Читать книгу Die Blume des kleinen Prinzen - Karel Szesny - Страница 15

13. Ein gemeines Diebsgesindel

Оглавление

Es kam eine Zeit, in der merkwürdige Dinge passierten.

Als Elisa einmal über ihren Hausaufgaben saß, sah sie durch das Fenster, wie Aristoteles quer durch das Vorgärtchen gelaufen kam, um seine Milch zu trinken. Doch dann hörte sie vor der Haustür ein jämmerliches Maunzen. Sie ging hinaus und sah verwundert, dass das Schälchen leer war, obwohl sie es vor kurzem erst gefüllt hatte. So schnell konnte es Aristoteles gar nicht ausgeschleckt haben. Außerdem strich er miauend um ihre Beine; ein sicheres Zeichen dafür, dass er durstig war.

Wer mochte die Milch getrunken haben? Schlich hier etwa noch eine andere Katze herum? Elisa füllte das Schälchen also wieder auf.

Das Ganze wäre nicht so fragwürdig gewesen, wenn es sich nicht an den Folgetagen wiederholt hätte. Irgendwer stahl immer wieder die Milch. Das war ärgerlich. Elisa nahm sich vor, dem Rätsel auf den Grund zu gehen. Sie stellte das gefüllte Schälchen auf die Vortreppe und setzte sich in der Diele auf einen Hocker, sodass sie es durch die Türscheibe im Blick hatte. Griffbereit stellte sie den Teppichklopfer neben sich an die Wand. Um sich die Zeit zu vertreiben, wollte sie weiter an dem Schal stricken. Es dauerte gar nicht lange bis sie bemerkte, wie sich draußen etwas regte. Gespannt hielt sie den Atem an. Durch das geriffelte Scheibenglas konnte sie das Geschehen nur verschwommen wahrnehmen.

Aristoteles war das jedenfalls nicht. Elisa erkannte, dass es sich um zwei Wesen handelte, die sich dem Milchschälchen näherten. Das eine schien etwas größer als der Kater zu sein, das andere war viel kleiner. Beide hatten ein rötliches Fell. Kein Laut war zu hören. Elisas Herz begann vor Aufregung spürbar zu klopfen. Ganz behutsam, um nur kein Geräusch zu machen, legte sie das Strickzeug nieder, griff nach dem Teppichklopfer und schlich auf die Tür zu. Dabei hielt sie sich dicht bei der Wand, weil die Dielen dort nicht so knarrten. Schritt für Schritt bewegte sie sich vorwärts. Schon hatte sie die Hand an der Klinke, um sie blitzschnell zu öffnen und…

„Elisa!“, rief die Großmutter plötzlich hinter ihr, während sich die laut quietschende Küchentür öffnete. „Sag mal, hast du meine Wärmflasche irgendwo hingetan? Mir tut der Rücken so weh.“

„Ach, Oma“, seufzte Elisa und richtete sich resigniert auf. „Die Wärmflasche hängt doch immer am Wandhaken neben dem Küchenfenster.“

„Da ist sie aber nicht“, behauptete die Großmutter.

„Ich komme gleich“, versprach Elisa.

Als sie die Haustür öffnete, stand das Schälchen unberührt an seinem Platz. Die Milchdiebe waren natürlich entwischt. Elisa schaute rasch unter der Treppe, hinter der Hausecke und sogar im Fliederbusch nach, ob sie sich eventuell dort versteckt hatten, aber es war nichts zu entdecken.

Enttäuscht kehrte sie ins Haus zurück, um die Wärmflasche zu suchen. Zuerst dachte sie ja, die Großmutter hätte bloß wieder vergessen, wohin sie sie gelegt hatte. Doch obwohl sie sämtliche Räume durchkramte, war und blieb die Flasche verschwunden.

Elisas Gedanken kreisten ständig um die gestohlene Milch. Eines stand fest: Die Diebe waren außerordentlich vorsichtig und schlau. Und Elisa hatte einen Verdacht. Dieser Verdacht verstärkte sich, als sie am Abend einen Stapel Zeitungen zum Papiermüllbehälter bringen wollte. Zufällig fiel ihr Blick auf die Überschrift eines Artikels.

Warnung vor tollwütigem Fuchs!“

Dort war zu lesen:

Ein sprachloser Schreck durchfuhr eine junge, blonde Mutter (28) mit Lockenwicklern auf dem Kopf, als sie einen Fuchs sah, der in den Kinderwagen ihres Babys (Franziska-Charlotte, 4 Monate) zu klettern versuchte, welchen sie zum Schlafen auf ihre Gartenterrasse gerollt hatte. Sie bekämpfte den unverschämten Vierbeiner mit rötlich-braunem Fell anhand eines Blumentopfes, wobei es sich um dunkelrote Geranien handelte, durch einen gezielten Wurf derselben. Besagter Pflanzenbehälter nebst einem getroffenen Gartenzwerg sowie die Doppelscheibe der 85 mal 193 Zentimeter großen Terrassentür gingen hierbei auf tragische Weise zu Bruch. Der Sachschaden beträgt circa 167 Euro. Der am selbigen Abend heimkehrende Ehemann der Frau erlitt daraufhin einen Schock. Der Kinderwagen sowie das Baby überstanden dies unbeschädigt.“

Und weiter stand da geschrieben, dass dieser Fuchs bereits bei weiteren Versuchen beobachtet worden war, sich Kleinkindern zu nähern. Alle Mütter wurden aufgerufen, diese keinen Moment unbeaufsichtigt zu lassen. Hunde, Katzen und sonstige Haustiere sollten nicht frei umherlaufen, da der „dringende Verdacht auf Tollwut“ bestehe. Der Fuchs sei vornehmlich in der Nähe des Friedhofes gesichtet worden. Ein besonderes Erkennungsmerkmal dieses „zweifellos tollwütigen Tieres“ sei ein Loch von der Größe einer Zwanzig-Cent-Münze in seinem linken Ohr. Die zuständigen Behörden seien bereits informiert.

Elisa entschloss sich, ihren Unmut wegen des „Pipi-Mädchens“ zu überwinden und mit dem Professor über die Angelegenheit zu reden. Also strickte sie erst einmal den Schal zu Ende und packte ihn in ein hübsches Geschenkpapier ein.

Die Blume des kleinen Prinzen

Подняться наверх