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4. Die Klugheit der Lehrer

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„Ob ein Schaf einer dornigen Rose gefährlich werden könnte?“, vergewisserte sich anderntags die Klassenlehrerin mit gerunzelter Stirn, da sie offenbar bezweifelte, Elisa richtig verstanden zu haben. „Wie kommst du denn ausgerechnet auf eine dermaßen abwegige Überlegung?“

Elisa begann es ihr zu erklären.

„Ach so, ja“, fuhr die Lehrerin ihr ins Wort, „ich erinnere mich, der kleine Prinz. Eine nette Geschichte.“

Plötzlich stampfte sie mit dem Fuß auf.

„Ruhe!“, rief sie in die Klasse, weil die Schüler bereits gelangweilt herumraschelten. Sie räusperte sich und meinte: „Das passt jetzt aber wirklich nicht zu unserem Thema über die Seefahrer des Frühmittelalters, die ja vor ganz anderen Herausforderungen standen. Ich denke, das ist doch wohl eher eine literarische Problematik.“

Es dauerte zwei Stunden, bis Elisa Gelegenheit fand, dem Fachlehrer für Literatur ihre Frage zu stellen. Der Mann dachte scharf nach, zog seine Mundwinkel herab und schüttelte den Kopf.

„Meines Wissens gibt es nirgendwo einen literarischen Beleg dafür, dass Schafe sich von dornigen Rosen ernähren, was jedoch keinesfalls heißen soll… Obwohl im übrigen… An deiner Stelle würde ich mich an jemanden wenden, der von seinem Fachgebiet her im allgemeinen etwas mit Tieren und Pflanzen… oder im Besonderen auch mit Schafen und Rosen… wenn du verstehst…“

Zum Glück war bereits in der nächsten Stunde das Fach Biologie dran.

„Rosen haben überhaupt keine Dornen!“, stellte der Biologielehrer mit energisch erhobenem Zeigefinger klar. „Von daher ist bereits deine Fragestellung gänzlich falsch. Rosen haben nämlich Stacheln. Keine Dornen! Zwischen Dornen und Stacheln besteht ein eminenter Unterschied. Ich könnte mir jedes Mal den Bart ausraufen, wenn ich in Liedern und Texten selbst der berühmtesten Dichter in Bezug auf Rosen immer wieder dem unpassenden Begriff Dornen begegne. Jawohl, den Bart ausraufen!“

Elisa blickte ziemlich erschrocken auf den plötzlich so erregten Pädagogen, der nun ein paar tief schnaufende Atemzüge benötigte, um sich wieder zu beruhigen.

„Aber um auf deine, wenn auch äußerst fehlerhaft gestellte Frage zurückzukommen, die sich problemlos richtigstellen lässt, wenn man den falschen Begriff Dornen gegen den korrekten Begriff Stacheln austauscht; zunächst einmal muss man wissen, um welche Rasse von Schaf es sich hier handelt. Wovon ernährt es sich vorzugsweise? Von Gras oder Blättern, von Kohlköpfen oder Heu? Hat es ein schmales oder eher ein breites Gebiss? Und dann muss natürlich konkretisiert werden, um was für eine Sorte Rosen es hier überhaupt geht. Sind es die kleinen buschigen oder die großen einzelnstehenden? Und vor allem: Wie lang und wie spitz sind eigentlich ihre Dornen… hach! Zum Kuckuck! Ihre Stacheln natürlich! – Du hast mich ganz durcheinandergebracht mit deiner Fragerei! Schluss damit! Wir beschäftigen uns jetzt mit dem Thema ,Die Nacktschnecke als Gartenschädling.‘“

Die Blume des kleinen Prinzen

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