Читать книгу ZUGVOGEL - K. Uiberall-James - Страница 29

Оглавление

Novemberblues

Die Tage fließen unerbittlich und zäh wie erkaltende Lava dahin. Amadous hoffnungsvoller Blick aus dem Fenster demonstriert ihm jeden Tag aufs Neue die grausame Realität aller denkbaren Wettertiefs, die bei ihm zwangsläufig zu einem satten Stimmungstief führen. Er nimmt vom Regen triefende Dächer wahr, watteähnlichen, schmutzig weißen Nebel, der alles einhüllt und die Dächer verschwinden lässt; er beobachtet, wie der Wind schneeschwangere, schiefergraue Wolken vor sich hertreibt, oder er sieht pechschwarze Wolkengebirge an einem schwefelgelben Himmel brodeln. Kein Kind ist bei solch einem Wetter auf dem Spielplatz anzutreffen.

In der kleinen afrikanischen Enklave hat sich inzwischen unter den Neuankömmlingen eine gewisse Routine breitgemacht. Ibrahim geht mit Malik und Toucou arbeiten, Sekou hat einen Aushilfsjob in einem italienischen Restaurant gleich um die Ecke angetreten und Amadou ist wieder gesund, und da er nicht arbeitet, kümmert er sich um alle Arbeiten in der Wohnung, auch wenn einer von ihnen zuhause ist wegen des unterschiedlichen Schichtdienstes. Er räumt auf, geht einkaufen, kocht und wäscht, hört Musik oder übt Deutsch mit Hilfe von Maliks Kassetten. Wenn es nichts mehr zu tun gibt, schaut er mit Augen, in denen sich die Wolken spiegeln, aus dem Fenster.

Wieder gibt er, wie schon so oft, seiner Sehnsucht nach, nimmt das schnurlose Telefon aus der Ladestation und beginnt zu wählen. Kleine Schweißperlen bilden sich auf seiner Stirn, dann unterbricht er abrupt den Wählvorgang und macht vor dem Fenster mit leeren Augen halt. ‚Ich muss damit aufhören’, ermahnt er sich verzweifelt, ‚zu Hause ist alles in Ordnung; ich muss nicht jeden Tag anrufen.’

ZUGVOGEL

Подняться наверх