Читать книгу Dort, wo der Mond liegt - Iselin C. Hermann - Страница 7

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Ich lag im Bett und sehnte mich nach ihr, als sie anrief. Es war Morgen geworden nach einer schlaflosen Nacht. Und sofort, als ich ihre Stimme hörte, sehnte ich mich nicht mehr nach ihr. Ich war wütend, daß ich ihretwegen nicht hatte schlafen können. Mürrisch. Gereizt, weil ihre langen Beine in Straßen umhergingen, die ich nie betreten konnte. Sie erzählt mir, daß alle ihr »welcome« hinterherrufen. Das ist doch klar. Wie naiv ist sie bloß? Da kommt eine große, schlanke Frau aus dem Westen angeflogen, wie ein merkwürdiger Vogel aus einem fremden Land, der außerdem noch nach ihrem Schnabel pfeifen kann, und dann wundert sie sich, daß man ihr »welcome« nachruft! Wie alles in Syrien ist es ein Wunder, nur weil sie dort die ersten sechs Monate ihres Lebens verbracht hat. Davon wird das Land doch nicht heilig! Ich habe noch nie jemanden getroffen, der so leidenschaftlich war wie sie. Leidenschaftlich oder rabiat, das ist Ansichtssache. Innerlich. Und wenn sie innerlich von etwas erfaßt wird, ist es, als ob ein Lichtkegel auf diesen Gegenstand oder diesen Menschen gerichtet würde. Im Augenblick ist ihr Spot nicht auf mich gerichtet, sondern auf ein fernes Land, wo die Leute ihr »welcome« nachrufen. Es gab ein Echo in der Leitung, und als sie in den Hörer pustete, war es, als würde sie mir zwei Mal ins Ohr pusten. Ich stehe jetzt auf und nehme die längste und kälteste Dusche der Welt. Ich will nicht mehr an sie denken und versuchen, mich nicht nach ihr zu sehnen. Ich will jetzt arbeiten. Ich weiß nicht, ob das ein probates Mittel gegen Sehnsucht ist, aber ich werde es versuchen. Arbeiten, arbeiten und sehen, ob es mir weiterhilft.

Dort, wo der Mond liegt

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