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»So machen es edle Frauen, die ihre Kinder lieben«
ОглавлениеPlutarch lobt seine Frau, dass sie weder Trauerkleidung angezogen, noch sich und den Mägden »Selbstquälung« gestattet hat. Die Bestattung hat sich in aller Stille, ohne »kostbaren und festlichen Prunk« abgespielt. Auch diese »maßvolle Einfachheit« passt zum Wesen seiner Frau, die auch nie bei einer freudigen Gelegenheit durch übertriebenes Vergnügen oder unsinniges Gelächter ihre Würde verloren hat. Sie hat stets alles Auffällige in Putz und Kleidung verschmäht. »Verwerflich« findet er »die unersättliche Neigung zum Jammern«, das Klageschreien, das Brüsteschlagen, das Abschneiden der Haare, die Vernachlässigung der Körperpflege. Timoxena war in diesen Punkten immer in Übereinstimmung mit ihrem Mann.
»Denn durch deine einfache Kleidung und unverzärtelte Lebensweise hast du bei allen Philosophen, die mit uns in Umgang und Bekanntschaft lebten, Bewunderung erregt, und alle unsere Mitbürger haben schon bei Festen, Opfern und Schauspielen dein bescheidenes Wesen beobachtet. Auch in ähnlichen Fällen hast du schon große Standhaftigkeit gezeigt, zuerst bei dem Verluste deines ältesten Kindes und dann wieder, als der gute Chäro uns verließ. Ich erinnere mich, wie ich damals, als ich die Nachricht vom Tode des Kindes erhielt, mit einigen Freunden auf dem Rückwege von einer Seereise war, welche dann, nebst anderen, mit mir nach meiner Wohnung gingen; wie sie nun hier alles in schönster Ordnung und Ruhe fanden, glaubten sie, es sei hier kein Unglück geschehen, sondern nur ein falsches Gerücht davon verbreitet worden. So verständig hattest du alles im Hause angeordnet, unter Umständen, wo selbst Unordnung ganz verzeihlich gewesen wäre. Und doch hattest du jenes Kind an deiner Brust gesäugt … So machen es edle Frauen, die ihre Kinder lieben.«
Plutarch dankt seiner Frau, dass er das »Schlimmste und Gefährlichste« nicht zu befürchten hat: »ich meine den Besuch und das Geschrei und Mitgeheul schlechter Weiber, welche die Trauer bloßlegen und noch steigern.« Dadurch bringen sie nur »noch Feuer zum Feuer«. »Wenn man das Haus eines Freundes brennen sieht, löscht jeder so schnell und so gut er kann, wenn aber Seelen im Feuer stehen, so tragen sie ihnen noch Brennstoff zu.«
Im nächsten Teil fordert der Philosoph seine Frau auf, sich in Gedanken »in jene Zeit vor der Geburt dieses Kindes zu versetzen.« Nach seinem Tode sind beide »wieder in gleiche Verhältnisse gekommen« und so dürfen sie nicht undankbar sein für die Lebensjahre des Kindes, »da sie uns den schönsten Genuss verschafften«. Er warnt davor, immer und überall mit dem Schicksal unzufrieden zu sein. »Denn es trägt immer gute und süße Früchte, wenn man von den Göttern nur Gutes redet und das Schicksal mit Gleichmut und Zufriedenheit erträgt …«
Zudem soll sie bedenken, dass sie noch von vielen Menschen wegen ihrer Kinder, ihres Hauses und ihrer Lebensart von andern Menschen beneidet wird. Es wäre falsch, nur über das Verlorene zu jammern und darüber zu versäumen, die Annehmlichkeiten, die sie besitzt, zu genießen.