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Wachsschuppen – wie Bläulinge die Zeche prellen
ОглавлениеWenn die zarten Wiesenknopf-Bläulinge (Maculinea nausithous) im Sonnenlicht über den purpurnen Wiesenknopfblüten aufblinken, ahnt man nicht, welchen dramatischen Lebensumständen und Gefahren diese kleinen Falter im Verlauf eines Jahres ausgesetzt waren. So ist jeder Falter erst kurz vorher in einem unterirdischen Nest der Gelbroten Knotenameise (Myrmica laevinodis) aus seiner Puppenhülle geschlüpft, die Flügel noch knittrig angelegt, und der Körper mit wollig-weißlichen Wachsschuppen bedeckt. Die sollen den jungen Falter auf seinem Fluchtweg ans Tageslicht vor den zudringlichen Bewohnern schützen, die ihn als Beute wahrnehmen. Beim Zubeißen bleiben die Schuppen den Ameisen in den Mundwerkzeugen kleben, sodass sie erstmal beschäftigt sind.
Doch wie ist die Puppe überhaupt in den Bau gekommen? Das ist eine der abenteuerlichsten Geschichten eines Lebenszyklus im Tierreich: Die Raupen schlüpfen noch auf dem Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis) aus dem Ei und fressen dort zunächst an den Blüten und Früchten. Nach der zweiten oder dritten Häutung klettern sie auf den Boden herab und suchen einen Ameisenpfad der oben genannten Knotenameise, wo sie verharren, bis sie von Ameisen gefunden werden. Die nehmen sie dank eines Duftstoffs wie eine Larve der eigenen Brut anstatt als Beute wahr und tragen sie in ihren Bau ein. Dort wird sie zur eigenen Brut gelegt und gefüttert, wobei die Raupe ihre Wohltäter mit Sekrettröpfchen aus einer Rückendrüse belohnt. Gleichzeitig frisst sie bis zur Verpuppung im nächsten Frühjahr mehrere Hundert Ameisenlarven. Immer vorausgesetzt, ihre Tarnkappe aus Duftstoffen funktioniert, denn sonst würde sie sofort selbst gefressen. Gibt es zu wenig Ameisenbrut, muss sie einen neuen Bau in der Nähe finden. Über den Winter erlischt im Ameisennest die Aktivität, und auch die Bläulingsraupe hält Winterruhe. Erst im Frühsommer verwandelt sie sich zur Puppe, und damit verliert sie ihre Dufttarnkappe. Deshalb ist der frisch geschlüpfte Bläuling auf seinem Weg nach draußen ganz auf die Wirkung seiner Wachsschuppen angewiesen, die er nach geglückter Flucht beim Trocknen und Entfalten der Flügel verliert. In Mitteleuropa gibt es fünf Arten solcher „Ameisenbläulinge“, deren Fortbestand ganz von der Existenz der zugehörigen parasitierten Ameisenart sowie von ihren artspezifischen Futterpflanzen abhängt.
Mit seinen glasig durchsichtigen Flügeln imitiert der Hummelschwärmer (Hemaris fuciformis) Hummeln. Auch er fliegt am Tage.
Ein Männchen des Kaisermantels (Argynnis paphia) beim Blütenbesuch. Die Duftschuppen liegen unter den vier schwarzen Streifen auf jedem Vorderflügel. Ihr Duft lockt Weibchen an.