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Farbe

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Was Farben angeht, so ist die moderne Wahrnehmung des Alten Rom auf paradoxe Weise von Einseitigkeit bedroht: Auf der einen Seite überschätzt sie die Farbigkeit der römischen Welt, auf der anderen Seite unterschätzt sie sie. Die gravierendere Abweichung von der historischen Wirklichkeit dürfte die Unterschätzung sein.

Das betrifft vor allem die Kunst und die Architektur. Deren Welten waren ausgesprochen bunt; die Vorstellung von „reiner“, „edler“ weißer Marmorpracht ist schlicht falsch. Es betrifft aber auch die Kleidung der Menschen. Die Angehörigen der höheren Stände stellen wir uns meist in weißer Kleidung vor, die hier und da durch statusbedingte Streifen einen farbigen Akzent erhielt. Tatsächlich aber war farbige oder zumindest farbig verzierte Kleidung vor allem bei Frauen das Übliche. Man braucht eigentlich nur die „Typberatung“ des Liebeslehrers Ovid zu lesen, um eine Vorstellung von der im wahrsten Sinne bunten Vielfalt der weiblichen Kleidung zu gewinnen: „So viele Blumen die junge Erde im Frühling erzeugt (…), so viele Säfte und noch mehr trinkt die Wolle“, fasst Ovid seinen Katalog farbiger Damen-Gewänder zusammen (ars am. III 185ff.) Andere Quellen bestätigen dieses Bild. Von dem lange Zeit vermittelten Fehlurteil, dass vornehmlich Prostituierte „knallige“ Farben trugen, um auf sich aufmerksam zu machen, sollte man sich endlich frei machen. Diese besonderen Damen haben sich der farbenfrohen Damenmode wirklicher Damen durchaus bedient, um wahrgenommen zu werden. Aber sie waren nicht die Einzigen. Viel auffälliger war es, wenn sie sich nackt in der Öffentlichkeit präsentierten.

Die entgegengesetzte Wahrnehmung, die die Farbigkeit des römischen Alltags eher überschätzt, resultiert aus einem zu starken Fokus auf die Oberschicht und ihre Kleidung. Dabei gerät die große Masse der einfachen Römer – die kleinen Leute, die Freigelassenen und die Sklaven – aus dem Blick. Sie trugen gewöhnlich dunkle, derbe Tunicen; pullati, die „Dunklen“ – und nicht nur farblich Unauffälligen –, nannte man diese „graue Masse“ (Suet. Aug. 40, 5; 44, 2). Auch wenn es ihm nicht so recht passt, muss der Jüngere Plinius einräumen, dass man als Anwalt vor Gericht auch auf die vielen sordidi pullatique, „die schmutzigen Graukittel“ (Ü: H. Kasten), im Publikum Rücksicht nehmen müsse (ep. VII 17, 9). Ähnlich äußert sich der Rhetorik-Professor Quintilian über die pullata turba, die „Schar der Grauröcke“ (inst. or. VI 4, 6; vgl. II 12, 10: pullatus circulus): Man sollte vor Gericht nicht über deren Köpfe hinwegreden.

Im Folgenden seien ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige Fakten zur Farbsymbolik bei den Römern zusammengestellt:

Weiß: Reinheit, Licht, Freude, Glück, günstiges Vorzeichen

Schwarz: Nacht, Tod, Unglück, Trauer, ungünstiges Vorzeichen

Grün: Wachstum, Hoffnung

Rot: Blut, Gesundheit, Heilkraft, Leben; Feuer, Gefahr, Feindschaft

Grau: Armut, niedriger Rang, Alter

Purpur: Macht, Prestige, hoher Rang, Reichtum.

Eine wichtige Rolle spielten die Rennparteien des Circus, die nach Farben unterschieden wurden: die prasina (factio), „grüne Partei“, die veneta, „blaue Partei“, die russata, „rote Partei“ und die albata, „weiße Partei“. Die dominierenden Rennställe waren die Grünen und die Blauen. Sie fuhren mehr Siege ein und verfügten über größere Anhängerschaften. Kaiser Domitian versuchte gegen Ende des 1. Jh.s n. Chr., zusätzlich die aurati, die „Goldenen“, und die purpurei, „die Purpurnen“, einzuführen (Suet. Dom. 7, 1). Diese Neuerung setzte sich aber nicht durch.

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