Читать книгу Schuldrecht I - Allgemeiner Teil - Jacob Joussen - Страница 57

III.Die Zeit der Leistungserbringung 1.Allgemeine Regelung zur Zeit der Leistungserbringung

Оглавление

249Wie beim Leistungsort ist auch hinsichtlich der Leistungszeit zunächst allein maßgeblich, was die Parteien vereinbaren. Dabei versteht man unter dem Begriff der Leistungszeit denjenigen Zeitpunkt, in dem der Schuldner zum einen die Leistung erbringen darf: Das ist die Erfüllbarkeit. Zum anderen ist unter Leistungszeit auch gemeint, wann er sie spätestens erbringen muss: Das ist die Fälligkeit.351 Es ist also zwischen zwei Zeitpunkten zu differenzieren. Gerade die Fälligkeit352 wird dann wichtig, wenn es um die Frage des Schuldnerverzugs geht.353 Umgekehrt spielt die Erfüllbarkeit als der Zeitpunkt, ab dem der Schuldner seine Leistung konkret erbringen, der Gläubiger sie umgekehrt nicht mehr zurückweisen darf354, beim Annahmeverzug eine Rolle.355 Fälligkeit und Erfüllbarkeit hängen zusammen. Denn immer dann, wenn eine Leistung fällig wird, liegt zugleich auch deren Erfüllbarkeit vor. Im Zweifel kann der Schuldner die Leistung jedoch schon dann erbringen, wenn sie nur erfüllbar, aber noch nicht fällig ist.

Beispiel: K bezieht Waren für seinen Laden von L. Die Parteien einigen sich darauf, dass die Leistung des K (Kaufpreiszahlung) spätestens 30 Tage nach Zugang der Rechnung erfolgen soll. Mit Lieferung der Waren erhält K auch die Rechnung. Er kann sofort bezahlen, da die Leistung (Kaufpreiszahlung) erfüllbar ist. Spätestens am 30. Tag nach Erhalt der Rechnung (vgl. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 1) wird die Leistung jedoch fällig, d. h. er muss bezahlen, will er nicht in Schuldnerverzug geraten.356

250Falls keine (vorrangige) Einigung der Parteien über die Leistungszeit vorliegt, greift die Auslegungsnorm des § 271 ein. Nach dessen Absatz 1 kann der Gläubiger, wenn für eine Leistung die Zeit weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist, die Leistung sofort verlangen, der Schuldner seinerseits sie sofort bewirken. Ist also keine vertragliche Einigung gegeben und zudem keine Auslegung aus den Umständen möglich, gilt die „Sofortregel“357: Die Leistung ist sofort fällig, sie ist auch sofort erfüllbar.358

251§ 271 Abs. 2 enthält darüber hinaus eine weitere Auslegungsregel: Ist nämlich ein Zeitpunkt für die Leistung bestimmt, kann der Gläubiger sie im Zweifelsfalle „nicht früher“ verlangen.359

Beispiel: Haben sich die Parteien darüber geeinigt, dass der Schuldner seine Leistung am 27. Juni zu erbringen hat, kann der Gläubiger sie nicht bereits am 25. Juni verlangen. Umgekehrt gilt jedoch, dass der Schuldner sehr wohl bereits früher leisten darf, zumindest im Zweifel (so § 271 Abs. 2). Er kann also seine Leistung bereits am 25. Juni erbringen, wenn sich die Umstände nicht anders verstehen lassen. Denn der Gläubiger hat in dieser Situation kein Schutzinteresse. Er ist ohnehin regelmäßig nur an der Leistung interessiert. Doch gilt diese Regel nur, wenn sich aus den Umständen nichts anderes ergibt – denn sie gilt nur „im Zweifel“.360

252§ 271 ist also eine deutliche Regelung zugunsten des Schuldners.361 Doch kann sich auch hier etwas anderes ergeben, eine Zeitbestimmung kann nämlich durch die Parteien auch ausschließlich im Gläubigerinteresse vereinbart werden, sodass er die Leistung schon vorher fordern darf, sie aber nicht zuvor anzunehmen braucht. Das ist etwa die Situation bei der Hinterlegung. Nach § 695 kann nämlich die hinterlegte Sache jederzeit vom Verwahrer zurückgefordert werden, und zwar auch dann, wenn die Parteien für die Aufbewahrung eine bestimmte Zeit vereinbart hatten. Neben der Beeinträchtigung berechtigter Gläubigerinteressen ist die Regelung des § 271 Abs. 2 auch dann ausgeschlossen, wenn durch die Vorleistung des Schuldners der Gläubiger ein vertragliches Recht verlieren würde.362

Schuldrecht I - Allgemeiner Teil

Подняться наверх