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e) § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB: Prinzip der stellvertretenden Strafrechtspflege

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Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB ist für Auslandstaten deutsches Strafrecht anwendbar, wenn der Täter zur Zeit der Tat zwar Ausländer war (und somit das aktive Personalitätsprinzip nicht einschlägig ist), aber im Inland betroffen und trotz zulässiger Auslieferung nach dem Auslieferungsgesetz nicht ausgeliefert wird, weil ein Auslieferungsersuchen innerhalb angemessener Frist nicht gestellt oder abgelehnt wird oder die Auslieferung nicht ausführbar ist. Die Vorschrift soll mit anderen Worten dann eingreifen, wenn eine Verurteilung im Ausland scheitert und mangels Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts nach sonstigen legitimierenden Anknüpfungspunkten der Täter im Inland nicht bestraft werden könnte.[138]

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Unter „Ausländer“ sind auch Staatenlose zu verstehen.[139] Im Inland betroffen ist der Täter, wenn dort seine Anwesenheit festgestellt wird.[140] Auslieferungshindernisse (z.B. nach § 8 IRG wegen drohender Todesstrafe im ersuchenden Staat) stehen der Zulässigkeit der Auslieferung (und somit der Ausübung der stellvertretenden Strafrechtspflege) nicht entgegen, sondern nur deren Ausführbarkeit.[141]

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Als angemessene Frist im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB werden drei Wochen angesehen; dieser Zeitraum wird gewöhnlich möglichen Verfolgerstaaten in der üblichen Anfrage eingeräumt, ob ein Auslieferungsgesuch gestellt wird.[142] Vor Ablauf der angemessenen Frist besteht ein vorläufiges Verfahrenshindernis wegen (derzeit) fehlender deutscher Gerichtsbarkeit.[143] Es muss feststehen, dass eine Auslieferung tatsächlich nicht erfolgt, und das Gericht hat sich insoweit um eine Erklärung der für die Entscheidung über ein Auslieferungsersuchen zuständigen Stelle zu bemühen.[144] Allerdings erscheint es nicht unbedenklich, dass bei nicht gestelltem Auslieferungsersuchen generell die deutsche Strafgewalt begründet werden soll. Schließlich kann dieser Entscheidung des Verfolgerstaats auch ein Verzicht auf Strafverfolgung zu entnehmen sein, so dass ebenso wenig mehr von einer derivativen Strafgewalt die Rede sein kann.[145]

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Einschränkend ist wiederum erforderlich, dass die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt. Schließlich liegt es ohne Berücksichtigung des Tatortrechts fern, von einer stellvertretenden Strafrechtspflege zu sprechen. Auch insoweit soll nach verbreiteter Ansicht – wie bei den Personalitätsprinzipien (Rn. 61) – allein auf die materiellrechtliche Strafbarkeit abzustellen sein.[146] Dem ist entgegenzuhalten, dass der Ergreifungsstaat lediglich eine abgeleitete Strafgewalt ausübt. Verfahrenshindernisse oder auch eine lediglich entgegenstehende Verfolgungspraxis sind daher zu beachten.[147] Da der Täter allerdings zum Zeitpunkt der Tat nicht damit rechnen musste, in Deutschland abgeurteilt zu werden, soll ein ggf. milderes Tatortrecht berücksichtigt werden.[148]

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