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4. Unterscheidungskraft und Verkehrsgeltung

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Nur ein unterscheidungskräftiges Zeichen vermag die Voraussetzungen für das Entstehen von Verkehrsgeltung zu erfüllen. Während gem § 8 Abs 2 von der Eintragung Zeichen ausgeschlossen sind, denen für die Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt, gilt dieser Gesichtspunkt auch für die Benutzungsmarke (vgl BGH NJW-RR 2004, 251 ff – Farbmarkenverletzung I; OLG Köln WRP 2010 1413 f – Festivalplaner; OLG Hamburg GRUR-RR 2001, 7, 8 f – FUN Radio).

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Unterscheidungskraft kommt einer Marke dann zu, wenn sie geeignet ist, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für Dienstleistungen oder Waren eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BPatG 24.1.2015 – 28 W (pat) 60/13 – delikat, juris Rn 27; vgl Fezer § 4 Rn 27). Nicht etwa nur Phantasiewörter sind zB unterscheidungskräftig, auch bereits vorkommende Wörter können normale Unterscheidungskraft genießen.

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Die Unterscheidungskraft darf nicht abstrakt, sondern nur in Bezug auf die jeweils so gekennzeichneten Dienstleistungen oder Waren bestimmt werden. Für die Unterscheidungskraft ist es deshalb ausreichend, dass der Marke für die konkreten Dienstleistungen oder Waren kein im Vordergrund stehender umschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich nicht um ein gebräuchliches Wort handelt, welches „nur als solches und nicht als Kennzeichnungsmittel verstanden wird“ (vgl BGH NJW 1995, 1221 f – PROTECH; OLG Köln WRP 2010, 1413 f – Festivalplaner; LG Frankfurt GRUR-RR 2002, 134 f – Humanitas).

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Die Unterscheidungskraft fehlt nicht immer bereits dann, wenn das Zeichen einen eigenen Sinngehalt aufweist, sondern auch, wenn der konkrete Sinngehalt in Bezug auf die konkreten Waren nach der Verkehrsauffassung dazu führt, dass eine Sachangabe über die Dienstleistungen oder Waren angenommen wird (vgl BGH NJW-RR 1997, 1197 f – à la carte; OLG Hamburg GRUR-RR 2001, 7, 9 – FUN Radio). Für eine bloß beschreibende Angabe reicht es aus, dass dem betr Wort eine „wirklich konkrete Aussage“ über die so gekennzeichnete Dienstleistung oder Ware entnommen werden kann (vgl BGH NJW-RR 1996, 230 f; OLG Hamburg GRUR-RR 2001, 7, 9 – FUN Radio; die Kommentierung zu § 8 Abs 2 Nr 1 unter § 8 Rn 18 ff). Dabei können Umsätze und Werbeaufwendungen ein Indiz für das Vorliegen einer entsprechend Verkehrsgeltung darstellen (vgl OLG Hamburg NJW-WettbR 1996, 254 f – Noblesse vario).

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Auch der Benutzungsmarke kommt die Funktion zu, nicht nur die so gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen von anderen zu unterscheiden, sondern zugleich auch auf ein Unternehmen hinzuweisen (vgl BGH NJW-RR 1994, 1460 – WIR IM SÜDWESTEN; OLG Köln WRP 2010, 1413 f – Festivalplaner; OLG Hamburg NJW-WettbR 1999, 281 f – Netlife; Erdmann GRUR 2001, 609, 611).

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Von einer Verkehrsgeltung kann gesprochen werden, wenn ein unterscheidungskräftiges Zeichen in der Weise bekannt ist, dass die relevanten Verkehrskreise die gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen von gleichen oder gleichartigen Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft unterscheiden (vgl Baumbach/Hefermehl WZG § 25 Rn 36 mN). Verkehrsgeltung liegt vor, wenn ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise eine Verbindung zwischen dem konkreten Zeichen und einem bestimmten Unternehmen herstellt und dieser Teil der Verkehrskreise das Erscheinungsbild des Zeichens wiedererkennt (OLG Dresden 25.3.2014, 14 U 1364/13, juris Rn 30).

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Bei beschreibenden Kennzeichen sind die Anforderungen an die Bekanntheit bei den angesprochenen Verkehrskreisen höher: Hier muss eine qualifizierte Verkehrsgeltung vorliegen, also ein Zuordnungsgrad von regelmäßig über 50 % (OLG Dresden 25.3.2014 – 14 U 1364/13, juris Rn 30 für die Schutzfähigkeit des Domainnamens von „fluege.de“).

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Das OLG Düsseldorf verneinte demgemäß eine Verkehrsgeltungsmarke an dem Zeichen „extrastrom“. Die Verkehrsgeltung lag danach fern, weil es sich um einen rein beschreibenden Begriff handele, der erst seit wenigen Jahren und von relativ wenigen Kunden (500 000 bei einer Gesamtbevölkerung von 80 Mio Menschen) benutzt worden sei (OLG Düsseldorf BeckRS 2012, 21145).

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Der Begriff der Verkehrsgeltung steht im Gegensatz zu dem in § 8 Abs 3 normierten Begriff der Verkehrsdurchsetzung. Die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung setzt begriffsnotwendig einen sehr viel höheren Bekanntheitsgrad als die Annahme einer Benutzermarke gem § 4 Nr 2 voraus (vgl die Kommentierung zu § 8 Abs 3 unter § 8 Rn 62). Von der Verkehrsgeltung zu unterscheiden ist auch der Begriff der notorischen Bekanntheit nach §§ 4 Nr 3 sowie der Begriff der im Inland bekannten Marke gem §§ 9 Abs 1 Nr 3, 14 Abs 2 Nr 3 (OLG Köln MarkenR 2007, 123 – International Connection).

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Je origineller das von der Benutzermarke erfasste Zeichen sich darstellt, desto höher wird seine ihm zukommende Kennzeichnungskraft sein. Die Annahme einer Verkehrsgeltung wird dann näherliegen als bei Sachverhalten, in denen erst noch mit großem Aufwand dieses Zeichen an den Markt gebracht werden muss.

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