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2.2.2 Situation der Inschrift 2.2.2.1 Geld und Einkommen

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Von grundlegender Bedeutung sind zunächst die in der Inschrift genannten Geldwerte: „Sesterz“ und „Ass“, die Teilstücke des römischen Aureus und Denars darstellten.1 Als EintrittsgeldEintrittsgeld sind 100 Sesterzen vorgeschrieben (vgl. Z. 21), der monatliche Betrag zur Teilhabe an Leben und Zweck der Vereinigung beträgt fünf Asse (vgl. Z. 21), im Falle eines Todes2 werden 300 Sesterzen ausgeschüttet (vgl. Z. 24). Diese Beträge sind nur ein Ausschnitt aus den finanziellen Regelungen der Vereinigung, zugleich aber betreffen sie den VereinigungszweckVereinigungszweck. Ass und Sesterz standen während der römischen Prinzipatszeit in einem Verhältnis von vier zu eins: vier Asse ergaben eine Sesterz.3 Der in der Inschrift angegebene Monatsbetrag von fünf Assen entsprach also 1,25 Sesterzen. Um die für den Todesfall festgelegte Summe von 300 Sesterzen zu erreichen, musste ein Mitglied theoretisch 13 Jahre und vier Monate Mitglied der Vereinigung sein, um die nach Zahlung des Beitrittsgeldes übrige Summe von 200 Sesterzen anzuhäufen.4 Die Aussage in Z. 17 macht deutlich, dass sowohl die Vereinigung als auch ihre MitgliederMitglied auf ein längerfristiges Bestehen ihrer Gruppe angewiesen sind, da andernfalls der VereinigungszweckVereinigungszweck nur in wenigen Fällen erfüllt werden kann.

Um die angegebenen Summen adäquat einordnen zu können, sind sie ins Verhältnis zu Einkünften und Lebenshaltungskosten zu bringen. Nach Mt 20,2Mt 20,2 soll der Tageslohn eines Arbeiters ein Denar betragen haben, was vier Sesterzen bzw. 16 Assen entspricht.5 Zur Deckung des täglichen Bedarfs benötige ein Lohnarbeiter in Palästina im ersten Jahrhundert etwa drei Asse pro Tag, in anderen Teilen des Imperium Romanums differierte diese Summe erheblich nach oben.6 In dieser Perspektive darf angenommen werden, dass die Lebenshaltungskosten in der urbanen Umgebung LanuviumsLanuvium deutlich höher waren als im ländlichen Raum Palästinas.7 Für Palästina jedoch ist weiterzuführen, dass 13 Asse nach Abzug der Kosten für Nahrungsmittel pro Tag übrig bleiben, wenn der Lohnarbeiter keine Familie zu versorgen hatte, was jedoch die Ausnahme sein dürfte. Aus dieser Summe sind die Kosten für Unterkunft, Steuern und sogenannte non-food Artikel8 zu begleichen gewesen. Für eine vierköpfige Familie sind im ländlichen Raum also jährlich 250 bis 300 Denare (entspricht 1000 bis 1200 Sesterzen, bzw. 4000 bis 4800 Asse) zur Sicherung des Existenzminimums anzunehmen, für städtische Gebiete bzw. RomRom selbst dürfte die Summe um ein vielfaches höher anzusetzen gewesen sein.9 Der Arbeiter, der damit die Versorgung seiner Familie sicherstellen konnte, ist bereits nicht mehr zu den ärmsten Schichten der römischen Gesellschaft zu zählen. Zugleich kann ihm damit aber auch kein Wohlstand attestiert werden.10 Es ist aber anzunehmen, dass der angenommene Tagessatz von einem Denar für viele Gruppen der Bevölkerung nicht zu erreichen war und sie in ihren Möglichkeiten der Existenzsicherung limitiert waren.

Appliziert auf die Aussagen der Vereinigungsinschrift aus LanuviumLanuvium sind mehrere Aspekte festzuhalten. Zunächst entspricht der monatliche MitgliedsbeitragMitgliedsbeitrag in etwa dem Betrag, den eine einzelne Person in anderen Teilen des Imperium Romanums zur grundlegenden Deckung ihrer Ernährungskosten für zwei Tage benötigte. Für einen alleinstehenden Lohnarbeiter mit einem angenommenen Verdienst von einem Denar pro Tag wäre die Leistung dieses Betrages aber durchaus denkbar. Darüber hinaus ist jedoch festzuhalten, dass der genannte Tageslohn nicht als Mindestlohn zu verstehen ist und sich deswegen der Wert der Vergleichbarkeit relativiert.

Auch wenn durch einen Vergleich mit der Situation in Palästina kein ausreichendes Bild für LanuviumLanuvium gezeichnet werden kann, wird doch deutlich, dass die MitgliederMitglied der Vereinigung über ein Mindestmaß an finanziellen Möglichkeiten verfügt haben müssen, um die geforderten Beträge aufzubringen. Diese scheinen jedoch nach Selbstaussage der Vereinigungsinschrift so gestaltet gewesen zu sein, dass auch Sklaven, deren Status nicht grundsätzlich mit Mittellosigkeit gleichzusetzen war, sie aufzubringen in der Lage waren (vgl. Pag II. Z. 7). Jedoch stellt sich die grundsätzliche Frage, wie schnell ein Sklave oder auch ein Arbeiter in der Lage gewesen ist, das mit 100 Sesterzen festgesetzte EintrittsgeldEintrittsgeld aufzubringen.11 Darüber hinaus ist zu bedenken, dass der Zweck der Vereinigung, die Sorge um ein würdiges BegräbnisBegräbnis und dessen finanzielle Absicherung, nur für einen bestimmten Personenkreis Relevanz besaß. Personen, die aufgrund ihrer Arbeits- bzw. Lebensumstände ein ausreichend hohes Einkommen bzw. Vermögen besaßen, dürften von dem VereinigungszweckVereinigungszweck nur in geringem Maße angesprochen worden sein. Unter diesen Perspektiven kann vermutet werden, dass weder Randgruppen im Sinne von Menschen mit keinem bis geringem regelmäßigen Einkommen, noch im Sinne von Menschen mit sehr hohen regelmäßigen Einkünften zur Zielgruppe der Vereinigung gehörten, denn „[…] [i]ndem ihre Familie dafür [d.h. für die BestattungBestattung, JQ] Sorge trug, verdeutlichte[n] sie gegenüber anderen Mitbürgern ihren Wohlstand und ihre soziale Unabhängigkeit.“12 Die Teilhabe an der Vereinigung geht also einher mit einer Verbindung aus pragmatischer Notwendigkeit (im Sinne der Schaffung einer finanziellen Basis für ein BegräbnisBegräbnis) und ökonomischer Möglichkeit (im Sinne eines ausreichenden Einkommens) und ist nicht allen Bevölkerungsgruppen möglich. Eine Teilhabe aller gesellschaftlichen Gruppen und Schichten ist vor diesem Hintergrund mit großer Wahrscheinlichkeit nicht gegeben. Handlungen, die sich möglicherweise gruppenintern vollziehen und dem Konzept diakonischen Handelns zugeschrieben werden können, erfordern zunächst die Überwindung von finanziellen Eingangsvoraussetzungen und stehen keinem uneingeschränkten Personenkreis offen.13

Diakonie zwischen Vereinslokal und Herrenmahl

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