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1936 - Zarifa: Großes Tal - Gebot der Gastfreundschaft

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Rabia überprüfte noch einmal den Sitz ihrer Kleidung, vom weiten Obergewandt, das ihren Bauch noch gut kaschierte, bis hin zu ihrem Kopftuch. Sie hatte den sackähnlichen Schnitt der für Frauen in diesen Tagen hier üblichen Bekleidung bisher immer verabscheut, doch im Moment war sie froh darüber. Denn es war von essenzieller Wichtigkeit, dass seine Exzellenz als Erster die Nachricht erfuhr. Nicht auszudenken, wenn sich ihre Schwangerschaft herumspräche und ihm über Dritte zu Ohren käme! Jede Chance, dass er das Kind als seines anerkennen würde, wäre dahin. Somit fühlte sie sich zwar noch immer ganz schwach vor Angst, doch mischte sich mittlerweile ein wenig Erleichterung dazu. Zumindest die Sorge, dass jemand anderer die Wahrheit zu früh ahnen könnte, war sie bald los.

Als sie die Schwelle zum Herrenhaus überschritt, schlug ihr Herz derart laut in ihren Ohren, dass sie glaubte, alle Welt müsse es hören können.

Wie würde das Wiedersehen sein? Seit sie sich so nahe gewesen waren, hatte es keine Gelegenheit mehr gegeben, noch einmal mit ihrem Liebhaber zu sprechen. Direkt am folgenden Morgen war er zu einer mehrwöchigen Reise aufgebrochen und nach seiner Rückkehr hatten ihn die geschäftlichen Belange in Beschlag genommen. Zumindest hoffte sie, dass es so war, und dass der Grund warum er ihre Bitte um Audienz immer wieder verschoben hatte, keine Ausrede gewesen war.

Würde er sie vielleicht zu sich in seine Privatgemächer einladen? Allerdings ging es seiner ersten Ehefrau inzwischen gesundheitlich viel besser - wusste diese von ihr?

Und was sollte sie tun, wenn er ihre Beziehung nicht offiziell bestätigen würde? Wenn er sie lediglich als seine Konkubine behalten wollte? Könnte sie mit dieser Kränkung leben?

Rabia zwang sich, die vielen Fragen, die ihr durch den Kopf schwirrten und sie immer nur noch mehr verwirrten, auszuschalten und sich zu konzentrieren.

Schon öffnete ein Bediensteter vor ihr die Tür zur Bibliothek und gab ihr den Weg frei, um einzutreten. Als sie ihren Geliebten an seinem Schreibtisch sitzend erblickte, machte ihr Herz einen Freudensprung. Wie schön war es, ihn wiederzusehen - ihm erneut nahe zu sein, wenn auch nicht im gleichen Sinne wie damals. Sie lächelte erfreut, blieb im angemessenen Abstand stehen und wartete, bis er ihr seine Aufmerksamkeit zuwandte.

Doch als er nach unendlich langer Zeit schließlich von seinen Unterlagen aufblickte, gefror ihr Lächeln und sie hielt den Atem an. Denn in seinen Augen sah sie nichts als Reserviertheit und Distanz - der höfliche Blick, dem man einem Fremden zuwarf, dessen Anwesenheit man allenfalls duldete, weil es die Gastfreundschaft gebot.

Rayan - Das Blut Von Zarifa

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