Читать книгу Sportsucht und pathologisches Bewegungsverhalten - Jens Kleinert - Страница 19
2.2.5 Aufwand
ОглавлениеIn der Sportsuchtliteratur wird das Thema Aufwand zumeist mit dem Zeitumfang in Verbindung gebracht, den Sportsüchtige mit sportlichen Aktivitäten verbringen (Hausenblas und Symons Downs 2002a). In Bezug auf das Sporttreiben selbst ist bereits weiter oben beschrieben worden, dass hohe Umfänge der Sport- und Bewegungsaktivität kein hinreichendes Kriterium für Sportsucht sind ( Kap. 2.1.1). Sport- und Bewegungsumfänge müssen individuell unter Berücksichtigung der Lebenssituation, des Leistungsniveaus und der biopsychosozialen Begleitumstände (z. B. Verletzungen, Stimmungslage, soziale Situation) eingeschätzt werden.
Im Rahmen der Diskussion um Zeitaufwände wird allerdings vernachlässigt, dass die zeitlichen Aufwände nicht nur das Sporttreiben selbst, sondern auch verschiedene Aktivitäten betreffen, die in engem Bezug zum Sport stehen. Hierbei spielen zum Beispiel organisatorische Aufwände für die Planung und Vorbereitung des Sporttreibens eine Rolle. Solche Aufwände betreffen den »sportfreien« Alltag, insbesondere die Trainingsplanung, Trainingskontrolle oder die Beschaffung von Sportausrüstungen oder Hintergrundinformationen. Durch diese Aktivitäten übernimmt der Sport die Vorherrschaft im Alltag der Patienten (Bamber et al. 2000; Bamber et al. 2003) und verdrängt andere wichtige Aspekte und Lebensbereiche.
Ein wichtiger Lebensbereich, der hiervon betroffen ist, ist das Ernährungsverhalten. Ernährung und Essen sind nicht nur bei der sekundären Sportsucht relevant (in Form einer vorliegenden Essstörung), sondern betreffen vermutlich alle Sportsüchtigen. Der Grund hierfür liegt in der engen Verbindung von Ernährung und Sport, die bereits bei unauffällig Sporttreibenden zu beobachten ist (Beschäftigung mit Vitaminen/Spurenelementen, Eiweißen [insbes. Kraftsportarten] oder Kohlenhydraten [Ausdauersportarten]). Darüber hinaus sollte angemessene Ernährung insbesondere bei intensiver Sportaktivität gut organisiert sein. Vermutlich ist diese Organisation im Falle eines gestörten Sportverhaltens ebenfalls beeinträchtigt, was zu einer unangemessenen Fixierung auf Ernährung und in der Folge auch zu hohen diesbezüglichen Aufwänden führen kann (bis hin zur Einnahme illegaler Substanzen). Denkbar ist sogar, dass derartige Entwicklungen dazu führen, dass sich sekundäre Essstörungen ausbilden.