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Die Zwischenkriegszeit: Föderationspläne gegen Hegemonialstreben
ОглавлениеDas Paneuropa-Konzept Coudenhove-Kalergis
Wohl am publikumswirksamsten bekannte sich in den 20er Jahren Richard Nikolaus Graf Coudenhove-Kalergi zum Gedanken einer europäischen Föderation. Mit seiner 1923 gegründeten „Paneuropa-Union“ schuf er eine Organisation, der bald tausende von Parlamentariern und andere einflussreiche Persönlichkeiten angehörten. Sie unterstützten das 1924 im „Paneuropäischen Manifest“ Coudenhove-Kalergis festgeschriebene Ziel, sämtliche demokratischen Staaten Kontinentaleuropas zu einem politischen und wirtschaftlichen Zweckverband zusammenzuschließen, der als gleichberechtigte Weltmacht mit Amerika, dem britischen Weltreich, Russland und Ostasien keine fremde Einmischung hinzunehmen brauchte. Ihren wohl größten Erfolg erzielte die „Paneuropa-Union“ im Oktober 1926, als sich über 2000 Repräsentanten der europäischen Politik und des öffentlichen Lebens in Wien anlässlich des ersten „Paneuropa-Kongresses“ versammelten. Aber so imposant die Teilnehmerkulisse auch gewesen sein mochte, ahnten Skeptiker bereits damals, dass die Größe der Bewegung letztendlich auch ihre Schwäche darstellte: Nur die Unverbindlichkeit des paneuropäischen Programms erlaubte es der politischen Prominenz aus den verschiedenen europäischen Nationalstaaten (zum Beispiel Louis Loucheur, Léon Blum und Aristide Briand für Frankreich; Paul Loebe, Erich Koch-Weser und Joseph Koeth für das Deutsche Reich), sich in der „Paneuropa-Union“ zu engagieren; klare Vorgaben, wie die Ziele Coudenhove-Kalergis letztlich in konkrete Politik umgesetzt werden sollten, gab es hingegen keine. Das musste auch Aristide Briand erkennen, als er im September 1929 vor dem Völkerbund in Genf seinen Plan zur Schaffung einer Föderation der europäischen Staaten vorstellte. Zu offensichtlich hatte hier die Furcht der französischen Regierung vor einem erneuten Erstarken Deutschlands die Feder geführt, als dass er für Berlin akzeptabel gewesen wäre. Ein ähnlich klägliches Schicksal war der deutsch-österreichischen Initiative zur Schaffung einer gemeinsamen Zollunion Anfang der 30er Jahre beschieden, obwohl Außenminister von Bülow ausdrücklich versuchte, ihr „ein paneuropäisches Mäntelchen umzuhängen“, um sie so den Mitgliedern des Völkerbundes schmackhaft zu machen.