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Die Gestalt stand vor den Eschen, wie aus dem Nichts aufgetaucht. Sie trug etwas Weißes, was ihn an ein Gespenst denken ließ. Seine Poren zogen sich zu einer fast schmerzhaften Gänsehaut zusammen. Dann erkannte er die Gestalt: Miriam.

Warum war sie schon da? Und warum allein? Hatten Lorenz und Miriam nicht noch Wäsche waschen wollen?

Miriam lächelte. Die Haare hingen ihr triefend nass ins Gesicht. Ihr kurzer Rock klebte an den Oberschenkeln. Auch aus der Entfernung waren deutlich ihre Brüste und Brustwarzen unter dem im Regen fast transparent gewordenen Top zu erkennen. Auf dem Rücken trug sie ihren riesigen Tourenrucksack, als wollte sie zu einer Himalaya-Expedition aufbrechen. Ein jägergrüner Regenschutz machte den Rucksack noch unförmiger, als er ohnehin schon war.

»Das war wohl ein Regentanz«, rief sie durch das Rauschen des Regens. Irgendetwas in ihrem Blick löste ein Ziehen in Karstens Bauch aus. Rasch legte er die Hände schützend vor seinem Unterleib übereinander wie ein Fußballspieler in der Mauer, der den Freistoß des gegnerischen Stürmers erwartet. Als sie das sah, lachte sie.

»Hat gewirkt«, rief Karsten zurück.

Miriam kam einige Schritte auf ihn zu.

»Was hat wie gewirkt?«, fragte sie und betonte die beiden Fragewörter überdeutlich. Dabei zog sie die Augenbrauen hoch und legte den Kopf schief.

Karsten spürte, wie das Regenwasser auf seinem Gesicht heiß wurde.

»Der Regentanz. Erfolgreich.«

»Du hast Talent«, bemerkte sie spöttisch. »Kann ich reingehen? Wenn du nichts dagegen hast, würde ich gerne den Rucksack abstellen.«

»Ist offen. Ich komme gleich nach.«

»Okay«, sagte sie und wandte sich zur Haustür. Dort drehte sie sich nochmals um.

»Ich geh unter die Dusche, ja?« Wieder legte sie den Kopf schief. Trotz des klobigen Rucksacks auf ihrem Rücken wirkte es anmutig.

Weder Karsten noch Miriam hatten die Gestalt bemerkt, die nun unter den Eschen stand und die Szene ganz genau beobachtete: Franziska.

Wahrheit oder Sylt

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