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02. Dezember 2015 - Zarifa: vor dem Herrenhaus - Erste Hilfe
ОглавлениеNervös hielt Doktor Scott die versiegelte Plastikverpackung mit der Aufschrift „The Emergency Bandage“ in der Hand. Sein medizinischer Helfer stand bereits mit seiner Medikamententasche neben ihm. Doch der restliche Inhalt des Arztkoffers war zunächst wenig hilfreich, das konnte Scott deutlich von Weitem sehen. Stattdessen hatte er bereits den neuen Spezialverband herausgesucht, der nicht nur steril war, sondern gleichzeitig eine Wundauflage, sowie eine Vorrichtung enthielt, die die Blutstillung durch Kompression ohne weitere Hilfsmittel ermöglichte. Der umgangssprachlich, aufgrund des Herkunftslands seines Erfinders, als „Israeli Bandage“ bezeichnete Wundverband war das Neueste auf dem Markt in Sachen Erstversorgung von stark blutenden Wunden und wird vom Militär in Kriegsgebieten für Schussverletzungen eingesetzt. Mit anderen Worten: genau das Richtige für eine Situation wie diese - mit dem Unterschied, dass wohl niemand gedacht hatte, das sonst so friedliche Zarifa mit einem Ort kriegerischer Auseinandersetzungen gleichzusetzen.
Der Arzt hatte eben noch den Sohn des Scheichs auf die Schwere der Verwundung seines Vaters hingewiesen. Es war unübersehbar, dass das mehr schlecht als recht um die Eintrittswunde am Oberschenkel gewickelte T-Shirt so gut wie nichts bewirkte. Der Stoff von Rayans Hose war bereits komplett durchtränkt. Wenn nicht auf der Stelle jemand etwas tat, konnte er für nichts mehr garantieren.
Wie in Trance nahm der Mediziner die nachfolgenden Ereignisse war: Den vergeblichen Versuch des jungen Kriegers Aleser, den Angreifer mit seiner Armbrust zu erledigen. Die erneuten Schüsse aus derselben unheilvollen Waffe, die den Tarmanen daraufhin in die Brust trafen. Dann das Dröhnen vieler Waffen auf einmal, die diesen Skorpion förmlich durchsiebten. Scott bliebe keine Zeit, weiter über die grausige Szene nachzudenken, denn in diesem Moment hörte er den Befehl: „Stopp. Feuer einstellen! Das reicht. Er ist tot!“
Er wartete nicht ab, ob alle den Worten Folge leisteten, stattdessen konzentrierte er sich nur auf sein Ziel: das Stoppen der Blutung. Hier ging es nun wirklich um Sekunden!
Scott sprang nach vorne, und zu seinem Glück verstummten da auch schon die Waffen der Tarmanen, sodass er nicht mehr Gefahr lief, vom eigenen Feuer erwischt zu werden.
In Sekundenbruchteilen hatte er die Lage der Einschusswunde analysiert und war erleichtert, dass sie sich nicht unmittelbar im Bereich des Gelenks befand, was die Kompression erschwert hätte, sondern relativ in der Mitte des Oberschenkels war, sodass die Emergency Bandage gut angelegt werden konnte. Wie er befürchtet hatte, war die Arteria femoralis, die Oberschenkelarterie, direkt getroffen worden. Da er auf der hinteren Seite des Beines eine Austrittswunde ertasten konnte, hatte das Geschoss vermutlich einen Teil des Gefäßes mit herausgerissen. Er würde also eine künstliche Verbindung schaffen müssen.
Mit geschickten Handgriffen legte er die Notfallbandage an und aktivierte die Wundpresse. Kaum war das Bein somit erstversorgt, legte er eine Infusion in die Armbeuge des Scheichs. Sein Helfer hielt den Beutel mit Infusionslösung, die das Risiko eines möglichen hämorrhagischen Schocks aufgrund des durch den schweren Blutverlust verminderten Blutflusses zumindest reduzieren sollte.
Schon jetzt außer Atem gab er Zeichen, den Reglosen auf die Trage zu heben. Dann eilte der gesamte Tross - so zügig das möglich war - in Richtung des Krankenhauses.