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Die »Arche Jürgen«
ОглавлениеIn der Bibel, im Alten Testament, wird Noah von Gott vor einer großen Flut gewarnt. Er erhält den Auftrag, eine Arche zu bauen, um sich und seine Familie zu retten und je ein Paar von den Landtieren. Die Pflanzen wurden dabei aber völlig vergessen – und das möchte ich hier nachholen: Unbedingt sollte es deshalb eine »Arche Jürgen« geben, um bedrohte Pflanzen vor dem Aussterben zu retten. Doch des Weiteren sollte es überall solche Archen geben, in Spanien, in der Ukraine, in Japan, Venezuela, in Australien und auf der Insel Mosambik – viele solcher und sicher auch verschiedener Archen sind zur »Weltrettung« notwendig. Doch für diese länderspezifischen Archen kann ich nicht sprechen, nur für die »Arche Jürgen«.
Aber was für Arten würden wir wirklich mitnehmen? Klar, am liebsten würde ich alle berücksichtigen, alle irgendwie vor dem Auslöschen retten. Bei 5 000 bis 7 000 wild wachsenden Pflanzenarten alleine hier in Deutschland ist das jedoch ein unmögliches Unterfangen. Es heißt also, sich zu begrenzen, repräsentativ vorzugehen, es heißt darüber hinaus, trotzdem möglichst alle Standorte zu berücksichtigen.
Wichtig ist zudem, ein- und abzuschätzen, welchen Nutzen die Gewächse für die Zukunft haben, Mensch und Tier sind dabei im Auge zu behalten. Und letztlich sollten wir uns mit schönen Pflanzen Hoffnung geben. Und ganz sicher würde ich noch Folgendes beherzigen: Wüsste ich, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen! Martin Luther soll das gesagt haben, weil er die Bäume so liebte, aber Historiker haben nachgewiesen, dass das eine Legende ist. Luther ging von keinem Weltuntergang aus, der war anders gestrickt. Aber die »Arche Jürgen« – es lohnt sich, dieses Gedankenexperiment mitzumachen. Auch Sie bekommen dann vielleicht ein anderes Bewusstsein, ein anderes Gefühl zu Ihren Pflanzen im Garten, auf dem Balkon, der Terrasse, beim Spaziergang über Wiesen und durch Wälder oder im Urlaub.
Wir wissen um das ungebremste Sterben der Amphibien, das Sterben der Bienen, das Sterben der Libellen, das Sterben der Schmetterlinge. Denn es gibt kaum noch Nahrung für unsere heimische Tierwelt. Pflanzen brauchen zur Fortpflanzung und Vermehrung, zum Überleben Bestäuber. Aber wenn es kaum noch Insekten gibt, die bestäuben, dann beginnt das Problem ernst zu werden. Die einst fantastische Pflanzenartenvielfalt der Äcker und Wiesen steht kurz vor dem Kollaps, weil die Erweiterung der landwirtschaftlichen Nutzflächen mit immer größeren Maschinen, die immer größere Straßen voraussetzen, keine Rückzugsorte für Vögel und Insekten mehr lassen. Dieser Prozess hat sich unaufhaltsam beschleunigt. Dabei wissen wir von vielen Arten noch längst nicht, was sie uns heute oder in Zukunft für tolle Dienste leisten – hätten leisten können. Der natürliche Kreislauf ist uns weitgehend noch ein Rätsel, erst heute werden nach und nach die Geheimnisse der Natur gelüftet, die etwa die Kommunikation der Pflanzen betreffen, ihre sensationellen Strategien, sich selbst zu heilen.
Wir können Raketen bauen, die mal zum Mars fliegen sollen oder sonst wo hin, aber wir sind bislang nicht fähig, das Zusammenspiel unserer heimischen Arten in Flora und Fauna zu verstehen. Industrie und Politik hatten dafür auch kaum bis noch nie wirklich Geld gegeben, das muss man mal so deutlich sagen. Die Interessen lagen eben immer ganz woanders. Und so sind die negativen Folgen nun unweigerlich da.
Angesichts dieser blühenden Wiese mit viel Wiesen-Storchschnabel geht einem das Herz auf.