Читать книгу Liebe ist kein Honigbrot - Iris Bulling - Страница 14
Kapitel 12
ОглавлениеEs war kurz vor 16.00 Uhr, als sie in Babs` Zimmer waren.
„Möchtest du `ne Cola?“ fragte Babs und öffnete die Kühlschranktür. Sie holte eine Flasche Cola heraus und stellte zwei Gläser auf den Tisch.
„Ich weiß nicht, was wir zu besprechen hätten“, meinte sie dann achselzuckend, „aber ich glaube, ich bin ganz froh, nicht alleine zu sein.“
Steffi suchte nach den passenden Worten.
„Du bist nicht allein“, meinte sie schließlich. „Diese Situation sollte an unserer Freundschaft nichts ändern. Birgit leidet da wirklich auch sehr drunter.“
Babs lachte böse.
„Du stehst natürlich auf Birgits Seite. Die arme, schöne Birgit, die an jedem Finger zehn Verehrer hat. Aber sie kann ja nichts dafür!“
„Bitte, Babs, werde nicht ungerecht. Du weißt selbst, wie schwer sie sich mit Beziehungen tut. Seit ihr Vater sich nach dem Tod ihrer Mutter so schnell getröstet hat, ist sie sehr misstrauisch gegenüber Männern geworden. Und im Grunde genommen traut sie auch Henno nicht wirklich. Aber er scheint sehr beharrlich zu sein und sie kommt mit ihren Gefühlen nicht dagegen an.“
„Wie sind die zwei überhaupt zusammen gekommen? Im letzten Semester hatte sich da doch noch nichts abgespielt, oder habe ich das bloß nicht mitgekriegt?“
Steffi erzählte, was sie von Birgit gehört hatte. Als sie geendet hatte, verfielen sie beide in grüblerisches Schweigen. Irgendwann setzte Steffi wieder an:
„Irgendwie hat er eine ganz ungewöhnliche Art. Er ist zu allen so herzlich, dass man das Gefühl hat, bei ihm die erste Geige zu spielen. Sogar jetzt, wo er ganz klar zu verstehen gibt, dass er mit Birgit zusammen ist.“
„Wie meinst du das?“
Es fiel ihr schwer das näher zu erläutern. Aber schließlich beschloss sie ganz offen zu Babs zu sein. Immerhin fraß sie auch einiges in sich hinein und hatte zuweilen das Gefühl, platzen zu müssen.
„Das war schon so, als du ihn damals mitgebracht hast in die Studiosusklause. Ich habe ja nicht so viel mit ihm gesprochen, aber trotzdem - wie soll ich mich ausdrücken – also ich hatte auch das Gefühl, dass er mich ernst nimmt. Eigentlich ist mir gar nicht aufgegangen, dass du in ihn verliebt sein könntest. Darauf hat erst Birgit mich gebracht.“
„Sie hat das also damals schon bemerkt? Und trotzdem fängt sie was mit ihm an?“
„Aber so war es doch nicht! Sie sagte damals schon zu mir, dass er wohl mit Vorsicht zu genießen sei, eben weil er zu allen so herzlich war. Konrad fand ihn übrigens von Anfang an unmöglich.“
„Konrad zählt nicht. Der fühlt sich als Hahn im Korb und hat Angst, dass jemand ihm diese Rolle abspenstig machen könnte!“
Jetzt musste Steffi lachen. Es stimmte, dass Konrad sich als guter Kumpel bei allen Mädchen unentbehrlich machte, aber vor anderen spielte er gerne auch den erfolgreichen Frauenhelden, was eher belustigt zur Kenntnis genommen wurde. Keine von ihnen hätte ihn jemals als ernsthaften Partner ins Auge gefasst.
„Okay, lassen wir Konrad außer Acht.“ Schnell wurde sie wieder ernst. „Babs, was ich niemanden merken lassen wollte, vor allem Birgit nicht, ist – ich weiß gar nicht, wie ich es sagen soll – also – mir ging es eigentlich wie dir!“
Babs runzelte die Stirn. „Was soll das denn heißen?“
„Mein Gott, ist das denn so schwer zu verstehen? Also – ich habe ihn gesehen und war fasziniert. Und nach diesem Abend – ja, ich hätte ihn gerne näher kennen gelernt. Aber Birgit hat mir schnell klar gemacht, dass er kein Mann zum Verlieben ist.“
„Entschuldige, Steffi, aber im Moment kapiere ich überhaupt nichts. Du bist doch mit Volker zusammen!“
„Natürlich, und ich mag ihn auch sehr gerne. Volker gibt mir unheimlich viel. Es macht mich glücklich, dass ihr alle ihn mögt und er sich in unserer Clique so wohl fühlt. Er wird auch von meinen Eltern voll akzeptiert und meine Mutter stellt deutlich weniger Ansprüche an mich als vorher. Ich wollte dir doch nur deutlich machen, wie gut ich dich verstehen kann. Als ich erkennen musste, dass Birgit mit Henno zusammen ist, kam ich mir ebenfalls – verraten, ja, so kann ich das ausdrücken – verraten kam ich mir vor.“
„Du erwartest aber nicht, dass ich dich jetzt bemitleide“, meinte Babs etwas süffisant. „Ich denke, du bist in einer sehr angenehmen Position. Selbst wenn du eine Schwäche für ihn entwickelt hast, hat das doch niemand bemerkt, im Gegensatz zu mir hast du dich also nicht lächerlich gemacht. Auch stand gleich das Trostpflaster vor der Tür. Alle halten Volker und dich für ein glückliches Pärchen!“
Etwas beschämt senkte Steffi den Kopf. Sie war so aus sich herausgegangen, hatte versucht ihr Gefühl zu erklären, doch sah sie selbst ein, dass Babs sich in einer ganz anderen Rolle befand.
„Entschuldige“, sagte sie schließlich, „du hast dich doch nicht lächerlich gemacht! Babs, wir alle schätzen dich so sehr, und du hast doch eigentlich auch nur mir gegenüber deine Gefühle offen gelegt. Wieso meinst du bloß, du hast dich lächerlich gemacht?“
„Du hast mit Birgit darüber gesprochen. Es war doch sicherlich kein Zufall, dass ihr mich ständig in die Disco schleppen wolltet?“
„Stimmt, wir wollten, dass du wieder auf andere Gedanken kommst, aber auch, dass du merkst, wir sind für dich da.“
„Ach Steffi, lass gut sein. Wir werden weiterhin zusammen arbeiten und bestimmt auch die eine oder andere Fete haben, uns in der Studiosusklause treffen – trotzdem möchte ich nicht mit Henno zusammenkommen. Schließlich ist die Stadt groß genug, dass man sich nicht ständig übern Weg laufen muss. Falls Birgit das Bedürfnis hat, mit uns zusammen zu sein, geht das sicherlich auch ohne ihn. Und wie du damit umgehst, ist mir ehrlich gesagt egal.“
Steffi wollte noch etwas erwidern, da fiel ihr plötzlich ein, dass Volker ja noch zu ihr kommen wollte.
„Ich muss gehen“, sagte sie hastig. „Babs, ich wünsche mir so sehr, dass sich nichts zwischen uns ändert.“
Babs hatte ihre burschikose Art wieder gefunden.
„Zwischen uns ist doch nichts anders“, meinte sie grinsend. „Das wäre wirklich schlimm, wenn er mir auch noch meine Ur-Freundschaften kaputt gemacht hätte. Außerdem empfindest du dich als Leidensgenosse!“
Machte sie sich jetzt über sie lustig? Steffi war sich nicht sicher, wie sie Babs Verhalten zu deuten hatte, doch wenigstens waren die Wogen einigermaßen geglättet. Rasch verabschiedete sie sich und eilte zu ihrem Polo.
Als sie nach Hause kam, sah sie gleich, dass Volkers Auto in der Straße stand. Sie warf einen Blick auf Birgits Fenster, aber da kein Licht zu sehen war, konnte sie davon ausgehen, dass diese nicht da war und so vermutete sie ihn in der Studiosusklause. Also ging sie zuerst dorthin.
Tatsächlich saß er an einem Tisch mit Konrad, Petra und einigen anderen und unterhielt sich offensichtlich gut gelaunt. Innerlich atmete Steffi auf, da sie schon befürchtet hatte, er wäre sauer, weil sie nicht wie versprochen zu Hause war. Außerdem verspürte sie plötzlich einen Anflug von Dankbarkeit, dass er sich so toll in ihren Freundeskreis einfügte. Sich plötzlich zwischen Freunden und Geliebtem entscheiden zu müssen stellte sie sich furchtbar vor.
Sie ging zu dem Tisch, legte die Arme von hinten um seine Schultern und drückte ihm einen Kuss auf die Backe. Er drehte sich um und strahlte sie an.
„Da bist du ja endlich!“
„Ich hatte mit Babs noch etwas zu besprechen. Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat.“
„Ja, wäre nicht so schön gewesen, wenn ich alleine lange auf dich hätte warten müssen, aber zum Glück gibt es ja genug nette Leute“, dabei zwinkerte er Petra zu, „die einem die Zeit verkürzen.“
Steffi nahm es zur Kenntnis und erinnerte sich schlagartig, dass bei Babs` Party damals auch Petra ihn „getröstet“ hatte. War ihr da etwas entgangen? Doch Volker rückte auf der Bank etwas zur Seite und sorgte so für einen zusätzlichen Sitzplatz.
„Trinkst du auch noch was? Dann kann ich in Ruhe mein Bier zu Ende genießen.“
Sie nickte und bestellte sich ein Glas Wein. Dann versuchte sie die fröhliche Stimmung im Kreise der Kommilitonen zu genießen, bis Konrad unvermittelt fragte:
„Ist Babs schon nach Hause gefahren? Sonst sitzen wir doch immer zusammen am ersten Abend.“
„Ihr war heute nicht so danach. Es gibt ja noch mehr Abende“, sagte Steffi schnell und wollte das Thema wechseln, aber da fiel Petra ein:
„Birgit macht sich auch rar. Man hat sie nur heute Mittag kurz gesehen.“
„Du hast doch mitgekriegt, dass sie Probleme mit dem Englisch-Seminar hatte“, versetzte Steffi gereizt.
„Na ja, schon ….“
„Dann akzeptiere doch einfach, dass ihr heute nicht nach geselligem Zusammensein ist!“
„Vielleicht sind wir ihr jetzt auch nicht mehr gut genug“, feixte Konrad. „Immerhin hat sie ja einen Neuen.“
Steffi warf ihm einen bösen Blick zu und wollte schon zu einer heftigen Antwort ansetzen, da spürte sie Volkers Hand auf ihrem Knie.
„Es wird sicher immer häufiger vorkommen, dass der eine oder andere keine Zeit hat“, erwiderte er an ihrer Stelle ruhig. „Schließlich wird die Arbeit nicht weniger.“
„Konzentrieren wir uns lieber auf das nächste Ereignis“, schlug jemand vor. „Lasst uns mal überlegen, wie wir in den 1. Mai kommen!“
An der folgenden Diskussion beteiligte Steffi sich nicht mehr. Sie war froh, als Volker ihr zuflüsterte: „Gehen wir noch zu dir?“
Sie verließen das muntere Häufchen als erste. Händchenhaltend gingen sie die kurze Strecke zu Steffis Haus. Birgit war noch immer nicht da, aber Steffi wollte jetzt auch lieber allein sein mit Volker.
Als er sie in ihrem Zimmer gierig küsste, gab sie ihm sofort nach, wobei sie zwar nicht die große Leidenschaft empfand, aber nach den Vorfällen der letzten Tage sich immer wieder einhämmerte: „Er ist das Beste, was mir passieren konnte. Die große Liebe auf den ersten Blick gibt es sowieso nicht.“