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ОглавлениеSie sitzen beim »Lärchenwirt« bei einem verspäteten Mittagessen. Die anderen Mittagsgäste sind schon lange weg, aber sie haben Glück gehabt, vom Geschnetzelten mit Spätzle und Salat war noch etwas da. Kammerlander hat erst den halben Teller leer, als Ratzinger sich den letzten Bissen einverleibt. Unglaublich, denkt Kammerlander. Wie macht er das bloß? Schaufelt Unmengen in sich rein, aber es bleibt nichts an ihm hängen. Keine eins siebzig groß, hat er sich trotz guten Appetits eine drahtige Figur bewahrt. Vielleicht liegt es am Temperament. Er kann wie eine Rakete hochgehen, wenn ihm jemand dumm kommt. Da muss Kammerlander ihn oft einbremsen. Dieser cholerische Zug hat ihm auch den Spitznamen »Ratzfatz« eingebracht.
Kammerlander sieht verstohlen an sich hinunter. Bei aller Nachsicht kann er nicht verleugnen, dass sein Bauch im letzten Jahr wieder ein wenig gewachsen ist. Er schiebt den Teller von sich weg und begnügt sich mit dem Rest Salat.
»Kompliment an die Köchin!«
Ratzinger lehnt sich entspannt zurück und spielt mit einem Zahnstocher.
Der Wirt nähert sich ihrem Tisch, um abzuservieren.
»Ich werd’s weitergeben. Darf’s noch was sein für die Herren?«
»Ein wenig von Ihrer Zeit, wenn es möglich ist.«
Kammerlander macht eine einladende Geste zum freien Sessel an ihrem Tisch. Als er den dicken Bauch des Lärchenwirts sieht, tut ihm der Verzicht von vorhin fast leid. Von so einer Wampe ist er noch meilenweit entfernt.
»Herr Windisch, wir sind noch einmal wegen dem verstorbenen Herrn Beingrübl hier.«
Der Wirt nickt. »Wissen S’ schon mehr von der Sach?«
»Er hat einen Herzinfarkt erlitten.«
»Jo mei, so kann’s gehen. Was wolln S’ denn noch wissen?«
»Uns würde interessieren, was Sie für einen Eindruck von Herrn Beingrübl gehabt haben, als er am vergangenen Donnerstag bei Ihnen war.«
»Wie meinen S’ des jetzt?«
»Na, ging es ihm gut oder schlecht, war er fröhlich oder bedrückt, gesprächig oder einsilbig, so was in der Art.«
»Hm. Gut ist’s ihm gangen, denk ich. G’sagt hat er net viel, aber er hat so in sich hineingegrinst. Hab ihn eh g’fragt, was los ist, aber er hat nix rauslassen.«
Das hat der Wirt bestimmt als persönliche Beleidigung empfunden, denkt Kammerlander.
»Ist Ihnen sonst noch etwas aufgefallen?«
»Na. – Des heißt, wo S’ mich schon so fragen: Die guten Sachen hat er ang’habt, mitten unter der Woch. Des ist mir aufg’fallen.«
»Sie haben ihn doch sicher nach dem Grund gefragt?«
»Freilich. Er hätt einen ›Termin in der Stadt‹, hat er g’sagt. Sonst nix.«
Eine Weile bleibt es still am Tisch.
»Als hätt er’s g’wusst«, sinniert der Wirt. »Als hätt er net in seinen Arbeitsklamotten sterben wolln.«
»War Herr Beingrübl oft hier zu Gast?«
»Manchmal halt.«
»War er ein geselliger Mensch?«
»Geht so. Seit er seine Tochter rausg’schmissn hat, ist er net mehr so viel unter die Leut gangen.«
»Kennen Sie den Grund?«
»Ja mei, den kennt jeder. Wegen dem versoffenen Schwiegersohn halt. Des war a Lump. Ist aber schon lang her.«
»Mit wem ist er denn hier zusammengesessen?«
»Der ist meistens an der Schank g’standn. G’sehen hab ich ihn nur mit der Weber Rosl und dem Schwaiger Martin, der ist ja praktisch sein Nachbar. – Aber wieso wolln S’ denn das alles wissen? Wenn’s ein Herzinfarkt war?«
»Reine Routinefragen«, sagt Ratzinger. »Wir sind halt gründlich, bevor wir den Aktendeckel zumachen.«
»Schon recht«, brummt Windisch.
Aber der forschende Blick, den er den Beamten zuwirft, lässt erkennen, dass er am Wahrheitsgehalt der Antwort so seine Zweifel hat.