Читать книгу Der Pflanzenretter - Jürgen Feder - Страница 16
ОглавлениеDas Kleine Habichtskraut wird auch Mausohr- oder Langhaariges Habichtskraut genannt.
HAUSRASEN-HOCKER
AUSDAUERNDES GÄNSEBLÜMCHEN, KLEINES HABICHSKRAUT UND FELD-HAINSIMSE
Raus in die Natur
Die Überleitung zu unserem Hausrasen fällt ganz leicht, meist finden wir ihn ja direkt neben Hecken, an Wegen und Pflasterplätzen hin zur Straße. Denn auch sie besitzen eine nicht zu unterschätzende Funktion als Rückzugsraum für allerlei Pflanzen. Rasenflächen, ob gedüngt oder nährstoffarm, ob sandig oder lehmig, ob besonnt oder stark beschattet – sie decken ab, hemmen die Erosion, sind dauerhaft im Jahresverlauf grün (wenn es gut läuft), leuchten also sommers wie winters und sind obendrauf strapazierfähig. Rasenflächen sind also unsere dichten Teppiche unter freiem Himmel, die grünen Matten anthropogenen (durch Menschen beeinflussten) Ursprungs. Oft sind sie artenreich, allerlei Moose bezeugen das schon von weitem – wenn ich da doch nur überall hinkäme ... In Parks ist das der Fall, auf Friedhöfen, Schulhöfen und Sportplätzen, dort, wo Heißluftballons, Flugzeuge und Hubschrauber landen und starten, an Rodelbergen und auf Spielplätzen, selbst auf Kasernen- und Kraftwerksgelände, um Plattenbauten und sonstigen Geschoßwohnungskomplexen. In Berlin, Hamburg, Köln oder München, fast in jeder Kleinstadt und sogar im Dorf sind Rasenflächen oft die letzten (ungedüngten) Rückzugsorte für allerlei Grünzeug mit ihrem dazu passenden Getier im Schlepptau.
Nur wie gelingt es uns, dass sich ein solch wilder Rasen breitmachen kann? Ganz einfach: nichts tun oder viel weniger tun, viel später abmähen, Moose tolerieren. Bloß nicht vertikutieren oder gar düngen oder neu ansäen. Im Gegenteil: Seien Sie doch endlich mal faul, hier dürfen Sie das, warten Sie gespannt darauf, was sich da ohne große Eingriffe zum Blühen aufmacht.
Unvergessen ist für mich da ein Erlebnis von vor fast 30 Jahren. An einem alten Gartengrundstück am Bremer Stadtrand wurde ich im April am Fuß einer alten Buche weniger Schwarzer Teufelskrallen gewahr. Am Rand eines moosreichen Scherrasens, von seinem Besitzer immer achtlos und viel zu früh abgemäht. Ich klingelte, erläuterte den Sachverhalt ... Und heute? Über tausend in tollstem Dunkelviolett blühende Teufelskrallen erfreuen alle alljährlich von nah und fern. Sie sind auch noch von einer breiteren Straße aus einsehbar. Fast jedes Jahr mache ich dort ein paar Fotos – es gibt inzwischen vor lauter Moos fast kein Gras mehr. Und der Besitzer nickt mir nur noch freundlich-lässig von seiner Terrasse herüber zu.
Nicht dass Sie mich jetzt falsch verstehen, das Mähen ist schon wichtig und Grundvoraussetzung für unsere »Rasenpflanzen«! Sie sind darauf erpicht, geschnitten zu werden, um danach kräftig zu den Seiten auszuschlagen, sich auszubreiten, Lücken zu schließen, richtig dicht zu machen. Das ist ihre Welt, darauf warten sie, können gar nicht anders. Aber fast überall holt man viel zu früh den Rasenmäher heraus, selbst auf Friedhöfen wird schon Ende März das erste Mal alles runtergeputzt. Ärgerlich ist das, wo doch alle Welt aufs erste zarte Grün, auf erste Blümchen wartet, auf die ersten Bienen. Also: Mähen Sie möglichst erstmals im Mai. Und nach weiteren zwei-, dreimal haben Sie bereits mehr oder weniger das Jahr geschafft. So sind Sie auch entspannt und nicht gehetzt, können sich sogar aufs Rasenmähen freuen, sind nicht genervt, weil Sie schon wieder Ihren Feierabend opfern müssen oder Ihren »geheiligten« Samstag.
Und was dann alles aus dem Rasen sprießt! Kaum zu glauben! Pilze, Moose, die vielfältigsten Pflanzen. Alle kommen zu Ihnen in den Garten, Sie müssen gar nicht so weit fahren, um Diversität, also Vielfalt, zu erleben. Kleine und große Freuden werden Ihnen geschenkt. Die kleinen liegen häufig im Verborgenen, die erkennen Sie erst auf den zweiten Blick. Und gießen Sie Ihren Rasen nicht zu oft. Je weniger er Wasser bekommt, umso mehr müssen sich die Wurzeln der einzelnen Gräser und Pflanzen anstrengen und in die Tiefe wachsen. Das haben sie nicht nötig, wenn ihnen alles auf dem Silbertablett serviert wird. Und überhaupt: Denken Sie bei Rasenflächen an ihre luftbefeuchtende Wirkung, an ihre Wasserhaltekraft, an den Lebensraum für Regenwürmer und an den – ja, ja, ganz richtig – für Maulwürfe. Auch das Vorkommen der Regenwürmer ist stark rückläufig. Sie gehören mit zur Biodiversitätskrise und leiden unter stark verdichteten Böden. Dabei sind diese Würmer die perfekten Umgraber. Mit ihren unterirdischen Gängen sorgen diese für eine gute Bodenbelüftung. Außerdem verwerten die blinden Gartenhelfer auch organisches Material im Boden und verdauen es zu kostbarem Dünger. Eine hohe Anzahl Regenwürmer im Gartenboden sorgt deshalb für eine bessere Bodenqualität.
Und Maulwürfe sind ebenso nützlich, sie vertilgen Unmassen von Schädlingen und lockern ebenfalls den Boden auf. Wo sie sind, ist der Boden gesund. Das ist ein gutes Zeichen. Sehen Sie Maulwürfe deshalb bitte nicht mehr als Plage an.
Sie können auf Ihrem Rasen auch Obstbäume wachsen lassen, mit einigen extensiv gepflegten Inseln aus Hochstauden, Rosen oder früh im Jahr blühenden Zwiebelpflanzen: Elfen-Krokusse, Gelbstern-Arten, Winterlinge, Wilde Tulpe oder auch ein paar Lauch-Arten seien Ihnen hier empfohlen. Damit hätten Sie in Ihrem eigenen Grün schon etwas für die Artenvielfalt und damit für uns alle getan.