Читать книгу Liebe ist kein Honigbrot - Iris Bulling - Страница 15
Kapitel 13
ОглавлениеSteffi sah Birgit erst am nächsten Abend wieder, als sie von ihrer letzten Vorlesung nach Hause kam. Sie hatte gerade ihre Tasche neben den Schreibtisch gestellt, da klopfte es an ihrer Tür und sie streckte den Kopf herein.
„Hast du Zeit?“
„Klar, komm ruhig herein.“
Steffi holte etwas zu trinken aus dem Kühlschrank und stellte zwei Gläser auf den Tisch.
„Und? Hast du Mr. Brown gestern noch erwischt?“
„Ja. Wahrscheinlich kann er mich noch unterbringen. Aber vor allem hat er mich auf eine gute Fährte gesetzt. Ich werde in den Semesterferien in Cornwall in einem Feriencamp als Betreuerin arbeiten und meine Erfahrungen in meiner Zulassungsarbeit auswerten. Dann bin ich im nächsten Semester automatisch bei ihm.“
„O, das hört sich gut an!“
„Ja, und es wird auch finanziert. Anschließend kann ich eine Rundreise machen und noch mehr vom Land kennen lernen.“
„Das ist ja wirklich interessant! Hast du heute auch schon irgendwen von unseren Leuten getroffen?“
„Ehrlich gesagt habe ich versucht es zu vermeiden. Nach unserem Gespräch mit Babs gestern war mir nicht so nach dieser Gesellschaft. Ich muss erst einmal mit mir selbst ins Reine kommen.“
„Letzte Nacht habe ich gar nicht gemerkt, wann du nach Hause gekommen bist.“
„Konntest du auch nicht, weil ich bei Henno übernachtet habe. Ich bin erst heute kurz vor dir hierher gekommen.“
Steffi nippte an ihrem Glas.
„Ich hatte gestern noch ein längeres Gespräch mit Babs.“
„Ja? Hat sie sich wieder beruhigt?“
„Nicht direkt. Es hat sie schon sehr getroffen und sie möchte Henno nicht wieder sehen. Aber den Kontakt mit dir stellt sie nicht infrage.“
„Das ist ja immerhin schon etwas“, lachte Birgit ironisch. „Sie läuft also nicht weg, wenn sie mich sieht?“ Dann wurde sie ernst. „Weißt du, Steffi, ich frage mich wirklich, was ich falsch gemacht haben soll. Wir hatten eine tolle Zeit in einer tollen Clique, aber ich habe das Gefühl, für mich beginnt eine neue Ära, und dafür bin ich niemandem Rechenschaft schuldig. Was für mich die wichtigste Sache dabei ist – nun, ich hoffe, dass unsere Freundschaft nicht zu Schaden kommt.“
„Aber Birgit, wir gehen schon so lange durch dick und dünn! Dass unsere Freundschaft mal in die Brüche geht ist für mich unvorstellbar.“
„Nun, das beruhigt mich. Ich gebe mich keinen Illusionen hin. Babs ist die Seele unserer Clique und ich habe sie enttäuscht. Auf wessen Seite werden sich die anderen stellen, wenn sie es mitkriegen?“
Unter diesem Aspekt hatte Steffi die Situation noch nicht betrachtet. Sie war viel zu sehr mit ihren eigenen und eigentlich kaum nachzuvollziehenden Gefühlen beschäftigt gewesen. Beschämt dachte sie an Babs` Worte von der angenehmen Position, in der sie sich befand.
„Übrigens“, fuhr Birgit fort, „hast du schon etwas geplant für den 30. April?“
„Das kam gestern Abend noch zur Sprache, aber ich war etwas abgelenkt. Ich kann dir nicht genau sagen, was die anderen vorhaben. Die Rede war, glaube ich, von Maibaumaufstellung und anschließendem Tanz.“
„Okay, ähnlich wie letztes Jahr. Ich lade dich und Volker ein zu einer Vernissage, die Olaf gemeinsam mit einigen Kunststudenten in der Scheune am Baggersee hat, musikalisches Programm von der Musikhochschule inklusive. Anschließend wird gegrillt und sicherlich auch getanzt.“
„Oh, das klingt zweifellos interessanter. Also, ich bin gleich dabei! Allerdings müsste ich Volker noch fragen. Er war, glaube ich, von dem anderen Vorschlag auch recht angetan.“
Birgit nickte.
„Ich nehme es euch auch nicht übel, wenn ihr lieber mit den anderen feiert. Aber für mich gibt es keine Alternative. Mit Henno kann ich nicht dabei sein – und ohne ihn habe ich keine Lust. Trotzdem – überlege dir gut, wofür du dich entscheidest. Ich möchte nicht, dass deine Beziehung zu der Clique einen Riss bekommt!“
„So dramatisch wird das schon nicht sein“, lachte Steffi. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand es uns übel nimmt, wenn wir etwas anderes vorhaben!“
Birgit zuckte nur die Schulter und meinte:
„Ich freue mich natürlich, wenn ihr mit uns kommt.“
Gegen halb neun kam Volker. Steffi überfiel ihn gleich mit dem Programm für den letzten Apriltag, aber sie stieß keineswegs auf Gegenliebe.
„Wir haben bei den anderen doch schon zugesagt. Konrad wollte für den Abend einiges organisieren und musste die Anzahl derer wissen, die mitmachen.“
„Wie kann das sein? Ich habe mich noch gar nicht festgelegt gestern.“
„Du warst mit den Gedanken wohl woanders. Aber ich habe uns eingetragen.“
„Was? Ohne mich zu fragen?“
„Steffi, du warst doch dabei! Wenn es dir nicht gepasst hätte, hättest du nur was sagen müssen.“
Sie schwieg verstimmt und versuchte sich zu erinnern. Es stimmte, sie hatte gar nicht mehr richtig zugehört, aber war da wirklich schon eine Entscheidung gefordert worden?
„Ach Volker“, meinte sie schließlich. „Ich sehe Konrad morgen bestimmt im Seminar und werde das rückgängig machen. Mir liegt sehr daran, dass wir diesen Abend mit Birgit und ihren Freunden verbringen.“
„Ich finde das schade“, gab Volker zurück. „Es wäre bestimmt lustig geworden mit der Clique. Ehrlich gesagt, Birgits Freund sagt mir nicht so zu. Ich finde, der ist ganz schön arrogant. Willst du es dir nicht noch einmal überlegen?“
Steffi nagte an der Unterlippe. Mit Widerstand von Volkers Seite hatte sie gar nicht gerechnet.
„Ich hatte mich so auf einen Abend mit Birgit gefreut“, maulte sie schließlich. „Immerhin haben wir uns längere Zeit nicht mehr gesehen.“
„Wir könnten doch die Vernissage besuchen und anschließend zum Albrechtplatz fahren“, schlug Volker vor. „Die Maibaumaufstellung müssen wir ja nicht unbedingt miterleben.“
So ganz war das nicht in ihrem Sinn, doch der Kompromiss kam ihr doch recht vernünftig vor und sie wollte Volker auch nicht zu sehr vor den Kopf stoßen.
„Okay, so können wir es machen“, sagte sie zögerlich. „Aber ich möchte auch wieder mal was mit Birgits neuen Freunden unternehmen.“
„Da gibt es bestimmt noch genug Gelegenheiten“, erwiderte er leichthin. „Aber vernachlässige nicht deine alten Freunde. Es ist nicht gut, wenn du dich zu sehr an Birgit hängst.“
„Was willst du denn damit sagen?“ brauste sie auf. „Sie ist immerhin meine beste und älteste Freundin!“
„Das weiß ich und ich akzeptiere das auch. Doch im Moment geht sie ihre eigenen Wege. Ich weiß nicht, ob es auf Dauer gut für dich ist, wenn du ihretwegen alle anderen aufgibst.“
„Das will ich doch gar nicht!“
„Natürlich nicht. Aber dann solltest du ihnen auch nicht ausweichen oder ausflippen, wenn das Gespräch auf Birgit kommt. Es ist doch klar, dass die anderen interessiert, weshalb man sie kaum noch sieht. Immerhin betrachten sie sich als ihre Freunde und haben bisher viel mit ihr zusammen unternommen.“
Steffi seufzte.
„Es ist nicht so einfach. Birgit hat Babs gesagt, wer ihr Freund ist, und die möchte – also in unserer Clique soll er nicht noch mal auftauchen. Das ist eine ziemlich dumme Situation.“
„Frauen verkomplizieren aber auch einiges. Babs soll froh sein, dass sie ihn los ist. Zu ihr hat der Kerl doch gar nicht gepasst.“
„Verstehst du das wirklich nicht? Sie hatte sich in ihn verliebt und dachte, er erwidert ihre Gefühle.“
„Nun, vor allem muss Birgit sehen, wie sie weiter damit umgeht. Für sie ist es schwierig, beide Freundeskreise aufrechtzuerhalten. Du hast dagegen die Möglichkeit, mit allen auszukommen. Ich hoffe, du setzt das nicht aufs Spiel.“
Das Gespräch mit Volker hatte Steffi mehr aufgewühlt als sie sich eingestehen wollte.
Als sie Birgit mitteilte, dass sie nur bei der Vernissage dabei sein würden, schien diese nicht sehr überrascht zu sein, betonte allerdings, dass sie sich sehr gefreut hätte, wären sie auch bei der anschließenden Fete dabei gewesen.
„Du bist um deinen Volker zu beneiden“, fügte sie hinzu. „Er ist überall gern gesehen. Henno dagegen scheint die Leute zu polarisieren. Das Schlimme ist, dass ich das sogar verstehen kann. Ich wollte nie einen Mann, der bei anderen Frauen so gut ankommt. Aber ich fühle mich bei ihm einfach …“ Sie suchte nach den richtigen Worten, „ Ja, ich kann sagen, ich fühle mich bei ihm wohl.“
„Er zeigt dir ja, wie wichtig du ihm bist. Ich glaube, ihr passt gut zusammen.“
„Glaubst du das wirklich? Du musst wissen, er verlangt mir auch ziemlich viel ab. Ich frage mich schon manchmal, ob er es wert ist und ich das Richtige tue. Er ist ganz bestimmt kein einfacher Mensch.“
Steffi wurde hellhörig. Zum ersten Mal merkte sie, wie sehr Birgit unter der Situation litt. Tröstend nahm sie sie in den Arm.
„Er will mit dir zusammensein und nicht mit sonst jemandem“, sagte sie, „darum werden dich vielleicht einige beneiden. Aber wenn du glücklich mit ihm bist, kann es doch nicht falsch sein.“
In diesem Moment war sie dankbar, dass Volker sie nicht in solche Konflikte stürzte und von allen gemocht wurde. Und auf gar keinen Fall sollte Birgit je erfahren, dass sie ebenfalls zu denen gehörte, die sie um Henno beneideten.
Diese schob sie zurück und lächelte ein bisschen wehmütig.
„Ach, Steffi, du bist und bleibst eine hoffnungslose Romantikerin. Ich hoffe, du wirst nie enttäuscht!“