Читать книгу Dort, wo der Mond liegt - Iselin C. Hermann - Страница 16

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Es ist dunkel hier. Es ist eine Großstadt, und dennoch ist es nachts dunkel, die Sterne leuchten blendend weiß auf dunklem Grund. Der Himmel über New York ist ein gelblicher, transparenter Schirm, der die ganze Nacht hindurch in gleitenden Rhythmen die Lichtreklamen reflektiert. In Damaskus beginnt die Nacht direkt über der Straßenbeleuchtung und wölbt sich dunkel über die Stadt.

Ich öffnete die Tür und schaute über eine Landschaft, die ich nicht kannte: eine Hochebene mit großen Bäumen, die Kronen waren schwer und dicht. Kein Lufthauch rührte sich, kein Mensch war zu sehen, kein Laut zu hören. Was war hier los? Was machte es so unheimlich? Eine Eiseskälte schlug mir entgegen, und mir wurde klar, daß die Landschaft schwarz war, die Schatten dünn und kerzengerade. Die dichten Baumkronen, die dicken Stämme waren nur wenig schwärzer als der Raum zwischen ihnen. Die Bäume warfen dünne weiße Schatten auf die Ebene, die mit Tusche gemalt war.

»Dreh dich um!« Die Stimme kam von hinten. Aber ich konnte nicht. Die Aussicht über die Hochebene sickerte langsam wie eine schwere Mattigkeit in mich hinein und ließ jede Bewegung zu einer Kraftanstrengung werden. Langsam und roboterhaft drehte ich den Kopf und die Schultern, und das Haus hinter mir stand in Flammen.

Ich erwache von meinem eigenen Schrei. Und das ist gut so, denn zehn Minuten später wäre die Badewanne übergelaufen. Die Luft, die durch die Balkontür hereindringt, ist kalt, und der Muezzin ruft vom Minarett gegenüber zum Gebet. Das ist wirklich und kein Traum.

Dort, wo der Mond liegt

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