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1. Privilegiertes Angriffsmittel

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„Angriff ist die beste Verteidigung!“ Dieser Satz hat auch für das Zivilprozessrecht Gültigkeit. Der Beklagte muss sich nicht auf passives Verteidigen beschränken, sondern kann durch eine sog. Widerklage, die in § 33 ZPO (unzureichend) geregelt ist, zum Gegenangriff starten.

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Als Widerklage wird eine Klage bezeichnet, die der Beklagte (!) in einem Verfahren gegen den Kläger erhebt. Die Widerklage ist eine eigenständige Klage. Der Beklagte wird zum Widerkläger, der Kläger zum Widerbeklagten. Da die Widerklage „echte Klage“ und kein bloßes Angriffs- und Verteidigungsmittel (§ 282 Abs. 1 ZPO) ist, gelten die Präklusionsvorschriften (§ 296 ZPO) nicht. Die Widerklage kann daher bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erhoben werden, auch mündlich (§ 261 Abs. 2 ZPO). In diesem Fall bedarf sie nicht der Form des § 253 Abs. 2 ZPO. Prozessökonomisch ist eine Widerklage oft sinnvoll, da über einen zusammengehörigen Sachverhalt entschieden wird, so dass nur eine Beweiserhebung nötig ist. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass für die Widerklage ein zusätzlicher besonderer Gerichtsstand existiert (§ 33 ZPO). Ein Gerichtskostenvorschuss muss nicht entrichtet werden (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 GKG). Auch Kostenvorteile bezüglich der Gebühren sind zu nennen.

Beispiel

Thomas, der Freund von Mona, kauft über das Internet ein gebrauchtes Motorrad von dem Studenten Martin. Den Kaufpreis bezahlt Thomas nicht. Martin verklagt ihn vor dem AG Köln auf Kaufpreiszahlung in Höhe von 4000 €. Thomas verteidigt sich gegen die Klage mit der Begründung, dass das Motorrad einen Sachmangel habe (§ 434 BGB), da der Tacho manipuliert worden sei und er daher vom Kaufvertrag zurücktrete. Thomas hatte vor der Klageerhebung einen Sachverständigen beauftragt, der die Manipulation bestätigte. Für dieses Gutachten musste Thomas 2000 € zahlen. Thomas kann nun überlegen, ob er gegen den Verkäufer Martin Widerklage auf Erstattung der Gutachterkosten (§ 439 Abs. 2 BGB) in Höhe von 2000 € erhebt oder ob er diesen Anspruch erst nach Abschluss des Prozesses gesondert einklagt. In jedem Fall muss Thomas auf die Verjährung seiner Ansprüche achten.

Betrachtet man das Prozessziel von Thomas, könnte er die Gutachterkosten auch zur (Eventual-)Aufrechnung stellen. Würde das Gericht die Kaufpreiszahlungsklage des Verkäufers als unzulässig oder unbegründet ansehen, würde über die Gegenforderungen von Thomas gar nicht entschieden. Mit einer Widerklage zwingt Thomas das Gericht also zu einer Entscheidung über seine Forderung. Häufig wird in der Praxis folgende Strategie eingesetzt: Der Beklagte beantragt Klageabweisung, hilfsweise rechnet er mit der Gegenforderung auf (= für den Fall, dass das Gericht den Anspruch des Klägers für begründet hält) und hilfsweise erhebt er Widerklage (für den Fall, dass das Gericht den Anspruch für unbegründet hält).[45] Damit erreicht Thomas in jedem Fall, dass über seine Gegenforderung verbindlich entschieden wird. Derartige Hilfswiderklagen sind zulässig, weil es sich um innerprozessuale Bedingungen handelt.

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