Читать книгу Kapitalmarkt Compliance - Karl Richter - Страница 156
b) Verfahren bei außergewöhnlichen Umständen
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Im Falle der Befreiung gem. Art. 19 Abs. 12 Buchst. a MAR legt die Führungsperson dem Emittenten vor jeder etwaigen Handelstätigkeit während eines geschlossenen Zeitraums einen begründeten schriftlichen Antrag vor, um dessen Zustimmung zum unverzüglichen Verkauf von Anteilen dieses Emittenten während eines geschlossenen Zeitraums einzuholen, Art. 7 Abs. 2 Unterabs. 1 DelVO (EU) 2016/522. In diesem Antrag ist das geplante Geschäft zu beschreiben und erläutern, weshalb der Verkauf von Anteilen die einzige sinnvolle Möglichkeit zur Beschaffung der erforderlichen Finanzmittel ist, Art. 7 Abs. 2 Unterabs. 2 DelVO (EU) 2016/522. Auch ist gem. Art. 7 DelVO (EU) 2016/522 nachzuweisen, dass das betreffende Geschäft nicht zu einem anderen Zeitpunkt als während des geschlossenen Zeitraums ausgeführt werden kann.
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Art. 8 DelVO (EU) 2016/522 konkretisiert für diesen Fall die Pflichten des Emittenten bei der Entscheidung darüber, ob der unverzügliche Verkauf der Anteile der Führungskraft während eines geschlossenen Zeitraums gestattet werden kann. Der Emittent hat hierzu eine fallspezifizierte Bewertung des schriftlichen Antrags vorzunehmen. Die unglücklich übersetzte Regelung in Art. 8 Abs. 1 S. 2 DelVO (EU) 2016/522 ist so zu verstehen, dass der Emittent die Befreiung vom Handelsverbot nur dann erteilen darf, wenn die Umstände eines solchen Verkaufs als außergewöhnlich angesehen werden können.[148] Als außergewöhnlich werden gem. Legaldefinition in Art. 8 Abs. 2 DelVO (EU) 2016/522 Umstände angesehen, wenn sie „äußerst dringend, unvorhergesehen und zwingend sind und sie nicht von der Person, die Führungsaufgaben wahrnimmt, verursacht werden und sich deren Kontrolle entziehen.“ Der Emittent hat bei der Bewertung gem. Art. 8 Abs. 3 DelVO (EU) 2016/522 zu berücksichtigen, ob zum Zeitpunkt der Übermittlung des Antrags eine rechtlich durchsetzbare finanzielle Verpflichtung oder ein rechtlich durchsetzbarer finanzieller Anspruch vorlag. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, ob die Führungsperson Zahlungen zu leisten hat oder sich in einer Situation befindet, die auf vor Beginn des geschlossenen Zeitraums eingetretene Umstände zurückzuführen ist und die Zahlung einer Summe an Dritte, einschließlich Steuerschulden, erforderlich macht, und sie eine finanzielle Verpflichtung oder einen finanziellen Anspruch nicht auf anderer Weise als durch den unverzüglichen Verkauf von Anteilen hinreichend erfüllen kann. Indikatoren sind damit in anderen Worten eine durchsetzbare finanzielle Verpflichtung der Führungsperson bereits vor Stellung des Antrags sowie dass die Führungsperson auf die vor Beginn des Handelsverbots entstandene Umstände zurückzuführende Zahlungspflicht nicht anders als durch den unverzüglichen Verkauf von Anteilen erfüllen kann.