Читать книгу Weltenreise - Julia Beylouny - Страница 19
Kapitel 15
ОглавлениеTom
Samuel saß auf dem weißen Sofa und schaute betreten zu Boden. Amy kam mit gesenktem Kopf hinter der Tür hervor. Sie fürchtete offenbar die Konsequenzen, die das alles für sie und ihre Hochzeit haben könnte. Doch Toms Ärger fokussierte sich ausschließlich auf seinen Sohn. Während Amy neben ihrem Bruder Platz nahm, bemerkte er, wie Samuel seine Hand auf die sicher noch warme Stelle des Polsters legte, auf der das Mädchen zuvor gesessen hatte. Tom rang um Beherrschung.
„Ich habe Kriemhild eingeladen, um zu prüfen, wie viel sie bereits weiß!“, donnerte er und hätte dem Jungen am liebsten jedes Haar einzeln gekrümmt. „Und ich habe bemerkt, dass sie gar nichts weiß! Bis du Amy erwähnt hast. Das wird ihr sicher zu denken geben. Hoffen wir, dass sie dich für verrückt erklärt.“
Samuel schaute auf, um sich zu verteidigen.
„Das alles wäre nie passiert, Dad! Wie wär’s, wenn du deiner Tochter Amy sagen würdest, dass sie sich in Zukunft aus meinen Gedanken halten soll! Ständig schwatzt sie mir rein! Das ist unerträglich! Da ist es nur verständlich, wenn ich die Gesellschaft von Menschen vorziehe; die sind wenigstens nur dann laut, wenn sie ihre Lippen bewegen.“
Tom hob eine Braue und wurde hellhörig.
„Du hast Recht, Sam. Wir alle sollten wieder lernen, uns an die Gesetze zu halten. Mir ist aufgefallen, dass wir darin immer nachlässiger werden. Das darf einfach nicht passieren.“
„So? Dann bin ich jetzt also die Schuldige?“ Amy verschränkte wütend die Arme vor der Brust. „Als wenn ich die Einzige in diesem Haus wäre, die in den Köpfen der anderen steckt.“
Tom seufzte. „Das bist du nicht, Schatz. Ich sagte, wir alle. Aber da du bald zurückkehrst, solltest du als Erste damit anfangen, dir unsere Gesetze wieder zu verinnerlichen.“ „Darf ich dann gehen? Diese Sache hat schließlich Sam vermasselt.“ „Ja, lass uns bitte allein“, bat er. Sie stand murrend auf und verschwand über die Steintreppe.
„Und nun zu dir, Samuel.“ Tom nahm das Glas Wasser mit, als er sich zu ihm setzte. „Bisher ist alles gut verlaufen. Wir sind hier, wir leben unauffällig, integriert, du hast den Platz an der Harvard sicher, dein Praktikum verläuft besser, als Lynn und ich uns erhofft hatten. Was ist nur los mit dir? Ich dachte, die Pubertät hätten wir seit fünfzehn Jahren hinter uns?“
„Witzig, Dad. Wirklich. Wenn ich Zeit habe, werde ich drüber lachen.”
„Im Ernst. Muss ich mir Sorgen machen? Das mit diesem Mädchen hat keine Zukunft. Siehst du nicht, wo das Problem liegt? Du in Harvard, sie in Deutschland. Wie soll das gehen? Mal angenommen, du kannst vor ihr verbergen, was du wirklich bist. Willst du ihr all die Jahre etwas vormachen, um sie dann zu verlassen? Still und heimlich?“ Er legte seine Hand auf Sams Knie. „Ich kann sehr gut nachempfinden, was da passiert ist. Dieses Mädchen ist außergewöhnlich. Nicht nur ihr Äußeres. Sie scheint extrem empfänglich für mentale Dinge zu sein. So einen feinfühligen Menschen habe ich bisher nicht kennengelernt. Aber, Samuel, sie ist keine von uns. In unserem Volk gibt es unzählige hübsche Mädchen, die sich glücklich schätzen würden, dich eines Tages als Mann an ihrer Seite zu haben. Ich ermahne dich, keine Bindung mit ihr einzugehen, hast du das begriffen?“
Tom wusste, dass sein Sohn ihn stets als guten Berater geschätzt hatte. Doch in den vergangenen Monaten hatte Samuel sich immer weiter von ihm entfernt. Was jedoch die aktuelle Angelegenheit betraf, würde Tom ganz sicher nicht nachgeben. Dazu war die Sache einfach viel zu brisant.
„Es ist alles gut, Dad. Keine Sorge.“ Sams Stimme klang besänftigend. „Ich hab das im Griff. Gib mir einen Tag und ich habe sie vergessen. Bitte, halte den Marianen da raus, ja? Er liegt mir sehr am Herzen. Ich will ihn nicht enttäuschen. Vor allem will ich Amys Hochzeit nicht unnötig gefährden.“
Tom klopfte Samuel auf die Schulter. Für den Moment musste er darauf vertrauen, dass er die Wahrheit gesagt hatte. „So kenne ich meinen Sohn. Jetzt ist er wieder der Alte.“
Er leerte sein Glas, stellte es ab und schaute auf die Uhr.
„Ich muss los, Sam. Wir sehen uns heute Abend.“