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Die Rathausuhr zeigt fünf vor zwei, als er auf der Steinbank aufwacht. Nach dem Essen wird er immer müd, aber dass ihn nicht einmal der Verkehrslärm von seinem gewohnten Nickerchen abhalten kann, erstaunt ihn. Dann fällt ihm seine Aktentasche ein. Gott sei Dank, sie liegt noch neben ihm. In der Stadt wird ja so viel geklaut, da kannst gar net genug aufpassen. Er gähnt herzhaft, zieht eine kleine Wasserflasche aus der Tasche und nimmt einen großen Schluck. Das hat er sich vom Bertl abgeschaut; der sagt, man muss so was immer dabeihaben, wegen dem Kreislauf.

Ein bisschen wird er hier noch sitzen bleiben, bevor er zum Notar geht. Um halb drei hat er sich angesagt, kein Grund zur Eile, er kann den Eingang zur Kanzlei von hier aus sehen. Das ist heut eine wichtige Angelegenheit, wahrscheinlich die wichtigste seines verbleibenden Lebens. Er ist ja net mehr der Jüngste, da sollt man schon schauen, dass man zeitig ein Testament macht, damit die richtigen Leut erben. Er hat noch eine Cousine, die ist zwar älter als er, aber rüstig. Und geldgierig. Und dann gibt’s noch einen Neffen, den er seit dreißig Jahren net mehr gesehen hat. Sonst sind alle tot von der Verwandtschaft, außer dem Bertl. Und der soll einmal alles kriegen, wenn er selbst sich die Erdäpfel von unten anschaut. Und zwar, ohne sich mit der buckligen Verwandtschaft herumschlagen zu müssen. Weil wenn’s was zu erben gibt, kommen die Geier ganz schnell angeflogen, des weiß man ja.

Der Bertl ist finanziell net auf Rosen gebettet. Obwohl er doch so fleißig und sparsam ist. Aber er will was aus sich machen. Er arbeitet als Elektriker, und nebenher macht er noch Kurse, um den Ingenieurstitel zu kriegen. Beingrübl hat sich schon vorgestellt, wie er im Gespräch mit gewissen Leuten so nebenbei »Mein Enkel, der Elektroingenieur« einfließen lässt. Da wird er aufpassen müssen, dass er net platzt vor Stolz.

Und noch was wird sich verändern beim Buben. Er kommt jetzt in ein Alter, wo er anfängt, sich um eine Frau umzuschauen. Tatsächlich gibt’s da auch eine, die’s ihm angetan hat. Das hat der Beingrübl schon mitbekommen, er ist ja net blöd. Das Mädel kommt aus reichen Verhältnissen, so einer wie sein Enkel hat in dieser Familie keine Chance. Aber auch da hat er sich was überlegt.

Er hat nie viel für sich gebraucht. Jeden Monat hat er was weggespart, und zusammen mit den Schnapseinnahmen macht das eine schöne Summe auf der Sparkass. Der Bertl tät sich wundern, wenn er wüsst, was beim Brennen hängen bleibt. Das Geld wird er ihm geben, wenn es einmal ernst wird mit dem Heiraten. Und net nur das.

Beingrübl gehört nämlich nicht nur der kleine Hof mit dem stattlichen Obstgarten. Ihm gehört auch die halbe Sonnleitenwiese, aber das weiß sein Enkel nicht. Die Wiese hat Beingrübls Mutter als Erbteil mit in die Ehe gebracht, und schon sein Vater hat immer gesagt: »Geld is a Zahl auf an Fetzn Papier. Des einzig Beständige san Grund und Boden.« Der Großbauer, dem die andere Wiesenhälfte gehört, hat ihm schon ein paarmal seinen Teil abkaufen wollen, aber das hat er nie gemacht. Weil Beingrübl das Geld nie gebraucht hat und er den Großbauern nicht hat leiden können.

Jetzt aber hat er vom Bertl gehört, dass über eine Solaranlage gemunkelt wird, die auf der Sonnleitenwiese entstehen soll. Die Lage und die Ausrichtung zur Sonne sollen für das Vorhaben optimal sein. Aber dafür wird die ganze Wiese gebraucht. Sonst würde sich die Anlage nicht rentieren. Ein paar Großkopferte wollen investieren, schön heimlich natürlich, mit den Stromunternehmen soll es schon Verhandlungen geben über jahrelang garantierte Abnahmemengen und Strompreise. Auch schön heimlich. Da hat der Beingrübl gewusst, warum die Angebote gewisser Herrschaften für seine Wiesenhälfte in letzter Zeit sehr großzügig ausgefallen sind.

Er hat aber andere Pläne.

Wenn die seine Wiese wolln, dann zu seinen Bedingungen. Nämlich, dass der Bertl Mitgesellschafter wird, und zwar ein gleichberechtigter. Seine Einlage ist die Wiese, ohne die gar nix geht. Damit wär der Bertl net mehr irgendwer. Und könnt als Schwiegersohn eher in Betracht gezogen werden.

Beingrübl hat schon mit einem Anwalt telefoniert, der einen ersten Entwurf aufgesetzt hat. Zu dem wird er nach dem Notarbesuch gehen. Aber eins nach dem anderen.

Fast halb drei.

Vorsichtig steht er auf, nach dem langen Sitzen auf der Steinbank tun ihm alle Knochen weh. Alt sollt man halt net werden, aber sterben will auch keiner, denkt er. Er greift nach seiner Tasche und atmet tief durch. Ein bissl aufgeregt ist er schon, stellt er heut doch die Weichen für die Zukunft seines Enkels.

Als der Beingrübl um sechs Uhr abends wieder nach Sankt Martin hinauffährt, ist sein Hemd durchgeschwitzt. Wenn man so rechtliche G’schichten gescheit anpacken will, ist das schon eine schweißtreibende Angelegenheit.

Kurze Zeit später steht er am Tresen vom »Lärchenwirt« und gönnt sich ein Bier.

Da hat er noch vier Stunden zu leben.

Tod im Schilcherland

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