Читать книгу Zivilprozessrecht - Irmgard Gleußner - Страница 197
2. Verfahren und (Kosten-)Entscheidung
Оглавление209
Sind die Voraussetzungen für ein wirksames Anerkenntnis erfüllt, erlässt das Gericht ein Anerkenntnisurteil (§ 307 S. 1 ZPO). Eine Prüfung der Schlüssigkeit der Klage und der materiellen Rechtslage unterbleibt. Eine mündliche Verhandlung ist seit 2004 nicht mehr nötig (§ 307 S. 2 ZPO). Das Gericht kann daher das Anerkenntnisurteil im schriftlichen Verfahren erlassen. Ein extra Antrag des Klägers („ich beantrage im Fall eines Anerkenntnisses Anerkenntnisurteil“) muss nicht gestellt werden (Ausnahme seit 2014: Revisionsinstanz § 555 Abs. 3 ZPO). Als normales Endurteil ist das Anerkenntnis mit Rechtsmitteln (Berufung, Revision) anfechtbar. Der Überprüfungsgegenstand im Berufungsverfahren ist allerdings darauf beschränkt, ob ein Restitutionsgrund (§ 580 ZPO) vorliegt.
210
Die Kosten trägt nach der allgemeinen Kostenregel der Verlierer, also der Beklagte (§ 91 ZPO). Hier ist allerdings die Spezialnorm des § 93 ZPO zu beachten, die den Schutz des Beklagten vor übereilten Klagen bezweckt. Danach kommt der Beklagte um die Kostenlast herum, wenn er dem Kläger aufgrund seines vorprozessualen Verhaltens keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und den Anspruch im Prozess sofort anerkennt. Bedeutet „sofort“ bei erster Gelegenheit? Hat der Richter frühen ersten Termin angeordnet, muss das Anerkenntnis sofort im Termin oder in der Klageerwiderung (falls das Gericht eine Frist hierzu gesetzt hat) erklärt werden. Beim schriftlichen Vorverfahren ist die Erklärung der Verteidigungsbereitschaft unschädlich. Das Anerkenntnis kann daher noch innerhalb der Klageerwiderungsfrist erklärt werden, es sei denn die Verteidigungsanzeige enthält zugleich einen Klageabweisungsantrag.[66]
Beispiel
Mona vergisst, ihre Telefonrechnung für den Monat Dezember 2017 zu begleichen. Ihr Vertragspartner erhebt sofort Klage, ohne Mona auf die Säumnis hinzuweisen. Der Richter ordnet frühen ersten Termin an. Im Prozess erkennt Mona noch vor Stellung der Anträge den Anspruch an. Das Gericht prüft, ob das Anerkenntnis wirksam erklärt wurde und die Prozessvoraussetzungen vorliegen. Sodann ergeht Anerkenntnisurteil (§ 307 S. 1 ZPO). Wem muss der Richter die Kosten auferlegen? Nach § 91 ZPO trägt grundsätzlich die unterlegene Partei die (gesamten) Kosten des Rechtsstreits. Hier könnte aber die Spezialnorm des § 93 ZPO vorrangig sein. Danach trägt der Kläger die Kosten, wenn der Beklagte keinen Anlass zur Klage gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt. Anlass zur Klageerhebung besteht aus Sicht des Klägers dann, wenn er bei vernünftiger Betrachtungsweise annehmen darf, die Zahlung nur mittels gerichtlicher Hilfe zu erlangen. Dies ist der Fall, wenn sich der Beklagte in Verzug befindet. Da Mona auch ohne Mahnung in Verzug kommen kann (§ 286 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 BGB), kommt es hier auf die materielle Rechtslage an. Ist Mona bereits in Verzug, trägt sie die Kosten (§ 91 ZPO). Liegt kein Verzug vor, trägt der Telefonanbieter die Kosten (§ 93 ZPO), da er nicht einmal den Versuch einer außergerichtlichen Rechtsdurchsetzung (Mahnung) unternommen hat. Im Übrigen ist das Anerkenntnis von Mona auch sofort erfolgt, da es noch vor Stellung der Anträge abgegeben wurde.