht. Ich will niemandem wehtun und weiß doch, das wird mir nicht gelingen.
„Es tut mir leid“, stammele ich, dann drehe ich mich um und dränge mich hastig zwischen den Tanzenden hindurch, die sich bereits wieder im Rhythmus eines schnelleren Songs bewegen. Meine Gedanken drehen sich wild im Kreis und ich fühle mich völlig durcheinander. Ich weiß nicht, was das ist, was ich für Danny empfinde, was aber mit jedem Tag stärker wird. Dann ist da Jake, der mir jahrelang so vertraut und nahe war. Der Kuss mit ihm kommt mir in den Sinn. Was empfindet Jake für mich? Mir dreht sich alles und ich bahne mir den Weg zu den Toiletten. Zum Glück ist außer mir niemand dort und ich lehne mich aufatmend gegen die Wand. Meine Wangen glühen. Ich drehe den Wasserhahn auf und spritze mir das kühle Nass ins Gesicht. Die Tür öffnet sich und zwei Mädchen betreten den Raum. Die eine ist ausgerechnet Lexi. Die andere heißt Desiree, Danny hat sie mir vorgestellt. Die beiden sehen mich neugierig an. Desiree tritt neben mich.
„Summer? Alles okay? Ist dir schlecht?“
Ich betrachte mich im Spiegel.
„Nein. Alles okay.“
Ich lächele ihr zu. Sie scheint nett zu sein. Lexi lehnt an der Wand und schaut mich abschätzend an.
„Macht Danny dich jetzt schon fertig? Na, dann warte mal ab.“
Desiree verzieht das Gesicht.
„Jetzt lass doch. Mein Gott.“
Sie wendet sich ab und betritt eine der Toilettenkabinen. Kaum ist sie drin, schiebt Lexi sich neben mich.
„Ehrlich, ich hab nichts gegen dich, aber denkst du echt, Danny will was von dir? Ich meine, wirklich?“
Ja, wenn ich das wüsste.
„Keine Ahnung, frag ihn doch, wenn es dich interessiert.“
Sie zieht die gezupfte Braue hoch.
„Er hat eigentlich einen ziemlich guten Geschmack. Deshalb, also … na ja.“
Dieses „Na ja“ klingt beleidigender, als wenn sie mich beschimpfen würde. Meine Hände zittern, und ich würde ihr gerne etwas Passendes sagen, doch natürlich fällt mir nichts ein. Sie lehnt sich ans Waschbecken.
„Warum machst du nichts mit deinen Haaren? Die sind nicht schlecht, aber du könntest sie ein bisschen stylen. Dann sähe das viel besser aus.“
Ihre grünen Katzenaugen mustern mich herablassend.
„Ich mag es so.“
Ich habe keinen Nerv für sie, drehe mich um und verlasse den Waschraum. Ich muss ein wenig frische Luft schnappen. Kaum betrete ich den Vorraum, steht Jake neben mir.
„Summer, warte.“ Er sieht immer noch wütend aus. „Na, alles okay?“
„Sicher. Jake, hör mal …“
Er winkt ab.
„Ach komm, du musst mir nichts erklären, ich hab Augen im Kopf. Weißt du, was ich nicht kapiere? Du bist ein kluges Mädchen, aber wenn es um diesen Typen geht, bist du offenbar genauso dumm wie alle anderen auch.“
Ich sehe ihn an, es tut mir weh, was er sagt.
„Vielleicht täuschst du dich in Danny.“
Er lacht.
„Na klar. Bestimmt, so wird es sein. Er wird dir wehtun, wird dich benutzen und dich danach abservieren wie all seine anderen Schnecken auch. Aber bitte, mach nur. Das ist sicher genau das, was du im Moment brauchst.“
Er schüttelt den Kopf und starrt mich missmutig an. Ich sehe in seine blauen Augen, sehe das wütende Funkeln darin, und mir wird klar, er ist eifersüchtig. Er ist tierisch eifersüchtig auf Danny. Da ist nicht nur der Wunsch, mich vor Schaden zu bewahren. Er ist schlicht und einfach außer sich vor Eifersucht. Ich ziehe hilflos die Schultern hoch. Ich will das nicht.
Lexi und Desiree erscheinen hinter uns in der Tür, und während Desiree weitergeht, bleibt Lexi stehen. Sie lächelt Jake zu und legt eine Hand an seinen Arm.
„Jake? Hast du Bock zu tanzen?“
Er sieht überrascht aus, doch dann nickt er, wendet sich ab und lässt mich stehen. Lexi sieht mich eisig an und läuft dann hinter Jake her, der sich zu ihr umdreht. Sie schiebt ihre Hand in seine und die beiden verschwinden im Gedränge. Ich atme tief durch, brauche dringend frische Luft.
Ich verlasse das Clubhaus und trete nach draußen in die Nacht. Ruhig ist es hier auch nicht, überall stehen Grüppchen zusammen, reden und lachen. Knutschende Pärchen drücken sich in den Ecken herum. Ich laufe ein Stück weiter und lehne mich aufatmend an die Mauer. Was für ein Chaos. Ich lege den Kopf an die Wand, schließe die Augen und bleibe einfach so stehen. Leichter Wind streicht über meine erhitzten Wangen und ich schlinge die Arme um meinen Oberkörper. Es ist kühl geworden. Als sich jemand neben mich stellt, dauert es nur Sekunden, und ich weiß mit geschlossenen Augen, wer das ist. Seine Präsenz ist einfach unglaublich. Jede einzelne Nervenzelle in meinem Körper scheint auf ihn zu reagieren.
Ich öffne die Augen und sehe Danny an, der neben mir an der Wand lehnt. Jetzt wendet er sich mir zu und der Ausdruck in seinen Schokoladenaugen ist unergründlich.
„Alles okay?“
Ich blinzele leicht.
„Geht so. Du hättest nicht rauskommen müssen.“
„Hätte ich nicht. Ich mag es nur nicht sonderlich, wenn du allein hier draußen bist.“
Er zuckt mit den Achseln und ich muss lächeln. Gleichzeitig drängt sich mir der Gedanke auf, dass es Jake offenbar egal ist, ob ich alleine draußen bin oder nicht.
„Warum lässt du dich von ihm so fertigmachen? Du weißt, dass du nichts Falsches tust. Wir tun nichts Falsches.“
Ich zucke zusammen. Es ist nicht Dannys Art, die Dinge nicht beim Namen zu nennen.
„Ich lasse mich nicht fertigmachen.“ Ich weiche seinem Blick aus. „Es ist nur … es ist schwierig zu erklären. Du kennst mich nicht, Danny.“
Meine Stimme klingt leise und ich fühle seinen Blick fast körperlich.
„Dann sollten wir das vielleicht ändern.“
Ich hebe den Kopf und ziehe fragend die Schultern hoch.
„Warum tust du das alles? Warum ich? Ich meine, sieh mich doch an. Ich kapier es nicht.“
Er nickt und grinst dieses leicht spöttische Lächeln.
„Das ist ziemlich offensichtlich, dass du es nicht kapierst.“
Er löst sich von der Wand und tritt dicht vor mich. Stützt die Hände links und rechts von meinem Kopf ab und sieht mir direkt in die Augen.
„Warum nicht du, Summer? Nenn mir einen plausiblen Grund.“
„Weil …“, fange ich an und breche überfordert ab. Es macht mich verrückt, wenn er so nah bei mir ist. Ich möchte mich an ihn lehnen, ihn spüren. Seine Haut fühlen. Seinen Duft tief in mir aufnehmen.
„Weil?“
Er beugt sich näher zu mir, sein Atem streift meine Wange.
„Sieh dich doch an. Und sieh mich an. Vielleicht fällt dir was auf“, flüstere ich.
Meine Stimme zittert. Dannys Augen verengen sich.
„Ich sehe dich an. Aber offenbar sehe ich etwas vollkommen anderes als du, wenn du dich anschaust.“
Ich lehne frustriert den Kopf gegen die Wand. Er will es nicht verstehen.
„Dann bist du blind, wenn du nicht sehen kannst, was ich sehe, wenn ich uns beide zusammen betrachte.“
Er lächelt, doch seine Augen bleiben ernst.
„Selbst wenn ich blind wäre, würde ich dich sehen.“
Mein Herz hämmert wie verrückt. Gott, er macht es einem nicht leicht. Wieso sagt er solche Dinge? Er sieht mich aufmerksam an.
„Das sind all deine Argumente gegen dich und mich, kleine Rose? Ziemlich schwach, würde ich sagen.“
Der Ausdruck in seinen Augen steht im krassen Gegensatz zu seinen provozierenden Worten. Sein Blick ist weich, fast zärtlich und lässt meinen Blutdruck in astronomische Höhen schnellen. Sein Mund ist ganz nah vor meinem. Viel zu nah. Viel, viel zu nah. Danny …
Ich versinke in diesen Augen, in dieser leise flackernden Zärtlichkeit. Ich möchte ihn küssen. Möchte mich verlieren in dem, was ich für ihn empfinde. Wünsche mir, dass er mich hält. Und das Schlimmste ist, ich weiß, dass er es tun würde. Für heute würde er das tun. Aber was wäre morgen? Ich wünsche mir so sehr, ihm nahe zu sein, dass es wehtut. Und doch werde ich diesem Wunsch nicht nachgeben, weil ich solche Angst habe. Davor, wie es sein wird, wenn der Zauber der Nacht dem Tag weichen muss. Wenn ich merke, dass ich nicht das für Danny sein kann, was er vielleicht für mich wäre.
Seine Lippen sind verboten schön. Das Braun seiner Augen warm und verlockend. Alles an mir sehnt sich mit einer solchen Intensität nach ihm, dass mir ganz schwindlig wird. Verzeih, Danny. Ich bin nicht das, was du willst. Du irrst dich in dem, was du glaubst, zu sehen.
„Ich … mir ist kalt, ich gehe wieder rein.“
Ich tauche unter seinem Arm hindurch und stürme in Richtung Eingang. Drinnen stehe ich unschlüssig da, dann kämpfe ich mich zur Theke durch und lasse mir ein Bier geben. Ich weiß selbst, dass das keine gute Idee ist. Aber ich will nicht mehr über all das nachdenken. Will diese Gefühle für Danny verdrängen. Will das vergessen, was tief in mir schmerzt.