Читать книгу Mild ist die färöische Sommernacht - Ein Färöer-Krimi - Jógvan Isaksen - Страница 10
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ОглавлениеSonntag. Ich lag im Bett und schaute an die fleckige Decke, versuchte, Gesichter in den feuchten Stellen zu erkennen, während ich nachdachte. Sollte ich mich auf die andere Seite drehen und versuchen, nochmal einzuschlafen, oder sollte ich aufstehen und mir irgendwas zu essen organisieren?
Der Hunger siegte. Ich ging in die Küche, aber da war natürlich nichts. Nicht ein Krümel. Also mußte ich in die Stadt, um etwas zu kaufen.
Zunächst stellte ich mich unter die Dusche, das ist das beste bei einem Kater, rasierte mich, holte saubere Unterwäsche und ein Hemd aus dem Koffer und fand nun, ich könnte es wagen, mich unter ganz gewöhnlichen Menschen sehen zu lassen. Auf dem Küchentisch stand eine Whiskyflasche und sah mich verführerisch an, sie wollte mitkommen. Aber nein, noch nicht. Ich halte es da mit W.C. Fields: Vor acht Uhr morgens trinke ich niemals etwas Stärkeres als Gin.
Aber es war schon lange her, daß es acht gewesen war. Das Wunschkonzert war so deutlich von den tauben Obermietern zu hören, als wären wir in einem Zimmer. Lapp-Lisa und ihre Tochter sangen “Kinderglauben” wie an allen anderen Sonntagen.
Das Wetter war besser als gestern. Mildes Wetter. Trocken und eine leichte Brise, und auf dem Weg in die Stadt schien es mir, als könne ich Nólsoy erahnen. Aber das war vielleicht nur Wunschdenken?
Im Hotel Hafnia, bei Selter zum Butterbrot, versuchte ich herauszukriegen, was Hugo wohl gemeint hatte, als er sagte, es wäre zu gefährlich gewesen, gestern abend im Club zu reden. Er hatte auch gesagt, daß es etwas mit Sonja zu tun hätte und daß er deshalb in Dänemark gewesen sei. Ich überlegte, was Sonja und Hugo wohl Gefährliches vorgehabt hatten - und Sonja war schließlich tot.
Hugo war Ingenieur, von der Sorte, die man in jedem zweiten Haus auf den Färöern findet, und Sonja Journalistin. Sie sah besser aus als die meisten, ansonsten war nichts Außergewöhnliches an ihr. Die beiden waren ganz normale Menschen, die sich nicht in irgendwas einmischten, wenn es für sie nicht von Vorteil war. Was könnte das in diesem Fall sein? Politisch waren sie vollkommen passiv, diesen Weg brauchte ich also gar nicht weiter zu verfolgen.
Mein Wissen war allzu begrenzt, also beendete ich die Gehirngymnastik und las statt dessen die Anzeigen in dem Amtsblatt vom Samstag, während ich Kaffee trank.