Читать книгу Neukirchener Kinderbibel Neukirchener Erzählbibel (ohne Illustrationen) - Irmgard Weth - Страница 102
6. Der neue König
ОглавлениеIn einem fernen Land,
weit im Osten,
lebten damals kluge Gelehrte.
Sie waren Sterndeuter und
kannten jeden Stern am Himmel.
Sie wussten, wann er aufging
und wann er unterging
und was sein Lauf bedeutete.
Eines Nachts, als sie wieder
zum Himmel aufschauten,
entdeckten sie einen neuen Stern.
Der strahlte heller
als alle anderen Sterne.
„Was für ein Stern!“, riefen sie.
„Das muss ein Königsstern sein.
Sicher ist irgendwo
ein neuer König geboren.
Aber wo? In welchem Land?“
Sie forschten in ihren Schriften
und überlegten lange.
Da sagte einer:
„Vielleicht im Land der Juden?“
„Ja“, fielen die anderen ein,
„im Land der Juden muss es sein.
Auf, worauf warten wir noch?
Wir wollen das Kind suchen,
vor ihm niederknien
und ihm unsere Geschenke bringen.“
Da sattelten sie ihre Kamele,
luden kostbare Geschenke auf
und machten sich auf den Weg,
das Kind zu suchen.
Sie zogen durch weite Wüsten
und fremde Länder,
über hohe Berge
und durch tiefe Täler.
Wochenlang reisten sie,
bis sie endlich
ins Land der Juden kamen.
Aber wo sollten sie hier
das Königskind suchen?
„Sicher lebt es im Königspalast“,
sagten sie sich
und zogen nach Jerusalem,
wo König Herodes wohnte.
Als sie dort ankamen,
fragten sie die Leute
auf der Straße:
„Sagt uns! Wo ist
der neugeborene König der Juden?
Wir haben seinen Stern gesehen
und sind hergekommen,
um ihn anzubeten.“
Aber die Leute
sahen sie verlegen an.
Ein neugeborener König?
Sie kannten keinen neuen König.
Nur einen alten König
kannten sie: Herodes.
Und vor dem zitterten alle.
Bald darauf erfuhr König Herodes,
wer in die Stadt gekommen war.
„Wen suchen die Fremden?“,
rief er erschrocken.
„Einen neuen König?
Ich bin doch
der einzige König im Land!“
Aber wenn es stimmte,
was die Fremden sagten?
Wenn es wirklich
noch einen anderen König gab?
Wenn gar der Retter geboren war,
auf den das Volk hoffte?
Und sogleich ließ Herodes
alle Priester und Gelehrten rufen
und befahl ihnen:
„Sagt mir die Wahrheit!
Was steht in eurer Heiligen Schrift?
Wo wird der Retter geboren?“
„In Bethlehem“, erwiderten sie
und zeigten auf ihre Schriftrollen.
„So steht es in der Heiligen Schrift.
So hat es der Prophet Micha
vor langer Zeit vorausgesagt:
,Aus Bethlehem
wird der Retter kommen.‘“
Da lud der König heimlich
die Sterndeuter in seinen Palast
und fragte sie aus:
„Sagt mir doch bitte:
Wann habt ihr den Stern entdeckt?
Sagt, wann?
Ich muss es genau wissen.“
„Das ist schon länger her“,
antworteten die Sterndeuter.
„Damals waren wir noch
zu Hause in unserem Land.
Aber seitdem suchen wir
den neugeborenen König.“
„Ich will euch helfen“,
bot Herodes an.
„Ich weiß, wo er ist:
in der Stadt Bethlehem,
nicht weit von hier.
Dort werdet ihr ihn finden.“
Und listig fügte er hinzu:
„Aber kommt danach wieder
und sagt mir,
wo ihr ihn gefunden habt.
Dann will auch ich hingehen
und ihn anbeten.“
Da verneigten sich die Sterndeuter
und zogen nach Bethlehem,
wie der König gesagt hatte.
Als sie dort ankamen,
war es schon dunkel.
Am Himmel leuchteten die Sterne.
Und sieh da! Auf einmal stand
der Stern wieder am Himmel,
derselbe Stern,
den sie zu Hause gesehen hatten.
Es schien, als bliebe er
über einem Haus stehen.
Voller Freude ritten sie
auf das Haus zu,
stiegen von ihren Kamelen,
eilten hinein und fanden das Kind:
Jesus, Marias Sohn.
Es lag im Arm seiner Mutter
und sah aus
wie ein gewöhnliches Kind.
Und doch war es der König,
den sie suchten:
der König, den einmal
alle Könige anbeten sollten!
Da fielen sie auf die Knie,
beteten das Kind an
und breiteten ihre Geschenke aus,
ein Kästchen mit Gold,
eine Schale mit Weihrauch
und einen Krug mit Myrrhe.
Aber in derselben Nacht
sprach Gott im Traum
zu den Sterndeutern:
„Geht nicht zu Herodes zurück!
Glaubt ihm nicht!
Er will dem Kind nur schaden.“
Da hörten sie auf Gott
und zogen auf einem anderen Weg
zurück in ihr Land.
Matthäus 2,1–12