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4.5 Konflikttransformation, John Paul Lederach

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Es ist allgemein anerkannt, dass es sich bei den Interaktionen zwischen lokaler Bevölkerung, Staat und Bergbauunternehmen um Konflikte handelt. Wer über diese Konflikte spricht, braucht dafür unterschiedliche Begriffe. Manche Begriffe sind so offen und neutral, dass sie allen Involvierten akzeptieren, andere sind enger gefasst und werten. Dem entsprechend beschreibt nur ein Teil der Involvierten die Konflikte mit diesen Begriffen: conflictos sociales, Menschenrechtsverletzungen, Umweltkonflikte etc.

Wenn Konfliktparteien und eventuell Vermittler diese Konflikte bearbeiten, so drängt sich die Frage auf, was dabei mit dem Konflikt geschehen soll. Der amerikanische Friedensforscher und Mediator John Paul Lederach hat als Antwort auf diese Frage das Konzept der Konflikt-Transformation (conflict transformation) entworfen.89 Lederach bewegt sich nach eigener Einschätzung innerhalb einer religiös-ethischen Tradition der Anabaptisten und Mennoniten.90 Aus dieser Sicht ist Friede stets eingebettet in Gerechtigkeit. Es ist wichtig, gerechte soziale Beziehungen und Strukturen aufzubauen; Orientierung dazu bietet ein radikaler Respekt für Menschenrechte und das menschliche Leben. Die Methoden, um einen gerechten Frieden zu realisieren, müssen immer gewaltlos sein. Konflikte sind für Lederach – ganz im Sinne von Simmel – Antrieb für Veränderungen und normal für die Beziehung zwischen Menschen.

Lederach definiert Konflikt-Transformation als „to envision and respond to the ebb and flow of social conflict as life-giving opportunities for creating constructive change processes that reduce violence, increase justice in direct interaction and social structures, and respond to real-life problems in human relationships“.91

Definition: „Conflict transformation is… Metapher Körper
to envision and respond Kopf
to the ebb and flow of social conflict Herz
as life-giving opportunities Herz
for creating constructive change processes Hände
that reduce violence, Beine u. Füsse
increase justice Beine u. Füsse
in direct interaction and social structures, Beine u. Füsse
and respond to real-life problems in human relationships.“ Herz

Tabelle 2: Definition und Metapher der Konflikt-Transformation nach Lederach

Envision and respond: Konflikt-Transformation erkennt, betrachtet und analysiert Konflikte als ein menschliches und positives Phänomen, das die Möglichkeit gibt, vorteilhafte Veränderungen zu realisieren. Das geschieht sozial aktiv, Menschen, die Konflikte im Sinne der Konflikt-Transformation bearbeiten, loten die Möglichkeiten zu sozialer Veränderung aus, aber auch innerlich aktiv, indem sie sich mit dem Konflikt intellektuell auseinandersetzen.

Ebb and flow: Menschen betrachten und analysieren Konflikte in einem grösseren Kontext. Sie ordnen konfliktöse Vorkommen in das soziale Umfeld und die längerfristige Konfliktgeschichte ein.

Life-giving opportunities: Konflikte sind normal für menschliche Beziehungen; sie bieten die Möglichkeit, uns selber und unsere sozialen Strukturen besser zu verstehen und zu entwickeln. Menschen sollen Konflikte in diesem Sinne besser als gute Gelegenheiten zur Entwicklung denn als Bedrohung wahrnehmen.

Constructive change processes: Konflikte bieten die Gelegenheit, Veränderungen einzuleiten. Die neuen Verhältnisse sind verglichen mit der Ausgangslage besser. Der Ansatz der Konflikt-Transformation konzentriert sich auf die dynamischen Aspekte sozialer Konflikte.

Reduce violence, increase justice: Konflikte haben wie andere Beziehungen zwei Dimensionen: die unmittelbare Interaktion zwischen Menschen und die Art, wie wir unsere sozialen, politischen, ökonomischen und kulturellen Beziehungen strukturieren. Bei der Konflikt-Transformation verzichten Menschen auf Gewalt. Sie sprechen Fragen der Gerechtigkeit an. Konfliktparteien müssen mitreden können, wenn es um Entscheidungen geht, die ihr Leben betrifft. Menschen sollen ungerechte Muster in beiden Dimensionen sollen in gerechte umformen.

Direct interaction and social structures: Konflikt-Transformation bearbeitet Konflikte auf allen Ebenen von Beziehungen: auf der interpersonalen Ebene, zwischen Gruppen und auf der sozialstrukturellen Ebene. Das essentielle, aber nicht ausschliesslich einzusetzende Instrument dazu ist Dialog.

Human relationships: Konflikte drücken menschliche Beziehung aus. Beziehungen sind immer eingebettet in einen breiteren sozialen Kontext. Manche Aspekte menschlicher Beziehung sind offensichtlich und unmittelbar, andere schwieriger zu erkennen und in lange währenden sozialen Strukturen verankert.

Lederach sieht herkömmliche Konflikt-Lösungen bei Konflikten angebracht, wo die Konfliktparteien eine schnelle und abschliessende Lösung suchen, wo die Konfliktparteien wenig Beziehung miteinander haben und in Zukunft keinen Kontakt mehr pflegen.92 Konflikt-Transformation dagegen ist dort angebracht, wo langfristige Beziehungen auf dem Spiel stehen. Diese Konflikte entstehen in der Regel in einem bestimmten sozialen Kontext.

Bergbaukonflikte gehören zum Konflikttyp, bei dem der Ansatz der Konflikt-Transformation angebracht ist: Die Konfliktparteien lokale Bevölkerung einerseits und der Nationalstaat andererseits pflegen eine enge und auf lange Dauer angelegte Beziehung. Das Bergbauunternehmen als dritte Konfliktpartei hat sowohl mit dem Nationalstaat wie mit der lokalen Bevölkerung eine enge Beziehung, die in der Regel zwei oder drei Jahrzehnte dauert – vorausgesetzt, das Bergbauunternehmen nimmt den Betrieb in einem bestimmten Territorium auf.

Bergbaukonflikte in Cajamarca, Peru, und gesellschaftlichpolitische Entwicklung

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