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PROLOG

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Das Feuer loderte zum dämmrigen Himmel empor. Die Flammen rissen sich von ihrem heißen Ursprung los und führten für einen kurzen Augenblick ihr eigenes Leben. Der Nachtwind kam langsam herangestrichen, und mit ihm stieg und fiel der Funkenregen, tanzte umher und verschwand gen Himmel. Die Gesänge waren verstummt, und die meisten standen nur da und starrten ins Feuer.

Sie versuchte etwas zu finden, wohinter sie sich hocken konnte. Nun hatte sie so lange ausgehalten, jetzt war sie an der Reihe. Sie war etwas unsicher auf den Beinen und sagte zu sich selbst, daß sie aufpassen mußte, wenn sie noch etwas von der Nacht haben wollte. Und sie wollte viel haben. Mehr als sich irgendeiner dieser Ignoranten, die jetzt damit angefangen hatten, aus dem Liederbuch des Färöischen Volkes zu singen, nur erträumen konnte. Aber sie mußte aufpassen und einen klaren Kopf bewahren. Warum war die Hochebene nur so kahl? Es gab nicht einmal einen passenden Stein, um sich dahinter zu verstecken. Sie war jetzt so weit von den anderen entfernt, daß sie meinte, hier könne sie sich auch hinter einen kleineren Stein hocken. Während sie so saß, hörte sie es irgendwo im Dunkeln atmen. Eine Gänsehaut überlief sie, aber das war nicht der richtige Augenblick für schwache Nerven. Wahrscheinlich war das ein Schaf. Oder ein Mensch, der auch nach einem Ort suchte, um der Natur freien Lauf zu lassen. Die Götter waren Zeuge, daß reichlich getrunken wurde.

Auf dem Weg zurück sah sie auf dem nördlichen Ende der Hochebene sich die Umrisse einer Person gegen den Himmel abzeichnen. “Nun ist die Stunde gekommen” fiel ihr plötzlich ein. Und ihr wurde im gleichen Moment klar, daß man weit davon entfernt ist, nüchtern zu sein, wenn einem solche Worte einfallen. Sie blieb stehen. Hatte sie nicht Schritte auf dem Kies gehört? Nein, da war nichts. Nur von der Versammlung dröhnte es herüber:

Und Menschen verschwinden wie Schatten

von Pfaden und taufeuchten Grasmatten

Sie hatte einen Entschluß gefaßt und ging auf die Gestalt zu, die am Ende des Felsens stand.

Als sie dorthin gekommen war, blieb sie stehen. Schaute zunächst hinunter auf die stille Bucht; die drei Ortschaften dort unten waren in der Mainacht fast nicht zu erkennen, blickte dann zum Ritafjall hinauf und südwärts auf den Sigatind und Gøtunestind. In kurzer Zeit würden sie im roten Glanz der Morgensonne schimmern.

In dem Augenblick, als sie den Mund öffnete und die ersten Worte sagen wollte, die Worte, die sie reich machen sollten, packten starke Hände ihre Arme von beiden Seiten, und in einer gleitenden Bewegung wurde sie über die Kante geschleudert. Der Angriff kam so unerwartet, daß sich ihr Hals zusammenschnürte, und kein Ton von ihr zu hören war, als sie durch die Luft wirbelte. Das letzte, was ihr durch den Kopf fuhr, als sie langsam fiel, und Himmel und Erde mit gleichmäßigem Abstand den Platz tauschten, war die Verwunderung darüber, wo nur der Mond am Himmel stünde.

Mild ist die färöische Sommernacht - Ein Färöer-Krimi

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