Читать книгу Liebe ist kein Honigbrot - Iris Bulling - Страница 6
Kapitel 4
ОглавлениеAm Samstag fuhren Steffi und Birgit schon rechtzeitig zu Babs, um ihr bei den Vorbereitungen zu helfen. Sie hatten verschiedene Käsesorten und Wurst dabei, denn Babs wollte diverse Schnittchen vorbereiten. Gemeinsam standen sie in der Miniküche und schnitten Baguettes und Gurken in Scheiben, Käse und Tomaten in Stücke, legten Weintrauben zur Dekoration bereit und waren bester Laune. Im Zimmer war der Tisch bereits bestückt mit Tellern, Gläsern und Servietten, Stühle und jede Menge Sitzkissen waren im Raum verteilt. „Ich schätze, wir sind zusammen achtzehn“, meinte Babs. „Abgesagt hat bis jetzt noch keiner.“
„Wer kommt denn noch alles?“ wollte Birgit wissen, während sie Käsewürfel schnitt und mit Zahnstochern versah. Der feste Stamm war ja klar, aber bei dieser Anzahl würde es sicher die eine oder andere Überraschung geben. „Günther, Martin, Anita, Renate ….“, begann Babs aufzuzählen, als es das erste Mal läutete. Rasch legte sie die Schürze ab und eilte zur Tür.
Steffi und Birgit beeilten sich, die Teller ins Zimmer zu bringen, während draußen schon ein großes Hallo zu vernehmen war.
So nach und nach füllte sich der Raum. Jedes Mal, wenn es wieder läutete, merkte Steffi, wie ihr Herz anfing heftiger zu schlagen, doch der, den sie erwartete, kam nicht. Stattdessen stellte sie fest, dass Volker Renz eingeladen war, ein beharrlicher Verehrer aus dem letzten Semester. Eigentlich mochte sie ihn ganz gerne – doch er zeigte gar zu deutlich, wie viel ihm an ihr gelegen war und sie war sich bisher einfach nicht sicher, ob sie fester mit ihm befreundet sein wollte oder nicht. Auf jeden Fall suchte er auch dieses Mal sofort einen Sitzplatz in ihrer Nähe und Birgit konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Die Unterhaltung kam schnell in Gang. Babs thronte im Schneidersitz mitten auf ihrem Bett und beteiligte sich lebhaft am Gespräch, doch Steffi entging nicht, dass sie immer wieder auf die Uhr schaute. Erwartete sie doch noch jemanden?
Die Stimmung war richtig gut, als es nach etwa einer Stunde noch einmal läutete. Babs sprang wie von der Tarantel gestochen auf und eilte hinaus zum Öffnen.
„Ich dachte schon, du kommst nicht mehr!“ hörte man sie sagen.
Zwar verstand Steffi nicht, was der späte Besucher antwortete, doch die dunkle Stimme hätte sie unter Tausenden sofort wieder erkannt. Babs kam strahlend ins Zimmer zurück und zog Henno hinter sich her.
„Die meisten von euch kennen Henno ja schon“, meinte sie und zu ihm gewandt: „Such dir einen Platz – aber ich glaube, es ist nur noch hier auf dem Bett Platz.“
„Das dürfte kein Problem sein“, lachte er. „Auf jeden Fall besser als auf dem Boden!“
Er ließ sich neben ihr nieder und hörte zu, als das Gespräch langsam wieder in Gang kam. Ruhig blickte er sich um und musterte jeden der Anwesenden genau. Birgit diskutierte mit Konrad gerade über die Möglichkeiten, die man als AStA-Mitglied hatte, was offensichtlich sein Interesse fand, denn hier klinkte er sich ein.
Jemand räumte einige Möbel zur Seite, und die ersten fingen an zu tanzen. „Wollen wir auch?“ fragte Volker. Steffi war ganz Ohr für die Diskussion, an der sich auch Babs beteiligte. Jetzt stellte sie fest, dass sie Volkers Anwesenheit völlig vergessen hatte. „Ach, ich habe keine Lust zum Tanzen“, versetzte sie rüde. In diesem Augenblick schaute Henno sie zum ersten Mal richtig an und lächelte. Steffi spürte, wie ihr das Blut in den Kopf schoss und sie ärgerte sich, einmal, weil ihr das peinlich war und zum anderen, weil ihr Volkers Nähe plötzlich unangenehm war. Was war denn mit ihr los? Sonst konnte sie es gar nicht erwarten zu tanzen!
Volker erhob sich wortlos und suchte nach einer anderen Tanzpartnerin. Es dauerte nicht lange, dann mischte er sich mit Petra unter die Tanzenden. Die Diskussion allerdings hatte inzwischen auch ein Ende gefunden. Babs zog Henno zur Tanzfläche, Birgit bewegte sich im Rhythmus der Musik und wurde von Konrad begleitet. Steffi stopfte sich ein Schnittchen in den Mund und ärgerte sich noch mehr über sich. Da sie ihre Tanzunlust so deutlich geäußert hatte, wurde sie von niemandem mehr aufgefordert und sich alleine unter die anderen mischen wollte sie auch nicht. Nur Anita und Peter, die schon seit einem Jahr zusammen waren, saßen noch da und Steffi beeilte sich, ein Gesprächsthema zu finden, damit sie nicht so bescheuert herumsaß.
Es dauerte aber nicht lange, bis Birgit sich wieder neben ihr niederließ. „Den armen Volker hast du aber ganz schön vor den Kopf gestoßen!“
„Er hängt sich aber auch immer an mich wie eine Klette!“ beschwerte sie sich.
„Na, übertreibst du da nicht ein bisschen? Manchmal genießt du seine Nähe doch durchaus.“
Steffi seufzte. „Ja, ich weiß. Es tut mir leid, wenn ich ihn verletzt habe.“
„Ach, so schlimm ist es wohl nicht. Er amüsiert sich ganz gut mit Petra.“
Steffi schaute zur Tanzfläche und sah, dass Birgit Recht hatte. Sie suchte mit den Augen Babs und Henno und stellte fest, dass sie inzwischen nicht mehr tanzten, sondern mit Renate und einer anderen Kommilitonin in einer Ecke standen und sich unterhielten. Birgit folgte ihrem Blick.
„Ich befürchte, Babs wird auch bald enttäuscht sein. Dieser Henno ist auf jeden Fall nicht nur ihretwegen gekommen!“
„Mhm“, brummte Steffi unlustig.
„Was ist denn mit dir los?“ wollte Birgit wissen. „Irgendeine Laus ist dir doch über die Leber gelaufen.“
„Ach was, ich habe nur Kopfschmerzen.“
„So plötzlich? Wollen wir ein bisschen raus an die frische Luft?“
„Was habe ich doch für eine tolle Freundin“, dachte Steffi dankbar und sagte laut: „Das ist eine gute Idee. Bestimmt wird es dann gleich besser.“
Gemeinsam gingen sie zur Tür, wurden aber gleich von Konrad aufgehalten. „Wollt ihr etwa schon gehen?“
„Wir sind gleich wieder da, nur ein bisschen frische Luft schnappen!“ Damit zog Birgit Steffi weiter und schlüpfte mit ihr zur Tür hinaus.
Es war ein wunderbarer, milder Abend und Steffi atmete tief ein. Was war wirklich mit ihr los? Sie hatte sich nicht mehr richtig im Griff gehabt, aber eigentlich war ihr Verhalten nur kindisch gewesen und hatte ihr außerdem den Spaß an dem Abend verdorben. Dabei hatte Henno ihr mit keiner Miene, keiner Geste irgendetwas signalisiert, was ihr hätte Hoffnung machen können. Im Grunde spielte sie die gleiche Rolle wie Babs, aber das wollte sie bei Birgit nicht durchblicken lassen.
Diese legte ihr jetzt den Arm um die Schulter und fragte mitfühlend: „Geht`s wieder?“
Steffi schluckte und nickte. „Alles wieder okay. Komm, lass uns zurück und noch ein bisschen Spaß haben!“
Innen war die Stimmung offensichtlich gut und Steffi und Birgit mischten sich wieder unter eine Gruppe, bei der gerade besonders viel gelacht wurde. Steffi bemühte sich sehr, nicht nach Henno zu schauen, was ihr auch tatsächlich gelang. Sie war sogar überrascht, als die ersten sich verabschiedeten. Babs begleitete einige hinaus, kam bald zurück und ließ sich in der munteren Gruppe nieder, in der auch Birgit und Steffi sich gerade amüsierten.
„Babs, du bist unser Semesterversüßer“, lobte Konrad. „Der Abend war einfach Spitze!“
Die anderen applaudierten und alle bedauerten, dass die nette Party zu Ende ging.
„Wir helfen noch beim Aufräumen“, bot Anita an.
Es fanden sich noch so viele Freiwillige, dass Birgit lächelnd meinte: „Unter diesen Umständen würden wir dann aufbrechen. Was meinst du, Steffi?“
„Wenn du uns wirklich nicht brauchst, Babs..?“
„Das ist okay so. Immerhin habt ihr mich vorher schon unterstützt.“
In diesem Moment kam auch Henno wie zufällig zu der Gruppe. „Ein gelungener Abend, Babs. Nun sieht es nach allgemeinem Aufbruch aus?“
Sie strahlte ihn an. „Das Semester hat gerade erst begonnen. Es wird noch mehr schöne Abende geben.“
„Für mich war der Start auf jeden Fall vielversprechend. Wir sehen uns bestimmt bald wieder. Ich sage jetzt einfach mal Tschüss.“
Fünf Leutchen verließen gemeinsam Babs` Bleibe. Steffi und Birgit gingen in die Richtung des kleinen Polos, Henno schlug die gleiche Richtung ein. Als Steffi aufschloss, sagte er plötzlich:
„Oh, ihr seid mit dem Auto da? Wohin müsst ihr denn fahren?“
„Wir wohnen in der Nähe der Studiosusklause.“
„Meine Bude ist in der Luisenstraße, das liegt doch fast am Weg. Könnt ihr mich mitnehmen?“
„Ja, klar.“ Steffi setzte sich auf den Fahrersitz und öffnete von innen die Beifahrertür. Birgit wollte nach hinten klettern, als Henno ihr die Hand auf den Arm legte.
„Ich wollte dich nicht vom Vordersitz verdrängen!“
„Ach was, ich muss ja eh aussteigen, wenn du raus willst.“
Also setzte er sich neben Steffi. „Das nenne ich Glück! Mit der Straßenbahn wäre es jetzt schon unsicher gewesen. Ich weiß gar nicht, ob überhaupt noch eine fährt um diese Zeit.“
Steffi fuhr an und fragte: „Hast du dich schon eingelebt an der Technischen Uni?“
„Ja, eigentlich ganz gut. Allerdings sind wir etwas männerlastig. Frauen zieht es da nicht so hin.“
„Bei uns an der PH ist es genau umgekehrt“, lachte Birgit von hinten. „Die Arbeit mit Kindern und Teenies ist wohl nicht so beliebt bei euch Jungs!“
„Für mich könnte ich es mir nicht vorstellen“, gab Henno zu.
„Mein Vater hat auch an der TU studiert“, mischte Steffi sich wieder ein.
Damit weckte sie sein Interesse. „Architektur?“
„Ja. Er hat damit eindeutig seinen Traumberuf gefunden.“
„Nun, das ist auch mein Ziel. Oh, da vorne geht`s schon ab zur Luisenstraße! Du kannst mich hier aussteigen lassen.“
Steffi fuhr an die Seite und bremste ab. Er stieg aus und klappte den Beifahrersitz nach vorn, damit Birgit wieder nach vorn umsteigen konnte.
„Vielen Dank für diesen Mitfahr-Service. Ich hoffe, wir sehen uns bald mal wieder.“
„Das wird nicht so schwierig sein“, versetzte Birgit. „Man trifft ständig aufeinander in der Studiosusklause.“
„Ich werde es mir merken. Also dann – bis bald!“
Er winkte noch kurz zum Abschied und wandte sich dann um. Steffi blickte ihm nach, bis er in der Dunkelheit verschwunden war, dann fuhr sie weiter. Birgit gähnte plötzlich herzhaft.
„Ich muss mal wieder richtig ausschlafen. Gut, dass erst mal Sonntag ist.“
Später, als sie in ihrem Bett lag, fand Steffi lange keinen Schlaf. Das unerwartete Ende des Abends belebte sie, allerdings hatte sie auch das Gefühl, die kurze Autofahrt mit Henno nicht optimal genutzt zu haben. Irgendwie gelang es Birgit immer besser als ihr, mit Leuten locker ins Gespräch zu kommen!