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Der Bericht der Gerichtsmedizin trifft wie erwartet erst am Mittwoch ein. Wegen der ungeklärten Todesursache bei einem Dreiundsiebzigjährigen, als reine Routineuntersuchung eingestuft, opfert niemand das Wochenende. Herz, Kreislauf, Hirnschlag, Organversagen, Trunkenheit – kein Grund für besondere Eile. Die Konsequenz daraus ist ohnehin nicht mehr beeinflussbar.

Ratzinger stellt die Akte »Beingrübl, Valentin« zusammen und vervollständigt sie mit ein paar Sätzen. Es fehlt nur noch der Bericht der Gerichtsmedizin, dann können sie die Akte schließen. Kammerlander hat den Bericht vor sich und liest konzentriert. Ratzinger sieht, wie Kammerlanders Stirn sich immer mehr furcht, und ahnt nichts Gutes.

»Was hat dem alten Mann denn nun gefehlt?«, fragt er schließlich.

»Die Todesursache war ein Herzinfarkt, eindeutig.«

»Aha. Dann klappen wir den Deckel zu.«

»Hm.«

»Was?«

»Na ja. Beingrübls Leichnam weist merkwürdige Verletzungen auf. Neben einer Fraktur des Schädels auch Abschürfungen an den Armen, aufgeschürfte Knie und Ellbogen, Kratzspuren im Gesicht …«

Ratzinger schaut überrascht. »Er ist immerhin einen Abhang hinuntergestürzt. Da sind solche Verletzungen nicht unbedingt ungewöhnlich.«

»Schon. Aber man hat auch an den Handflächen Striemen und Hämatome gefunden. Als hätte er sich mit aller Kraft an etwas festgehalten.«

»Vielleicht hat er zu spät gemerkt, dass er auf den Abgrund zuläuft, und versucht, sich im letzten Moment noch an einem Ast oder so festzuklammern.«

»Das ist schon möglich.«

»Wie sieht’s denn mit den Alkoholwerten aus? Hat er einen im Tee gehabt?«

»Der Alkoholwert entspricht etwa zwei Glas Wein. Also nein. Sturzbetrunken war der nicht.«

»Zu welchem Ergebnis kommt denn der Gerichtsmediziner?«

»Der legt sich nicht fest. Könnte alles gewesen sein. Unfall, Suizid …«

»Warum hätte sich Beingrübl noch festhalten sollen, wenn er vorgehabt hat, sich umzubringen?«, fragt Ratzinger misstrauisch.

»Vielleicht hat ihn der Mut verlassen. Was weiß ich. Fremdverschulden wird auch nicht ausgeschlossen. Das heißt, er könnte auch gestoßen worden sein. Medizinisch gibt es dafür aber keinen Beweis. Wir sind so schlau wie vorher.«

Ratzinger seufzt gottergeben.

»Dann wird, vermute ich, die Akte ›Beingrübl‹ nicht geschlossen.«

Kammerlander zuckt mit den Schultern. »Ich weiß ja auch nicht. Man kann sich den Ablauf schon vorstellen. Aber: Was hat der Mann da oben gewollt? Im Dunkeln? War er allein? Wir wissen nicht, wie das Gelände dort aussieht. Wir kennen Beingrübls Umfeld kaum. Eine umfassende Ermittlung sieht anders aus.«

»Korrigiere mich, wenn ich falschliege. Ein alter Mann geistert nachts allein im Wald herum. Er erleidet einen Herzinfarkt und stürzt einen Abhang hinunter. Da deutet doch nichts auf ein Gewaltverbrechen hin.«

»Du hast ja recht. Aber … ich hab so ein Gefühl, ich kann es nicht erklären …«

Kammerlanders Gefühl. Klar.

Ratzinger nickt resigniert.

»Also ich sehe da keinen Ermittlungsbedarf.« Kommandant Starkl verschränkt die Hände vor der Brust, als wollte er jegliches Ansinnen in dieser Richtung auch körperlich abwehren. »Der alte Mann hatte einen Herzinfarkt und ist abgestürzt. Für Fremdverschulden gibt es kein Indiz. Sie können die Akte schließen.«

»Das ist ja richtig. Trotzdem möchte ich noch ein wenig dranbleiben. Vielleicht irre ich mich und die Geschichte ist wirklich so simpel. Ich würde mich nur gern davon überzeugen.«

Starkl rutscht in seinem Sessel nach vorn und stützt seine Arme auf dem Schreibtisch ab. »Sie wissen, dass ich Sie für einen fähigen Ermittler halte und Ihrem Urteil vertraue …«

Wenn’s dir in den Kram passt, denkt Kammerlander.

»… aber wir haben auch noch andere Fälle. Denken Sie nur an die Einbruchsserie im Raum Köflach-Rosental. Oder den Überfall auf den Juwelier in Voitsberg. Mitten am Hauptplatz! Diese Fälle müssen bearbeitet werden. Und gerade jetzt ist unsere Personaldecke äußerst knapp. Ebner ist auf Fortbildung, wir haben drei Krankenstände und zwei Pensionsantritte ohne Nachbesetzung …«

Kammerlander erwidert nichts. Schweigen füllt den Raum.

Ein genervter Laut entweicht Starkls Kehle.

»Zwei Tage, Kammerlander. Nicht mehr. Wenn Sie bis dahin nichts haben, ist Schluss.«

Tod im Schilcherland

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