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III.Tatbestand 1.Objektiver Tatbestand

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247Erforderlich ist, dass der Täter sich oder einem Dritten eine fremde bewegliche Sache rechtswidrig zueignet. Das Merkmal der Zueignung ist – anders als bei § 242 – bereits Merkmal des objektiven Tatbestandes, so dass die bloße auf Zueignung gerichtete Absicht nicht genügt, sondern die Zueignung vollendet sein muss. In subjektiver Hinsicht genügt insoweit Eventualvorsatz.

248a) Hinsichtlich der fremden beweglichen Sache gelten die Ausführungen zu § 242 entsprechend656.

249aa) Da § 246 keine Wegnahme einer bestimmten Sache voraussetzt, ist das Tatobjekt nicht ohne weiteres hinreichend konkretisiert. Erforderlich ist dennoch stets, dass sich die Zueignung auf eine bestimmte Sache bezieht657.

Bsp.: Der Arbeitnehmer T veräußert per Telefon an D 100 von 1000 Kartons Terracotta-Fliesen, die im Warenlager seines Arbeitgebers O liegen. – T macht sich nicht nach § 246 strafbar, solange die Kartons nicht ausgesondert sind, weil sich die Zueignung (noch) nicht auf ein bestimmtes Tatobjekt bezieht.

250bb) Hinsichtlich des Merkmals „fremd“ sind Fälle des Selbsttankens ohne Bezahlung besonders klausurrelevant.

Bsp.: T betankt seinen Wagen mit Benzin. Als er sich zum Bezahlen in den Verkaufsraum begibt, sieht er, dass sich dort niemand aufhält. Er entschließt sich spontan, wegzufahren und auf das Bezahlen zu verzichten.

251Zu beachten ist zunächst, dass ein Diebstahl mit dem Einfüllen des Benzins in den Tank regelmäßig schon deshalb ausscheidet, weil der Tankstelleninhaber mit dem Befüllen durch den Kunden und damit mit dem Gewahrsamswechsel grundsätzlich einverstanden ist, so dass keine Wegnahme vorliegt658. Ein Betrug gemäß § 263 durch das Betanken, der § 246 aufgrund der Subsidiaritätsklausel verdrängen würde, kommt nur in Betracht, wenn der Täter vom Personal wahrgenommen wird (Erfordernis von Täuschung und Irrtum) bzw. zumindest damit rechnet (versuchter Betrug) und er schon zu diesem Zeitpunkt nicht bezahlen wollte659. Ob eine Unterschlagung gemäß § 246 vorliegt, hängt vornehmlich von den zivilrechtlichen Eigentumsverhältnissen beim Betanken ab. Zunächst könnte man daran denken, dass der Kunde Eigentum durch Vermischung mit dem sich im Tank befindenden Restbenzin gemäß §§ 947, 948 BGB erwirbt. Allerdings wird der Tankstelleninhaber Miteigentümer, was für das Merkmal der Fremdheit ausreichend ist660. Möglicherweise erwirbt der Kunde jedoch schon zum Zeitpunkt des Befüllens das Alleineigentum durch Übereignung nach § 929 Satz 1 BGB. Dies wird in der Literatur bisweilen bejaht661, weil in der Betätigung des Zapfhahns durch den Kunden das Angebot zum Abschluss des Kaufvertrages und der dinglichen Einigung zu sehen sei, das der Tankstelleninhaber annehme, indem er das Selbstbedienungstanken erlaube. Die h. M. lehnt dies jedoch mit Recht ab. Teilweise wird zwar angenommen, dass Kaufvertrag und dingliche Einigung schon beim Tanken zustande kommen. Die dingliche Einigungserklärung des Tankstelleninhabers stelle die Übereignung jedoch unter Eigentumsvorbehalt (§§ 929 Satz 1, 158 Abs. 1 BGB), so dass das Eigentum erst bei vollständiger Kaufpreiszahlung übergehe662. Andere gehen davon aus, dass – soweit nicht ausdrücklich auf einen Eigentumsvorbehalt hingewiesen wird – der Kaufvertrag und die dingliche Einigung erst an der Kasse zustande kommen. Dafür spricht, dass erst nach dem Tanken die Art und Menge des zu übereignenden Kraftstoffes feststehen und damit hinreichend bestimmt sind663. Die h. M. wahrt so das Sicherungsinteresse des Tankstelleninhabers, der das Wegfahren des Kunden faktisch kaum verhindern kann664. Im Beispiel ist das Benzin an der Kasse nicht übereignet worden, so dass T sich gemäß § 246 Abs. 1 strafbar gemacht hat.

252b) Die Auslegung der Selbst- bzw. Drittzueignung erfolgt in Anlehnung an die für § 242 entwickelten Grundsätze. Die dort diskutierten Probleme im Bereich Enteignung und Aneignung (z. B. Substanzzueignung oder Sachwertzueignung) können daher auch im Rahmen des § 246 zu erörtern sein. Die Preisgabe, Beschädigung oder Zerstörung einer Sache wird daher nicht erfasst665.

Bsp.: T findet auf der Straße eine Puppe des Nachbarkindes O. Weil T dieses nicht leiden kann, zerstört er die Puppe bzw. ermöglicht dem D die Zerstörung. – Eine Selbst- bzw. Drittzueignung scheidet aus, weil es an einer Aneignung fehlt. Die Tat bewirkt lediglich eine Sachzerstörung, die von § 303 erfasst wird.

253Dabei ist die Zueignung objektives Tatbestandsmerkmal, das freilich eine gewisse subjektive Komponente aufweist, weil nach h. M. die Manifestation des Zueignungswillens entscheidend ist.

Beachte: Dass sich auch bei objektiven Merkmalen subjektive Elemente finden, ist – wie die Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 Gruppe 2 zeigen666 – nicht außergewöhnlich.

254aa) Zueignung ist eine aus dem Blickwinkel eines neutralen Beobachters äußerlich erkennbare Handlung, die auf den tatsächlich vorliegenden Willen des Täters schließen lässt, dass er den Eigentümer dauerhaft aus seiner Position verdrängen und die Sachsubstanz oder den Sachwert wenigstens vorübergehend dem eigenen Vermögen oder dem Vermögen eines Dritten einverleiben möchte. Aufgrund dieser Betrachtung ist es nicht notwendig, eine – bei der Tat noch gar nicht abgeschlossene – dauerhafte Enteignung tatsächlich festzustellen667. Erforderlich ist vielmehr eine nach außen erkennbare Manifestation des Zueignungswillens, durch die auf eine dauerhafte Enteignung und vorübergehende Aneignung der Sachsubstanz oder eines in der Sache spezifisch verkörperten Sachwerts geschlossen werden kann668. Der bloße Zueignungswille oder die bloße Willenskundgabe sind nicht ausreichend669.

Bsp. (1): T steckt eine gefundene Geldbörse in seine Jackentasche, um diese zu behalten. – Das Einstecken stellt noch keine Manifestation des Zueignungswillens dar, weil ebenso der Schluss gezogen werden könnte, dass die Geldbörse zurückgegeben werden soll. Eine Manifestation wäre aber zu bejahen, wenn T vom Eigentümer oder einem Passanten auf den Fund angesprochen wird und dabei das fremde Eigentum leugnet; dasselbe gilt, wenn er das Geld ausgibt.

Bsp. (2):670 Kassierer T bemerkt in der von ihm eigenverantwortlich geführten Kasse ein Defizit von 1000 €. Aus Angst vor einer Kündigung verschleiert er den Fehlbestand wie folgt: Neu eingehende Zahlungen gibt er zwar in die Kasse, diese werden aber entgegen den arbeitsrechtlichen Weisungen nicht als eingegangen verbucht. Später möchte T das Defizit mit eigenen Mitteln ausgleichen. – Fraglich ist, ob das Verhalten in Bezug auf das nicht verbuchte Geld den Schluss auf eine dauernde Enteignung zulässt. Teilweise wird auf die Parallele zum Dienstmützenfall verwiesen671, weil das Geld in die Kasse gegeben und der Arbeitgeber nur über das Bestehen einer Ersatzpflicht getäuscht wurde; folglich sei § 246 zu verneinen, so dass aufgrund der unzutreffenden Verbuchung nur § 263, ggf. auch § 266 in Betracht kommt. Dagegen wird aber vor allem angeführt, dass T das Geld aufgrund der mangelnden Verbuchung zunächst dem Eigentümer entzieht672, um es dann sogleich als eigenes Geld zur Kompensation des Defizits in die Kasse zu geben. Der Fall ist vergleichbar mit den Rückverkaufsfällen673, weil mit der Einzahlung des Geldes in die Kasse ohne Verbuchung das fremde Eigentum gerade geleugnet wird. Mit der mangelnden Verbuchung manifestiert sich der Zueignungswille erkennbar nach außen. Da das Geld auch anvertraut ist, macht sich T zudem nach § 246 Abs. 2 strafbar. Für diese Sichtweise spricht letztlich, dass es bei § 246 hinsichtlich der Zueignung auf den konkreten Geldschein ankommt, so dass die geplante Kompensation mit eigenem Geld unerheblich ist. Gedanken der Wertsummentheorie können allenfalls bei der (hier allerdings zu bejahenden) Rechtswidrigkeit der Zueignung zum Tragen kommen.

255Eine Manifestation der Zueignung ist typischerweise im Veräußern674, Verschenken, Verbrauchen, Verzehren und Verarbeiten der Sache zu sehen. Ferner kann dies anzunehmen sein, wenn der Täter den Gewahrsam an der Sache gegenüber dem Eigentümer leugnet675 oder die Sache so gebraucht, dass sie erheblich an Wert verliert676. Hingegen kann bei mehrdeutigen Verhaltensweisen – wie in der unterlassenen Rückgabe einer Sache trotz entsprechender Pflicht (z. B. nach Ablauf des Mietvertrages) – nicht ohne weiteres eine Zueignung gesehen werden677. Denn diese kann auf bloßer Nachlässigkeit, Säumnis oder anderen Gründen (etwa Zeitmangel) beruhen.

Bsp. (1): T findet den Ehering der O; er nimmt diesen mit nach Hause und legt ihn dort in eine Schachtel. – Die Nichtanzeige des Fundes, die Nichtrückgabe und Verwahrung der Sache begründen keine Manifestation des Zueignungswillens, weil das Verhalten auch den Schluss zulässt, dass die Sache erst etwas später zurückgegeben werden soll oder der Täter den Verlierer selbst suchen möchte.

Bsp. (2):678 T gibt das von O geliehene Auto nicht rechtzeitig zurück und fährt noch ein paar Tage mehr damit herum. Mit der Weiternutzung liegt noch keine Manifestation des Zueignungswillens vor, weil diese zunächst nur den Schluss auf eine Gebrauchsanmaßung, nicht aber auf eine dauerhafte Enteignung zulässt; zu einem anderen Ergebnis kann man aber gelangen, wenn der Wagen nach außen erkennbar noch über einen langen Zeitraum genutzt werden soll, so dass der Schluss auf eine (dauerhafte) Sachwertenteignung möglich ist.

256(1) Nach der hier vertretenen Konzeption liegt damit der Schwerpunkt im objektiven Tatbestand auf der Manifestation der Zueignung, die vom Blickwinkel eines neutralen Beobachters zu beurteilen ist679. Ob der Täter tatsächlich einen Enteignungs- und Aneignungswillen hat, ist allein eine Frage des Vorsatzes680. Dagegen mag man einwenden, dass dadurch die objektive und subjektive Komponente der Zueignung in der Prüfung auseinander gerissen werden. Jedoch ist dies auch ansonsten der Fall, weil der subjektive Tatbestand eben erst der Prüfung der Merkmale des objektiven Tatbestandes nachfolgt. Zudem kann so Irrtumsfällen sachgerecht über die Irrtumsregelung des § 16 Abs. 1 Satz 1 Rechnung getragen werden. Im Übrigen bleibt auch unklar, inwieweit sich der Zueignungswille von anderen subjektiven Merkmalen so maßgeblich unterscheidet, dass eine abweichende Prüfung geboten ist. Für die Falllösung selbst darf freilich die Frage der Prüfungsreihenfolge nicht überbewertet werden.

257(2) Bisweilen wird der Charakter als Erfolgsdelikt stärker betont und daher eine bloße Manifestation des Zueignungswillens nicht für ausreichend erachtet. So wird teilweise als Voraussetzung der Zueignung die tatsächliche Aneignung der Sache verlangt681. Andere wiederum verlangen die dauerhafte Enteignung des Eigentümers682 bzw. zumindest eine diesbezügliche Gefahr683, so dass die bloße Leugnung des Besitzes oder ein Verkaufsangebot gegenüber Dritten nicht genügen würde. Gegen solche Ansichten spricht jedoch, dass auf Aneignungs- und Enteignungskomponente unterschiedliches Gewicht gelegt wird. Zudem wird der Anwendungsbereich der Vorschrift erheblich eingeschränkt, weil eine dauerhafte Enteignung nur schwer festgestellt werden kann und bei der Drittzueignung ggf. eine tatsächliche Aneignung des Dritten festgestellt werden müsste, was jedoch gar nicht erforderlich ist684.

258bb) Im Gegensatz zur Rechtslage vor dem 6. StrRG 1998 ist im Übrigen nicht erforderlich, dass der Täter die Sache „in Besitz oder Gewahrsam“ hat. Daher kann § 246 unproblematisch auch bei gefundenen Sachen, bei der Plünderung eines Toten oder nur mittelbarem Besitz im Sinne des Zivilrechts Anwendung finden. Zur Begrenzung des ansonsten zu weiten Tatbestandes ist allerdings als ungeschriebene, den Tatbestand begrenzende Voraussetzung der Aneignungskomponente eine sachenrechtsähnliche Herrschaftsbeziehung zu verlangen, die spätestens zum Zeitpunkt der Manifestation der Zueignung begründet werden muss, aber auch schon zuvor bestehen kann685. Als hinreichend wird man Gewahrsam, unmittelbaren, aber auch mittelbaren Besitz im zivilrechtlichen Sinne ansehen müssen686. Hat der Täter bereits Fremdbesitz an der Sache, so muss sich durch die weitere Verwendung der Sache manifestieren, dass dieser in Eigenbesitz umgewandelt wird687. Der bloße Verkauf oder das Verschenken der Sache, zu der keine Herrschaftsbeziehung besteht, d. h. die rein schuldrechtliche Einwirkung ist hingegen nicht ausreichend.

Bsp.: O hat seinen schicken Sportwagen in der gut gesicherten Garage an der Hamburger Elbchaussee stehen. Sein Neffe T schenkt den Wagen in Konstanz einem Verein zur Unterstützung brasilianischer Straßenkinder. – Der Wagen war für T eine fremde bewegliche Sache, die er sich im Wege der Schenkung grundsätzlich selbst zueignen kann688. Weil T jedoch keinen Zugriff auf die Sache hat und das Eigentum des O daher nicht gefährdet ist, muss mangels eines sachenrechtsähnlichen Herrschaftsverhältnisses § 246 verneint werden.

259Entsprechendes gilt auch in Fällen der Drittzueignung, in denen der Dritte sich in einer sachenrechtsähnlichen Herrschaftsbeziehung zur Sache befinden oder diese jedenfalls mit der Drittzueignung erlangen muss. Die Handlung muss daher zu einer Stellung des Dritten in Bezug auf die Sache führen, wie sie auch bei der Selbstzueignung für die Tatbestandsverwirklichung erforderlich ist689.

Bsp.: T sagt der D am Telefon, dass sie das unverschlossene Fahrrad des O an der Flussbrücke im Nachbarort abholen könne. – Eine Drittzueignung scheidet mangels Herrschaftsbeziehung aus. Nimmt D das Fahrrad in Kenntnis der Umstände, so verwirklicht sie § 242; T ist hierzu Anstifter.

260cc) Eine Drittzueignung ist durch bloßes Verschaffen der Herrschaftsbeziehung möglich. Der Täter braucht entsprechend den bei § 242 dargestellten Grundsätzen690 keinen eigenen Vorteil erlangen. Es genügt demnach, dass die Sache unter dauerndem Ausschluss des Eigentümers in das Vermögen des Dritten eingeordnet werden soll691. Eine Billigung, Mitwirkung oder Aneignung des Dritten ist nicht notwendig, so dass auch die aufgedrängte Sachherrschaft die Drittzueignung begründet692.

Bsp.: T stellt dem D einige von O geliehene Bücher in das Regal, die D jedoch gar nicht haben möchte. – Man kann hier bereits eine Selbstzueignung durch Schenkung annehmen693; ansonsten liegt jedenfalls eine Drittzueignung vor, bei der allein der Wille des Täters maßgeblich ist.

261dd) Wirkt der Dritte an der Tat mit, so ist eine täterschaftliche Drittzueignung von einer Teilnahme an der Selbstzueignung des Dritten abzugrenzen. Es gelten hierfür die allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme. Aufgrund der Einbeziehung der Drittzueignung ist Täterschaft freilich in einem recht breiten Bereich möglich. Bei Mittäterschaft genügt es, wenn einer der Beteiligten in einem sachenrechtsähnlichen Herrschaftsverhältnis zum Zueignungsobjekt steht. Bloße Beihilfe kommt in Betracht, wenn der Täter für den Dritten nur die Gelegenheit für die von diesem zu vollziehende Unterschlagung schafft694.

Bsp.: T, der eine Autowerkstatt betreibt, hat den teuren Geländewagen des O zur Reparatur. T weiß, dass D seit langem ein solches Modell sucht. Er informiert daher den D. Mit vereinten Kräften wird das Fahrzeug auf einen Transporter verladen und zu D gebracht. – Eine Selbstzueignung des T liegt nicht vor, da er nicht als Veräußerer oder Schenker, d. h. wie ein Eigentümer auftritt. T und D sind aber angesichts der jeweils erheblichen Tatbeiträge Mittäter einer Unterschlagung, wobei bei T Drittzueignung und bei D Selbstzueignung vorliegt. Dem T war der Wagen zudem anvertraut, so dass er sich gemäß §§ 246 Abs. 1 und 2, 25 Abs. 2, 28 Abs. 2 strafbar macht695; D macht sich nach §§ 246 Abs. 1, 25 Abs. 2 strafbar.

262ee) Umstritten ist der Tatbestand in Fällen der wiederholten Zueignung der Sache, d. h. in Konstellationen, in denen der Täter die Sache schon zuvor durch eine Eigentums- oder Vermögensstraftat (z. B. §§ 242, 246, 249, 253, 255, 263) erlangt hat.

Bsp.: T hat den Besitz an einer wertvollen Bibel aus dem 17. Jahrhundert durch Betrug nach § 263 gegenüber O erlangt. Nunmehr veräußert er diese an den gutgläubigen D, wobei ihn der Gehilfe G unterstützt. – Der Verkauf an D begründet zunächst keinen weiteren Betrug, wenngleich T über die Eigentümerposition täuscht; aufgrund des gutgläubigen Erwerbs nach §§ 929 Satz 1, 932 BGB erleidet D aber richtigerweise keinen Schaden696. Im Weiterverkauf an D ist die Zueignung der fremden Sache des O zu sehen. Allerdings hat sich T die Sache schon im Wege des Betruges zugeeignet. Für die Strafbarkeit des G ist entscheidend, ob überhaupt eine Haupttat des T vorliegt.

263Zu beachten ist zunächst, dass in solchen Fällen die Subsidiaritätsklausel nicht einschlägig ist, weil diese – wie der Wortlaut „die Tat“ zeigt – nur Fälle zeitgleicher Zueignung regelt697.

264(1) Nach Rechtsprechung und Teilen der Literatur soll eine erneute Zueignung der Sache schon nicht tatbestandsmäßig sein, wenn der Täter sich bereits strafbaren Eigenbesitz an der Sache verschafft hat698. Dafür wird der Wortsinn der Zueignung angeführt, der von einer Herstellung der Herrschaftsmacht über die Sache ausgeht, nicht dagegen von einer bloßen Ausnutzung einer einmal begründeten Herrschaftsposition. Auch würden ansonsten die Verjährungsregelungen ausgehebelt, da jede erneute Betätigung des Zueignungswillens zu einem neuen Delikt nach § 246 und daher zum Lauf einer neuen Frist führen würde. Die h. L. bejaht den Tatbestand, nimmt aber hinsichtlich der erneuten Zueignung auf Konkurrenzebene eine mitbestrafte Nachtat an699. Sie möchte vor allem Strafbarkeitslücken bei Teilnehmern, die – wie im vorgenannten Beispiel – an der Zweitzueignung beteiligt sind, verhindern. Allerdings muss man sehen, dass diese Lücken durch §§ 257, 259 in weiten Teilen geschlossen werden können. Daneben wird als Begründung angeführt, dass auch eine bereits entzogene Sache gegen weitere Verletzungshandlungen geschützt werden müsse. Dafür spricht, dass es im Beispielsfall keinen Unterschied macht, ob der Täter sich die Sache erneut durch Verkauf an den Dritten selbst zueignet oder ein Dritter die Sache nunmehr unterschlägt. Auch ist zu beachten, dass § 246 als weiter Auffangtatbestand konstruiert ist und selbst dann einschlägig ist, wenn die andere Straftat mit der Zueignung zeitlich zusammenfällt; in diesem Fall tritt § 246 „nur“ im Wege der Subsidiaritätsklausel zurück700. Im vorgenannten Beispiel ist nach der Gegenposition schon der Tatbestand des § 246 Abs. 1 zu verneinen; eine Beihilfe des G scheidet demnach aus; allerdings kommt eine Strafbarkeit nach § 257 wegen Begünstigung in Betracht. Nach der vorzugswürdigen Lösung ist der Tatbestand des § 246 Abs. 1 verwirklicht, tritt allerdings hinter § 263 zurück; G macht sich nach §§ 246 Abs. 1, 27 strafbar701.

265(2) Bestätigt wird diese Lösung, wenn man auf Fälle blickt, in denen sich der Täter die Sache zunächst zueignet, ohne sich dabei strafbar zu machen. Denn hier ist die Gegenansicht zu Ausnahmen gezwungen, um Strafbarkeitslücken zu vermeiden.

Bsp.: T findet in seiner Hecke ein altes Fahrrad. Er geht davon aus, dass das Eigentum daran im Wege der Dereliktion aufgegeben wurde (§ 959 BGB) und stellt es in seinen Schuppen. Am nächsten Tag sieht er, dass O verzweifelt sein Fahrrad sucht. Anstatt es zurückzugeben, veräußert er dieses an D. – T erfüllt bei der erstmaligen Zueignung zwar den objektiven Tatbestand, hat aber keinen Vorsatz hinsichtlich der Fremdheit der Sache, so dass § 246 ausscheidet. Erst durch die Veräußerung verwirklicht er § 246; zu diesem Ergebnis gelangt auch ausnahmsweise die Gegenansicht, da die Erstzueignung nicht strafbar war.

266Entsprechendes gilt (erst recht) für Fälle, in denen der Täter bei der Erstzueignung im Rausch eine Straftat nach § 323a i. V. m. § 242 begeht, wegen des Zueignungsdelikts aufgrund von Schuldunfähigkeit nach § 20 aber nicht bestraft werden kann. Er kann dann richtigerweise nach § 246 bestraft werden, wenn er sich die Sache im nüchternen Zustand nochmals zueignet702.

267(3) Die Konkurrenzlösung ist auch überzeugender, wenn zunächst eine straflose Selbstzueignung vorliegt, der eine Drittzueignung nachfolgt, da insoweit eine abweichende Beurteilung der Aneignungskomponente geboten ist703. Dies ist etwa der Fall, wenn T im oben (2) genannten Beispiel dem D auf dessen Bitte den Zugriff auf das Fahrrad ermöglicht.

268c) Die Zueignung muss ferner objektiv rechtswidrig sein, andernfalls liegt bereits der Tatbestand nicht vor. Dies ist vor allem dann nicht der Fall, wenn der Täter einen einredefreien und fälligen Anspruch auf die Sache besitzt oder der Eigentümer in die Zueignung einwilligt. Letzteres ist beispielsweise der Fall, wenn eine zur Sicherheit übereignete Sache im eigenen Namen veräußert wird, der Sicherungsnehmer jedoch in die Verfügung eingewilligt hat704. Behält der Verbraucher von einem Unternehmer unaufgefordert zugesandte Ware, so ist die Zueignung – um Wertungswidersprüche mit der zivilrechtlichen Rechtslage zu vermeiden – wegen § 241a BGB nicht rechtswidrig705.

Strafrecht - Besonderer Teil II

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