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Bremen. Stadtwerder

Davor

Karsten schwieg.

»Du solltest diese alte Geschichte endlich abhaken«, sagte Franziska nach einer Weile.

»Ja, verdammt«, rief Karsten ärgerlich. »Längst geschehen! Kannst du jetzt bitte, bitte damit aufhören? Sonst bleib ich doch noch hier, und ihr könnt euch ohne mich mit diesem Idioten und dem anderen Schleimscheißer vergnügen!«

»Oh Mann«, sagte Franziska und klang jetzt auch genervt. »Dass Matze ein Idiot ist, steht außer Frage. Aber das ist doch gar nicht der Punkt!«

»Was ist denn dann der Punkt?«, zischte Karsten. »Um was, verdammt noch mal, geht es überhaupt?«

»Es geht darum, dass du dich hinter der Geschichte von damals verschanzt. Du trägst sie wie einen Schutzschild vor dir her. ›Seht her, ich bin ja so verletzt worden. Ihr müsst mich mit Samthandschuhen anfassen, weil mein Herz gebrochen ist.‹ Hör auf damit! Hör auf mit dem verdammten Selbstmitleid! Zieh deine Lehren daraus, und weiter geht’s!«

Miriam sah sich um. Ihr war die Situation jetzt unangenehm. Das sollten Karsten und Franziska besser unter sich ausmachen. Sie stand auf, ging die wenigen Schritte zur Gartentür und starrte in die Dunkelheit. Die Nacht hing schwarz zwischen den Hecken und Büschen, in den Schrebergärten und auf den Wegen.

»Komm schon«, hörte sie Franziska hinter sich mit weicher Stimme sagen, »wie soll ich mich denn fühlen, wenn du noch in der Vergangenheit festhängst? Ich bin doch jetzt für dich da. Und ich will, dass es dir gut geht! Tut mir leid, dass wir gelacht haben. Aber wir hatten schon zwei Gin Tonic, und du warst gerade so melodramatisch wie in einem Rosamunde-Pilcher-Film!«

»Was hat Miriam dazu gesagt?«

Franziska machte ein unbestimmtes Geräusch. Miriam drehte sich um. Das konnte sie ja dann doch am besten selbst sagen.

»Sieh es mal so«, begann sie. Karsten und Franziska hatten sofort aufgesehen, etwas überrascht, als hätten sie ihre Anwesenheit in der Zwischenzeit völlig vergessen. »Du hattest doch sicher viele schöne Momente mit Carina, oder?«

Karsten nickte stumm.

»Wozu dann traurig oder wütend sein? Denk lieber an die Zeit, die ihr hattet, als an die, die ihr nicht hattet. Wäre nicht Matze gekommen, dann hätte sie vielleicht mit jemand anderem was angefangen, früher oder später, aber ganz sicher irgendwann.«

»Ich weiß, dass ich selber schuld bin! Aber das macht es nicht besser, sondern noch schlimmer!«

»Verzeih dir selbst, Karsten!«, sagte Miriam eindringlich. »Jeder macht mal Fehler. Du hattest damals Gründe. Heute würdest du dich sicher anders verhalten. Wenn du dir selbst verziehen hast, wird dir Matze scheißegal werden. Und du wirst deinen Frieden mit der ganzen Geschichte machen können.«

Franziska nickte bestätigend und strich Karsten über den Rücken.

»Themawechsel«, sagte Karsten bestimmt. »Ihr hört euch an wie bei Gute Zeiten, schlechte Zeiten.« Hektisch wischte er sich über die Augen.

In der abendlichen Stille war jetzt ein sich näherndes schleifendes Geräusch zu hören, und plötzlich kam Lorenz durch die Gartentür, einen Hartschalenkoffer hinter sich her ziehend.

Lorenz, mein Lorenz, dachte Miriam, und ihr Herz machte einen Sprung. Wie war sie dankbar dafür, dass Lorenz so unbelastet von irgendwelchen Geschichten war. Oder zu sein schien. Sie hoffte es zumindest.

»Ist was?«, fragte Lorenz. »Was guckt ihr so komisch?«

»Wo warst du so lange, du Hund?«, rief Karsten und sprang auf, um ihm entgegenzugehen. »Ich musste mich hier mit zwei besoffenen Psychotanten rumschlagen! Was, verdammt, hast du so lange gemacht?«

Wahrheit oder Sylt

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