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2.1.1 Exzessives Sporttreiben

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Das auf den ersten Blick zentrale Merkmal der Sportsucht ist sicherlich die Sport- und Bewegungsaktivität selbst. Daher ist ein auffallend hohes Ausmaß an körperlicher Aktivität trotz aller Schwierigkeiten, Sportsucht zu definieren, ein wichtiges Merkmal. Diese auch als »exzessives Sporttreiben« bezeichnete Auffälligkeit ist jedoch keinesfalls ausreichend, um Sportsucht im Sinne einer krankhaften Störung zu definieren. Der Sportumfang alleine ist somit kein hinreichendes wissenschaftliches oder klinisches Kriterium, was auch daran deutlich wird, dass hohe Sportumfänge im Leistungssport gang und gebe sind. So beschreiben Tucker und Collins (2012), dass zum Beispiel 1000 Trainingsstunden pro Jahr im Hochleistungsbereich vieler Sportarten eher die Regel als die Ausnahme sind. Solche wöchentlichen Trainingsumfänge von 20 oder mehr Stunden lassen sich sicherlich nicht abgrenzen vom Sportumfang eines Sportsüchtigen. Aufgrund dieser schweren Einschätzbarkeit exzessiver Sportaktivität als gut oder schlecht bzw. gesund oder krank wurde in der Vergangenheit grundsätzlich diskutiert, ob stark ausgeprägtes Sport- und Bewegungsverhalten problematisch ist oder behandelt werden muss. In diesen Diskussionen wurde auch häufig von einer »positiven« Sucht (»positive addiction«) gesprochen (Carmack und Martens 1979; Glasser 1976; De La Torre 1995), da ja umfangreicher Sport grundsätzlich auch zu positiven Konsequenzen führen kann (z. B. körperliche oder psychische Gesundheit). Der Begriff »positive Sucht« ist jedoch aus theoretischer und klinischer Sicht unangemessen, da bei einer Sucht laut Definition grundsätzlich die negativen Umstände die denkbaren positiven Aspekte des Verhaltens deutlich übersteigen. Mit dieser Lesart unterscheidet sich der wissenschaftliche Suchtbegriff von der manchmal im Alltag üblichen Art und Weise, das Wort »süchtig« zu verwenden (nämlich für etwas, was man besonders gern oder häufig macht).

Exzessives Sportreiben ist im Sinne der Sportsucht als maßloses Sporttreiben zu verstehen. Maßlos heißt hier, »dies in einer übersteigerten, übertriebenen oder ausufernden Form –letztlich also in ungewöhnlichem Umfang – zu tun; exzessiv bedeutet aber auch, Sport und Bewegung zügellos und unersättlich zu treiben, das heißt Grenzen sowie Zweck- oder Sinnbezüge zu missachten« (Kleinert et al. 2013). Es geht also bei der Beurteilung von »exzessiv« nicht oder weniger um die Einschätzung der Quantität, sondern vielmehr um die Einschätzung der Funktionalität und Sinnhaftigkeit. Daher sind hohe Sportumfänge im Leistungssport im Rahmen der beruflichen Sportkarriere als funktional (d. h. zweckmäßig) und meist auch sinnvoll einzustufen. Die Aspekte der Funktionalität und Sinnhaftigkeit berühren darüber hinaus die Frage des Kontrollverlustes, der als ein Grundkriterium von Verhaltenssüchten weiter unten ( Kap. 2) besprochen wird.

Auch in der Sportsuchtforschung finden sich Hinweise darauf, dass der bloße Umfang von Sport sich kaum als Kriterium für Sportsucht eignet (Bamber et al. 2003). So fanden Davis et al. (1993) heraus, dass zwischen Sportumfang und anderen Suchtsymptomen nur geringe Zusammenhänge bestehen. Andersherum stellt sich die Frage, ob eine Sportsucht auch bei einem geringen Umfang von Sport bzw. körperlicher Aktivität denkbar ist. Auch wenn hierzu bislang keine abschließende Antwort vorliegt, kann angenommen werden, dass (sehr) niedrige Sportumfänge das Vorliegen einer Sportsucht ausschließen (siehe aber besondere Aspekte des zwanghaften Sporttreibens bei Essstörungen, Kap. 4.3). Die Erfassung von Sportumfängen könnte daher meist zwar als Ausschlusskriterium dienen, aber kaum als hinreichendes Kriterium für Sportsucht.

Sportsucht und pathologisches Bewegungsverhalten

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