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ee) Trendwende: Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Hamburgischen Hochschulgesetz, zur Medizinischen Hochschule Hannover und zur Akkreditierung
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Die Beschlüsse des BVerfG „Hamburgisches Hochschulgesetz“ von 2010[165] sowie „Medizinische Hochschule Hannover“ von 2014[166] markierten sodann eine gewisse, durch das BVerwG bereits vorbereitete,[167] vom BayVerfGH bislang indes noch nicht nachvollzogene, Kehrtwende der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Hochschulorganisationsgesetzgebung der Länder, die die weitgehende „Entfesselung“ des Hochschulgesetzgebers (Dekonstitutionalisierung) beendete und im Schrifttum daher mit Recht auf Zustimmung stieß.[168] Das BVerfG stellte fest, Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG verlange im organisationsrechtlichen Bereich, „dass die Träger der Wissenschaftsfreiheit durch ihre Vertreter in Hochschulorganen Gefährdungen der Wissenschaftsfreiheit abwehren und ihre fachliche Kompetenz zur Verwirklichung der Wissenschaftsfreiheit in die Universität einbringen können. Der Gesetzgeber muss daher ein hinreichendes Niveau der Partizipation der Grundrechtsträger gewährleisten.“[169] Konkretisierend heißt es sodann: „Das Gesamtgefüge der Hochschulverfassung kann insbesondere dann verfassungswidrig sein, wenn dem Leitungsorgan substantielle personelle und sachliche Entscheidungsbefugnisse im wissenschaftsrelevanten Bereich zugewiesen werden, dem mit Hochschullehrern besetzten Vertretungsgremium im Verhältnis hierzu jedoch kaum Kompetenzen und auch keine maßgeblichen Mitwirkungs- und Kontrollrechte verbleiben.“[170] Für den vorerst letzten, die Wissenschaftsfreiheit revitalisierenden jurisdiktionellen „Paukenschlag“ sorgte der Akkreditierungs-Beschluss des BVerfG vom 17. Februar 2016,[171] der nicht nur die Akkreditierung von Studiengängen nach dem bisherigen nordrhein-westfälischen Landesrecht (sog. Programmakkreditierung) für unvereinbar mit Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG erklärte (und in seinen tragenden Gründen dabei auch auf die System- und institutionelle Akkreditierung anwendbar ist[172]), sondern auch wiederum mit grundsätzlichen Ausführungen zum Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit aufwartete. Letzteres „steht zwar Vorgaben zur Qualitätssicherung von Studienangeboten grundsätzlich nicht entgegen. Wesentliche Entscheidungen zur Akkreditierung darf der Gesetzgeber jedoch nicht weitgehend anderen Akteuren überlassen, sondern muss sie unter Beachtung der Eigenrationalität der Wissenschaft selbst treffen.“[173] Auf Länderebene setzte zuletzt der VerfGBW[174] die neuere Linie des BVerfG einer verschärften verfassungsgerichtlichen Kontrolle des Hochschulgesetzgebers konsequent fort und kehrte mit Blick auf Art. 20 Abs. 1 LVBW zu den Grundsätzen zurück, die das BVerfG in den 1970er entwickelt hatte, indem der VerfGHBW das Erfordernis hinreichend effektiver Mitwirkungsrechte des Senats bei Bestellung und Abberufung der (mit starkem Kompetenzübergewicht ausgestatteten) Hochschulleitung[175] herausstellte und vor diesem Hintergrund die insoweit defizitäre Regelung gem. § 18 Abs. 1–3, Abs. 5 S. 1–4 BWLHG für verfassungswidrig erklärte.