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16. Ungebremste Rücksichtslosigkeit

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„Meine Großmutter war in letzter Zeit furchtbar vergesslich geworden“, vertraute mir Elisa an. „Sie konnte den versprochenen Kuchen gar nicht backen. Sie hatte schon wieder vergessen, dass es die Kirschbäume nicht mehr gab. Den großen, alten Nussbaum gab es auch nicht mehr und die Tulpenbeete und die Himbeersträucher. Denn genau dort, wo einmal der Garten war, verlief jetzt die Autobahn. Aber ich mochte sie nicht ständig daran erinnern. Es hätte sie zu sehr geschmerzt. Und jemandem, den man lieb hat, will man doch nicht wehtun.“

„Das kann ich gut verstehen“, sagte ich. Elisa fuhr fort: „Die Autobahn hätte ja auch einfach einen Bogen um den Garten machen können. Dann hätten die Autos in dieser Kurve eben ein bisschen langsamer fahren müssen. Aber die Bauleute meinten, dass eine gerade Autobahn viel wichtiger wäre als die Kirschbäume, die Erdbeerpflanzen und die Rosenstöcke, und wichtiger als die kleine Laube mit der weißen Bank unter den Weinranken, wo Oma und Opa immer so gern beieinandergesessen haben.“

Es war still um uns her. Nur die reifen Halme des Kornfeldes flüsterten im sanften Windhauch miteinander, und das Werkzeug, mit dem ich hantierte, klapperte leise. Auf einmal war aus der Ferne etwas zu vernehmen, das meine schweifenden Gedanken in die Wirklichkeit zurückholte.

„Hörst du das auch?“, fragte ich und legte den ausgebauten Vergaser aus den Händen. Wir lauschten. Ein Motorengeräusch! Es kam rasch näher. Da tauchte auch schon ein großer Geländewagen über dem Hügel auf.

„Na endlich!“, rief ich. „Der kann mir bestimmt helfen.“

Schnell griff ich das Abschleppseil aus dem Kofferraum und stellte mich auf die Straße. Der Wagen brauste mit hoher Geschwindigkeit heran. Ich konnte den Fahrer durch die staubbedeckte Windschutzscheibe sehen. Hoffnungsvoll reckte ich den Arm empor und schwenkte das Seil. Doch der Mann am Steuer schien einfach über mich hinwegzublicken. Nur noch wenige Meter trennten mich von ihm. Wollte er nicht endlich abbremsen? Schlief er etwa?! Ich erstarrte. Der klobige Kühler des Geländewagens kam auf mich zu! Jetzt schreckte der Fahrer auf wie jemand, der tief in Gedanken versunken war.

Ich sprang zur Seite. Im selben Moment riss er das Steuer herum. Der Wagen schleuderte bis über den Straßenrand hinweg, wo er eine Staubwolke aufwirbelte. Fast wären mir die breiten Geländereifen über den Fuß gerollt. Der Mann schien nur mit Mühe die Gewalt über das Fahrzeug wiederzugewinnen. Ohne die Bremsen betätigt zu haben, gab er Gas und raste auf der Straßenmitte davon. Mit aufsteigender Empörung starrte ich ihm nach.

„Hat man so was schon gesehen!“, schimpfte ich, während die Staubwolke über mich hinwegwehte. „Der hätte mich beinah mit Vollgas über den Haufen gefahren!“

Elisa war erschrocken von ihrem Baumstumpf aufgesprungen. Es dauerte eine Weile, bis wir uns beruhigt hatten und sie mit ihrer Erzählung fortfahren konnte.

Die Blume des kleinen Prinzen

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