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3 Epidemiologie der Sportsucht Jens Kleinert

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Die schlechte Nachricht zuerst: Zahlen zur Häufigkeit bzw. Auftretenswahrscheinlichkeit (Prävalenz) der Sportsucht sind bis heute kaum verlässlich. Hierfür lassen sich zwei Hauptgründe feststellen, die insbesondere in der Vorgehensweise der Forschung begründet sind: Erstens ist die Art und Weise, wie Sportsucht erfasst bzw. gemessen wird, problematisch. Eine Seite des Problems ist hierbei, dass uneinheitlich gemessen wird, also mit unterschiedlichen Fragebögen oder anderen Methoden. Die andere Seite des Problems ist, dass die verwendeten Messmethoden die Sportsucht nicht verlässlich genug, also nicht genau oder eindeutig genug, erfassen. Kurz: Aus dem Ergebnis eines Fragebogens oder einer anderen Methode lässt sich das Vorliegen einer Sportsucht nicht eindeutig ableiten. Der zweite Hauptgrund für die unklaren Befunde der Epidemiologie liegt in den Untersuchungsgruppen, in denen die Häufigkeit von Sportsucht bislang überprüft wurde. Diese Gruppen sind nicht repräsentativ für Sporttreibende oder für die Gesamtbevölkerung; stattdessen wurden in den Untersuchungen zumeist sehr spezifische Sportarten untersucht, weswegen sich die Ergebnisse nur bedingt auf andere Sportarten und natürlich auch nicht auf die Gesamtbevölkerung übertragen lassen. Beide Gründe, also das Problem der uneinheitlichen und ungenauen Messung sowie das Problem der selektiven und wenig repräsentativen Untersuchungsgruppen, werden in diesem Kapitel behandelt.

Eine weitere Schwierigkeit in der Erfassung von Sportsucht besteht darin, dass Verhaltenssüchte häufig maskiert, das heißt nicht ohne weiteres zu entdecken, sind. Diese Maskierung ist damit begründet, dass das problematische Verhalten grundsätzlich eine gewisse Normalität beinhaltet: Essen, Einkaufen, Sporttreiben sind normale menschliche Verhaltensweisen, weswegen normale und krankhafte Ausprägungen bei Sportsucht oder anderen Verhaltenssüchten eng beieinander liegen (Egorov und Szabo 2013) und daher Übergänge zwischen gesund und krank fließend sein können und zudem vom Kontext (z. B. Leistungs- oder Freizeitsport) abhängen. Diese Verschmelzung erschwert die Abgrenzung von gesund und krank.

Trotz der geschilderten Probleme lohnt es sich, die Forschungslage zur Epidemiologie von Sportsucht aufzuarbeiten. Zwar zeigt die Forschung noch kein abschließendes, epidemiologisches Bild, allerdings können im vorliegenden Kapitel zwei Ziele erreicht werden. Erstens hilft die Beschreibung der Problemlage im Zusammenhang mit der Betrachtung von Prävalenzen dabei, Forschungslücken und hiermit notwendige, zukünftige wissenschaftliche Arbeiten abzuleiten. Und zweitens hilft das Zusammentragen der bestehenden Datenlage ein erstes, wenn auch vorläufiges und nicht allgemeingültiges oder in allen Fällen übertragbares Bild über die Auftretenswahrscheinlichkeit von Sportsucht zu erstellen.

Sportsucht und pathologisches Bewegungsverhalten

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